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  1. #1

    "Normal" und "Krank"

    Eigentlich als Anekdote fürs Atelier, aber da kommt wenig Diskussion auf, also auch nochmal hier. Und witzig geschrieben ist es diesmal eh nicht.


    Während die depressiven Geschichten und Gedichte hier bei uns in letzter Zeit ja erfreulich abnehmen (Sommerstimmung?), fällt mir immer öfter ein andres Phänomen wie ein Hagelkorn ins Auge. Es geht um die regelrechte "Dämonisierung" des Normalen. Irgendwie ist es schon auffällig, wenn man die Geschichten der letzten Monate überfliegt, es fallen immer öfter Sätze wie "Aber Achtung, das ist ganz schön krank." in den Raum. Was folgt, ist dann meist eine Geschichte mit zweifelhaftem Inhalt, heißt auf gut Deutsch, man muss die Interpretation schon fast von einer anderen Existenzebene holen, um Sinn in die Sache zu bringen, und selbst dann besteht noch begründeter Zweifel daran, ob der Autor jenen Inhalt überhaupt geplant hat. Man fragt sich dann, was krank daran ist, Sätze und Wörter hintereinanderzukleben, die keinen Sinn ergeben. Vor allem sollte man sich auch mal in Gedanken rufen, was an einem eigentlich negativ belegten Wort wie Krank so verdammt faszinierend ist?

    Das Ganze hört hier im Atelier aber bei Weitem noch nicht auf. Ein Themenbereich, wo dieses Phänomen schon viel länger bekannt ist, ist die Musik. Kaum jemand hier im Forum würde zugeben, Pop- und Chartsmusik zu hören, viel beliebter sind da schon eher sogenannte "Independent"-Bands, also dem Wort nach unabhängige Musiker, was natürlich, nüchtern betrachtet, eine ordentlich stupide Einordnung ist. Wenn man den Bereich nicht kennt, weiß man mit "independent" auch nichts anzufangen, selbst "Volksmusik" ist eine treffendere Genrebeschreibung, wobei das Gejohle der bayrischen Dirndl-Mädchen und Ziehharmonika-Jungens schon so überhaupt nichts mehr mit irgendeinem Volk zu tun hat. Ein anderes Beispiel sind natürlich Punk- und Gothic-Bands bzw. Interpreten, die seit der Gründung der beiden Genres versuchen, sich von der Masse abzusetzen. Dass Wörter wie "Konformisten" oder "Stino" überhaupt Einzug in den Sprachgebrauch gefunden haben, ist an sich schon ein Armutszeugnis. Der Mensch versucht halt, sich von den anderen abzusetzen, und dieser Versuch kann teilweise schon Formen annehmen, die mehr lächerlich als alles andere sind. Ein gutes Beispiel ist die Band "Oomph". Die Mitglieder treten nur noch schwarz geschminkt auf, in den Videos sieht man weit aufgerissene Augen und Blut. Das Ziel ist klar, die Band will "böse" wirken, um ihre Zielgruppe von der "guten" Elternwelt abzugrenzen. Dieser Versuch allerdings ist so überzogen, dass nun schon wieder andere kommen und meinen, Oomph sein ebenfalls eine kiddie-Band, heißt also, eine Band für "Normalos", um es mal krass auszudrücken, denn etwas anderes bedeutet dieses Wort nicht. Kind, sozusagen jemand, der noch keine ernstzunehmende Meinung hat. Entsprechende Leute hören dann lieber Bands, die genau auf der Kante zwischen "bekannt" und "volllkommen egal" stehen. Eben jene Musiker, die noch nicht weit genug herumgekommen sind, um beliebt zu sein, die sich aber trotzdem schon in den "Szenen" einen Namen gemacht haben. Herr Alexander Kaschte von Samsas Traum bzw. Weena Morloch singt in einem seiner beliebtesten Goth-Disco-Lieder schließlich nicht umsonst 10mal hinternander "Ich bin wirklich krank!!". Was daraus allerdings resultiert ist die Tatsache, dass sich genügend Leute von "ihrer" Band abspalten, sobald sie bekannt wird, teilweise sogar mit einer Aussage a la "Die sind nicht mehr true und machen kommerzielle Musik".
    Als Antwort auf die langweilige Musik der alten Leute in den Zwanzigern kam der Jazz, als Antwort auf diesen der Rock, und als selbst der Rock zu "normal" wurde, erfand irgendein gewiefter Geschäftsmann schließlich Heavy Metal und Punk. Diese Liste ließe sich endlos so weiter führen, aber irgendwo ist damit rein logisch gesehen auch mal Schluss, denn viel weiter als rein elektronische Kreisch-Musik ohne Melodie geht es kaum noch. Die Antwort ist leicht: Man fängt wieder von vorne an. Um sich von dem Independent- und Punk-Einerlei abzusetzen, hört man wieder Klassik, Johny Cash und Janis Choplin (Hab ich sie richtig geschriebene?). Natürlich kann man dieses Verhalten nicht verallgemeinern, denn mehr als genug Leute hören Musik aller Sparten, ohne darauf zu achten, was der Rest denkt. Trotz allem haben "kranke" Musiker immer eine gewisse Faszination auf viele Menschen, was ja nach dessen Aussage bspw. auch der Hauptgrund des Erfolges von "Schockrocker" Marylin Manson ist.

    Bei Filmen ist es ebenso, Kunstfilme und Gewaltfilme werden immer beliebter, und je seltener sie irgendwo zu sehen sind, desto besser, denn desto unnormaler. Ich rede auch an dieser Stelle nicht von Leuten, die sich betreffende Filme angucken, weil sie sich dafür interessieren, sondern von denen (und davon kenne ich leider zu viele...), die sowas nur "inhalieren", um später darüber erzählen zu können.

    Am Ende kommt bei allen das Gleiche raus, sei es die "normale" allgemein verpönte Popmusik, der "amerikanische Hollywood-Kapitalismus" oder die "schon mal dagewesene" Geschichte, Dinge, die nicht außergewöhnlich sind, werden oft als Ganzes verurteilt, ohne sich ernsthaft mit dem Einzelnen beschäftigt zu haben. Der Japano-Wahn geht natürlich in die selbe Richtung, einerseits wurde Visual Key ja nun mal als Abgrenzung erfunden (möchte ich behaupten), andernseits gibt es genügend Leute, die inzwischen alles Japanische ablehnen, mit den Argumenten, es sei Japano-Kiddy Kram. Ich meine, man sollte ein wenig offener sein, auch den Dingen gegenüber, für die sonst keinerlei Sympathien hegt, und wenn man das nicht kann, soll man nicht urteilen. Denn ich zweifle daran, dass es einen Punk gibt, der nicht irgendein Pop-Lied toll findet, wenn er es auch nicht zugeben würde. Muss er auch nicht. Er soll nur nicht sagen, dass jegliche Popmusik fürn Arsch ist. Das gilt Imho für alle Themen.



    Meinungen bitte. ^^''


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  2. #2
    1. Ich steh auf die Charts... meistens!
    2. Ich muss zugeben, dass deine Überlegungen wirklich schon was wahres an sich haben. Bands, die angeblich nichts darauf setzten, erfolgreich zu werden, weil sie ja damit sich nicht mehr von den anderen Abgrenzen können springen wie Pilze aus dem Boden.
    Anders herum ist es natürlich auch so zu sehen, dass es immer mehr Leute gibt, die nicht nur sowas machen, sondern auch auf so etwas stehen und sich den ganzen Tag diesen "Kranken Mist" antun, um sich gleichermaßen von der Masse abzuheben. Langsam sind das aber so viele, dass sie sich von einer Maße abgrenzen und dann an einer anderen Maße anschließen, weil es keine Minderheiten mehr in diesem System gibt.

    Für mich ist jetzt nur noch fraglich, was man aus dieser Erkenntniss schließen soll? Das selbst das "Kranke" kommerziell sein kann? Das die "Kranken" Bänds nicht geheilt werden können?
    Oder das man, um heute erfolgreich zu sein, nicht mehr man selbst sein darf, weil man mit seinem Verstand alle anderen Unterbieten muss, man muss sich also selber noch Unterbieten etc.

    Wenn jemand seinen Musikgeschmack, egal welches Genres, fröhnen will, soll er das tun. Ich bin da flexibel und tollerant, aber genau so erwarte ich auch, dass diese Leute genau so tolerant mit dem Musikgeschmack anderer umgeht.
    3. Ich mag die Charts... fast immer!

    Btw:
    Chippo, wie kann man in den Ferien nur schon so früh wach sein? ^^

  3. #3
    Zitat Zitat von Pursy
    Für mich ist jetzt nur noch fraglich, was man aus dieser Erkenntniss schließen soll?
    Dito.

    Ich mein die Erkenntnis ist ganz nett, aber wie hilft sie uns weiter?
    Nichts gegen dich, aber als ich das vor ner Stunde gelesen dachte ich eigentlich nur "Ja und?"

    Ansonsten isses schon n recht kranker Text

  4. #4
    Ich hab noch bis Morgen Schule, das war in der Info-Stunde. Und naja, sonst bin ich auch eher wach.

    Zitat Zitat
    Für mich ist jetzt nur noch fraglich, was man aus dieser Erkenntniss schließen soll?
    Siehe letzter Abschnitt. ._. Wenns dir nciht so geht, wunderbar, aber es gibt genügend Leute, die alles "normale" verabscheuen.
    Und ich mag die Charts meistens nicht. Aber es gibt halt Ausnahmen, und darum gehts, man soll nicht alles in einen Topf werfen udn verurteilen, nur weils normal ist.

  5. #5
    Ist das jetzt ein Thread, der jeglichen Medien-Konsum auf all seine verschiedenen Weisen einbezieht, oder so? Kommt mir beinahe schon nach einem "The whole world in one Thread" vor.
    Zitat Zitat von La Cipolla
    Man fragt sich dann, was krank daran ist, Sätze und Wörter hintereinanderzukleben, die keinen Sinn ergeben. Vor allem sollte man sich auch mal in Gedanken rufen, was an einem eigentlich negativ belegten Wort wie Krank so verdammt faszinierend ist?
    Bei vielen Leuten dreht es sich halt eher darum, sich von der Normalität abzugrenzen, als darum, einen individuellen Weg zu gehen. Aus solchen Haltungen kann imo nur Bockmist entstehen, wenn solche Leute selbst "kreativ" werden.
    Zitat Zitat
    Das Ganze hört hier im Atelier aber bei Weitem noch nicht auf. Ein Themenbereich, wo dieses Phänomen schon viel länger bekannt ist, ist die Musik. Kaum jemand hier im Forum würde zugeben, Pop- und Chartsmusik zu hören, viel beliebter sind da schon eher sogenannte "Independent"-Bands, also dem Wort nach unabhängige Musiker, was natürlich, nüchtern betrachtet, eine ordentlich stupide Einordnung ist. Wenn man den Bereich nicht kennt, weiß man mit "independent" auch nichts anzufangen, selbst "Volksmusik" ist eine treffendere Genrebeschreibung, wobei das Gejohle der bayrischen Dirndl-Mädchen und Ziehharmonika-Jungens schon so überhaupt nichts mehr mit irgendeinem Volk zu tun hat.
    Am ehesten dreht es sich hier im Musik-Forum um Indie und Metal mit einer Prise Gothic (und da ist lustigerweise beinahe nur Samsas Traum ein Name, der fällt) und einer eingeschworenen Hip Hop Hörerschaft.
    Ich finde übrigens nicht nur den Begriff "Indie" stupide. Auch solche Begriffe wie Gothic (gotico = fremdartig, barbarisch [->Wiki]), Pop für populäre Musik, Stein oder Metall geben einem nicht wirklich einen Hinweis auf die Musik dahinter, und verdammt viele wissen bis heute nichts mit den Begriffen anzufangen (bzw. wissen nicht, was alles als dies oder jenes bezeichnet wird, was auch logisch ist, bei der schwammigen Definierung jeglicher Musikrichtung).
    Zitat Zitat
    Ein anderes Beispiel sind natürlich Punk- und Gothic-Bands bzw. Interpreten, die seit der Gründung der beiden Genres versuchen, sich von der Masse abzusetzen.
    Beziehst du das jetzt auf die generelle Einstellung, die es in diesen Szenen geben soll? o_O
    Zitat Zitat
    Dass Wörter wie "Konformisten" oder "Stino" überhaupt Einzug in den Sprachgebrauch gefunden haben, ist an sich schon ein Armutszeugnis. Der Mensch versucht halt, sich von den anderen abzusetzen, und dieser Versuch kann teilweise schon Formen annehmen, die mehr lächerlich als alles andere sind.
    Jeder Mensch will halt etwas besonderes, einzigartiges, whatever sein. Doch anstatt einfach das zu tun, sehen, lesen und hören, sowie sein, wie man ist, folgen viele irgendwelchen Massenbewegungen bedingungslos, weil sie halt voll individuell sind - alle zusammen ey. Wobei ich aus persönlicher Erfahrung nicht sagen kann, dass die großen Anhänger irgendwelcher Szenen noch handeln, um anderszusein. Die sind schon ganz woanders, die Interpretation überlasse ich dir.
    Zitat Zitat
    Ein gutes Beispiel ist die Band "Oomph". Die Mitglieder treten nur noch schwarz geschminkt auf, in den Videos sieht man weit aufgerissene Augen und Blut. Das Ziel ist klar, die Band will "böse" wirken, um ihre Zielgruppe von der "guten" Elternwelt abzugrenzen.
    Eh... ich weiß zwar nicht, seit wann das so mit Oomph! sein soll, aber Wacken 2005 hatten alle weiße Kleidung, weiße Instrumente und haben ihren alten Kram gespielt. Das war cool. 8)
    Zitat Zitat
    Dieser Versuch allerdings ist so überzogen, dass nun schon wieder andere kommen und meinen, Oomph sein ebenfalls eine kiddie-Band, heißt also, eine Band für "Normalos", um es mal krass auszudrücken, denn etwas anderes bedeutet dieses Wort nicht. Kind, sozusagen jemand, der noch keine ernstzunehmende Meinung hat. Entsprechende Leute hören dann lieber Bands, die genau auf der Kante zwischen "bekannt" und "volllkommen egal" stehen. Eben jene Musiker, die noch nicht weit genug herumgekommen sind, um beliebt zu sein, die sich aber trotzdem schon in den "Szenen" einen Namen gemacht haben. Herr Alexander Kaschte von Samsas Traum bzw. Weena Morloch singt in einem seiner beliebtesten Goth-Disco-Lieder schließlich nicht umsonst 10mal hinternander "Ich bin wirklich krank!!". Was daraus allerdings resultiert ist die Tatsache, dass sich genügend Leute von "ihrer" Band abspalten, sobald sie bekannt wird, teilweise sogar mit einer Aussage a la "Die sind nicht mehr true und machen kommerzielle Musik".
    Du hast die Einstellung von manch zwielichten Gestalten aus der Metal Szene ziemlich gut getroffen. Gibt leider viel zu viele Menschen, die es vom Erfolg einer Band abhängig machen, ob sie toll sind, statt von der Musik. Manche meinen, unbekannte Bands haben's halt nicht drauf, denn sonst wären sie bekannt, und andere meinen, bekannte Bands seien zu kommerziell und daher scheiße.

    Dennoch ist der Begriff "true" einer der lächerlichsten, der mir begegnet, und gleichzeitig einer der seltensten, der beim Sprechen mit anderen Leuten aus der Metal-Szene fällt. Das aber nur nebenbei, ohne Manowar gäbs den Begriff erst gar nicht und viele Black Metal Bands sind konservativ und schreiben einzig aus diesem Grund noch sowas wie "Trve Unholy Black Metal" auf ihr Album Backcover. In ihre Lyrics auch, doch das ist wieder eine andere Sache, doch ich schweife ab...
    Zitat Zitat
    Als Antwort auf die langweilige Musik der alten Leute in den Zwanzigern kam der Jazz, als Antwort auf diesen der Rock, und als selbst der Rock zu "normal" wurde, erfand irgendein gewiefter Geschäftsmann schließlich Heavy Metal und Punk.

    Blues ist die langweilige Musik der alten Leute? Oder doch eher Ragtime? Der war aber vorm Blues da. Übrigens ist Ragtime (= zerrissene Takteinheit) auch schon eine Musik, die damals anders sein wollte, als die anderen, und das als erste "schwarze Musik".

    Weiterhin zweifle ich verdammt stark daran, dass ein Geschäftsmann die musikalische Kreativität besessen haben soll, neue Stile zu "erfinden". Das einzige, was dieser gemacht haben kann, ist die Popularität von diesen "andersartigen" Bands hervorzurufen durch gutes Marketing. Wie das jetzt genau war, weiß ich im Detail auch nicht, und bin zu faul zum recherchieren. Der heute als Heavy Metal bekannte Musikstil würde jedenfalls Anfang der 80er geprägt, sowie viele andere Spielarten des Metals, von Bands wie Judas Priest, Iron Maiden, Motörhead. Es war eine Gegenbewegung zum Punk, welcher wiederum eine Gegenbewegung von was-weiß-ich was ist. ^^ Black Sabbath möchte ich hier nicht noch miteinbringen, ihre Stellung als Väter des Heavy Metals ist ohnehin sehr umstritten.
    Zitat Zitat
    Diese Liste ließe sich endlos so weiter führen, aber irgendwo ist damit rein logisch gesehen auch mal Schluss, denn viel weiter als rein elektronische Kreisch-Musik ohne Melodie geht es kaum noch. Die Antwort ist leicht: Man fängt wieder von vorne an. Um sich von dem Independent- und Punk-Einerlei abzusetzen, hört man wieder Klassik, Johny Cash und Janis Choplin (Hab ich sie richtig geschriebene?). Natürlich kann man dieses Verhalten nicht verallgemeinern, denn mehr als genug Leute hören Musik aller Sparten, ohne darauf zu achten, was der Rest denkt.
    Vor allem haben die meisten Leute keinen Bezug mehr zur Musik, zu Melodie, Harmonie und Rhytmus, sondern vielmehr zu irgendeiner Szene oder Darstellung ihrer angeblichen Individualität, die sie gerade damit nicht ausleben.
    Zitat Zitat
    Trotz allem haben "kranke" Musiker immer eine gewisse Faszination auf viele Menschen, was ja nach dessen Aussage bspw. auch der Hauptgrund des Erfolges von "Schockrocker" Marylin Manson ist.
    Warum hört niemand mehr Alice Cooper? Bei Manson machts oftmals mehr sein Aussehen und seine In-Szene-Setzung aus, dass er gemocht wird, und gerade dadurch wurde er auch berühmt. Gibt nicht umsonst die Gerüchte/Tatsachen, dass er sich eine Rippe rausgebrochen hätte, um sich selbst einen blasen zu können oder dass er ein Glasauge hätte oder was-auch-immer. Will sagen, ohne seine Musik, die ich ja nicht wirklich kenne, zu kritisieren: Ohne diese äußeren Erscheinungen, bzw. nichts mit Musik zu tun habenden Details, wäre er nie so berühmt geworden. Leider gilt dies allgemein für viele bekannte Bands, was aber nicht an ihnen liegt, sondern an der idiotischen Masse, für die Musik Glasaugen sind. Bekannte Bands können trotzdem coole Musik machen.
    Zitat Zitat
    Bei Filmen ist es ebenso, Kunstfilme und Gewaltfilme werden immer beliebter, und je seltener sie irgendwo zu sehen sind, desto besser, denn desto unnormaler. Ich rede auch an dieser Stelle nicht von Leuten, die sich betreffende Filme angucken, weil sie sich dafür interessieren, sondern von denen (und davon kenne ich leider zu viele...), die sowas nur "inhalieren", um später darüber erzählen zu können.
    Schlimm sind auch die Leute, die anderen klarmachen wollen, dass man als Horrorfilmfan keine Ansprüche habe und sie scheiße sein würden. Ganz egal, um welches Film-Genre es geht, im Endeffekt kann einem nur das gefallen, womit man etwas anfangen kann. Ein Humorloser Mensch guckt keine Komödien und ein Mensch, der sich für Emotionen wie Angst, Schrecken und Ekel interessiert, der guckt Horrorfilme. Einer, der wissbegierig ist, findet beides wiederum scheiße und guckt Dokumentarfilme. So ist dann nunmal, wer guckt in einer ernsten Lebenslage oder einem temporären emotionalen Tiefflug schon Komödien an?

    Und wegen deinem eigentlich gemeinten Punkt:
    Leute, die Filme nur inhalieren, um darüber zu erzählen, solche solls geben. Darstellung des Charakters, gibt doch auch die Theorie dass man alles nur wegen dem Sexualtrieb macht. Jedenfalls ist imo so etwas altbekannt, dass Leute bestimmte Dinge nur tun, um gut anzukommen, was ja nun einmal gar nichts mit dem Genießer-Konsumenten zu tun hat. Dies lässt sich übrigens auf Medienkonsum und auch auf sowas wie Drogenkonsum beziehen, gibt da erstaunliche parallelen.
    Zitat Zitat
    Am Ende kommt bei allen das Gleiche raus, sei es die "normale" allgemein verpönte Popmusik, der "amerikanische Hollywood-Kapitalismus" oder die "schon mal dagewesene" Geschichte, Dinge, die nicht außergewöhnlich sind, werden oft als Ganzes verurteilt, ohne sich ernsthaft mit dem Einzelnen beschäftigt zu haben.
    Wobei gerade nur das Einzelne außergewöhnlich sein kann, ein Ganzes ist niemals außergewöhnlich, da sind selbst die am Rande der Existenz liegenden Musikrichtungen normal und können auf dieselbe Art verurteilt werden. Allerdings finden entsprechende Leute für eine Verurteilung vom Unbekannteren andere Worte, prinzipiell unterscheidet sich da nichts - die Ahnungslosigkeit lässt grüßen.
    Zitat Zitat
    Der Japano-Wahn geht natürlich in die selbe Richtung, einerseits wurde Visual Key ja nun mal als Abgrenzung erfunden (möchte ich behaupten), andernseits gibt es genügend Leute, die inzwischen alles Japanische ablehnen, mit den Argumenten, es sei Japano-Kiddy Kram. Ich meine, man sollte ein wenig offener sein, auch den Dingen gegenüber, für die sonst keinerlei Sympathien hegt, und wenn man das nicht kann, soll man nicht urteilen.
    Dito, finde jegliche verallgemeinernde Aburteilungen jeglicher Tätigkeit, jeglichen Konsumguts, jeglicher Lebensweise oder sonst etwas einfach nur stupide. Es ist simpel die "Vorurteilung" von unbekanntem (ja, selbst um Pop zu kennen, muss man sich da erstmal einlesen und mehr als Madonna als wertvolle Stichprobe hören), welche allgemein mit der Abgrenzung des Unbekannten zu tun hat. Und wie schon deutlich gemacht, hat dies gar nichts damit zu tun, dass man "voll die fiese Underground Musik hört und einen dann niemand mag". Der umgekehrte Fall ist genauso absolute Normalität, wieso sonst wird allgemeinhin die Kirche bspw. verschrien? Glaube kaum, dass entsprechende Leute die Bibel gelesen haben oder eine zeitlang jeden Sonntag in der Kirche waren, um drüber urteilen zu können, was die Kirche überhaupt darstellt. Sie sehen eben nur, was sie sehen wollen...

    Selbiges gilt imo übrigens auch für die Abgrenzung von Aussenseitern in der Schule, um mal ein bekanntes Beispiel zu nennen, welches jeder sicher schonmal erlebt hat (ob als "Täter", "Opfer" oder Zuschauer).
    Zitat Zitat
    Denn ich zweifle daran, dass es einen Punk gibt, der nicht irgendein Pop-Lied toll findet, wenn er es auch nicht zugeben würde. Muss er auch nicht. Er soll nur nicht sagen, dass jegliche Popmusik fürn Arsch ist. Das gilt Imho für alle Themen.
    Dire Straits kickt Ärsche, und das "obwohl es Pop ist und kommerziell erfolgreich". Geile Mucke, ey. 8) Lady Writer Solo kommt! *abgeh*

  6. #6
    uh, hier ja auch nochmal.

    naja. das es so ist wie dus beschreibst ist klar. das kann man eigentlich gar nicht bezweifeln.
    ich weiß jetzt nicht ganz was ich dazu sagen soll...ich red einfach mal drüber wies mir hier im atelier vorkommt
    (übertriebenes beispiel, m-p ist sicher nicht der auslöser aber meiner meinung nach gibt es halt einige der im folgenden beschriebenen leute hier im atelier)
    m-p hat irgendwann mal angefangen, seine lustigen geschichten zu veröffentlichen - die waren gar nicht krank, nicht total durchgeknallt oder so, sie waren einfach gut zu lesen, unterhaltend und wollten einem nicht irgendeine sozialkritik aufzudrücken. dann kamen leute, die das meiner meinung nach nicht verstanden haben. die finden es krank wenn es elefanten regnet - nicht ungewöhnlich oder kreativ oder einfach nur witzig. dann schrieb einer dieser jemande eine dumme kleine geschichte, die noch "kränker" als m-ps zeug sein sollte, setzte sich aber gewaltig in die nesseln, weil er einfach vergessen hatte, das eine geschichte mehr als eine aneinderreihung von schockeffekten ist. jo. naja, das ist so das was ich hier so gesehen habe. wie gesagt, ich denke das es bei mindestens einem ungefähr so gelaufen ist, vielleicht nicht mal mit böswilligen absichten namen werd ich hier aber nicht nennen.

    die musikssache...ja, independent ist trend, aber seltsamerweise kenne ich, wenn ich im musikforum lese, 80% der bandnamen, die angeblich so independent sind, obwohl ich eigentlich hauptsächlich ("underground/independent") hip hop höre (wobei da dann wieder nur 20% der musikforumleser mit den namen was anfangen können, ich bin also viel independenter als ihr ). leute die den kram selber veröffentlichen oder auf irgendwelchen minilabels und so. das hat nichts damit zu tun, das die musik automatisch besser ist, wenn du nicht kommerziell erfolgreich is, sondern das ich den sound mag. eher dreckige, minimalistische beats, raps, die sich mit mehr als nutten und drogen beschäftigen etc. sowas ist (leider!) nicht erfolgreich, ich würde mich freuen bestimmte sachen in den charts zu sehen...
    naja. mir ist es im endeffekt egal. ich hör alles was mir gefällt, und wenn white stripes ein gutes album machen (obwohl die für viele seit den letzten beiden alben ja auch schon wieder zu kommerz sind ), dann hol ich mir das. ich unterstütze nur gewisse msuik bewusst nicht, selbst wenn mir da mal ein lied gefällt. einfach, weil die masse der musik so beschissen langweilig ist, das es zu meinem eigenen nachteil ist, sie auch noch zu unterstützen.
    neues ist nicht automatisch gut, aber meiner meinung nach immer noch besser, als (zb bei geschichten) nach tausend jahren roman immer noch die selben geschichten zu schreiben. die menschen wollen im allgemeinen gar keine neue form der geschichte, sie sind mit dem althergebrachten zufrieden, warum auch immer. james joyce zb - er schrieb genial, aber ist im grunde nur in fachkreisen bekannt geworden. er schrieb im grunde "normale" geschichten, aber in ungewöhnlchem stil. das interessiert nur leider keinen, weil die menschen immer noch auf dem stand des gilgameschepos sind, weil geschichten und romane immer dieselbe struktur haben, sonst sind sie nicht "gut", wie einem schon die deutschlehrer erzählen. es interessiert mich im grunde nicht, was ihr mögt, aber ICH will mehr davon, vor allem mehr gutes. es gibt viele die "ungewöhnlich" schreiben, aber im endeffekt sind 70% davon dann wieder dreck. ich will mehr burroughs, mehr wilsons, mehr joyces. keine kopien, sondern eigene werke, die wirklich eigen sind, sich im stil nicht nur durch ein paar unterschiedliche wörter unterscheiden, wie das hier im atelier ja leider auch der fall ist. man kann im atelier praktisch nur noch zwischen "ist flüssig lesbar und hat wenigstens eine idee, die an den standard rankommt, ab dem unterhalten wird" und "talentlos." unterscheiden. meiner meinung nach. natürlich nicht in allen fällen.

    im endeffekt: es ist mir egal, unter was für einer kategorie etwas läuft, hauptsache, es gefällt mir. es gibt klar eine tendenz zu kreativem, aber die ist nicht so ausgeprägt, das ich nichts aktzeptieren würde, was kein stephen king oder robert anton wilson ist.

  7. #7
    Zitat Zitat
    Vor allem sollte man sich auch mal in Gedanken rufen, was an einem eigentlich negativ belegten Wort wie Krank so verdammt faszinierend ist?
    Wir haben Millionen Worte, die das Abnormale in tausend Ausprägungen beschreiben aber nur schwammigen einen Audruck, in den wir alle Formen von Normalität hineinpressen müssen.

  8. #8
    Zitat Zitat von Ianus
    Wir haben Millionen Worte, die das Abnormale in tausend Ausprägungen beschreiben aber nur schwammigen einen Audruck, in den wir alle Formen von Normalität hineinpressen müssen.
    Wie bitte??? Auch nach dreimaligem Lesen hab ich nicht begriffen, was du damit aussagen willst.

  9. #9
    Zitat Zitat von Achadrion
    Wie bitte??? Auch nach dreimaligem Lesen hab ich nicht begriffen, was du damit aussagen willst.
    wir haben nur ein wort für "normal" aber tausend worte für abnormal. die faszination für nicht-normales scheint also irgendwie "normal" zu sein zumindest weist diese unausgewogenheit darauf hin.

  10. #10
    Zitat Zitat von es
    wir haben nur ein wort für "normal" aber tausend worte für abnormal. die faszination für nicht-normales scheint also irgendwie "normal" zu sein zumindest weist diese unausgewogenheit darauf hin.
    Stümmt. Ich will ja nicht als Besserwisser dastehen, aber der Zustand normal schließt doch andere Bezeichnungen aus. Sonst wäre es doch wieder un- oder abnormal. Und normal kommt doch irgendwie von Norm - also festgelegt, oder?

  11. #11
    Zitat Zitat von Achadrion
    Stümmt. Ich will ja nicht als Besserwisser dastehen, aber der Zustand normal schließt doch andere Bezeichnungen aus. Sonst wäre es doch wieder un- oder abnormal. Und normal kommt doch irgendwie von Norm - als festgelegt, oder?
    ja, ich glaube schon. ich denke das der mensch nicht in normen passt, trotzdem werden diese festgelegt - jeder spürt aber irgendwie, das es im grunde nichts normales gibt, wenn man sich ein wenig intensiver mit etwas auseinander setzt. zumindest ist für mich die in faszination für das "andere" nichts unerklärliches.
    "ein gesetz im universum ändert sich nie
    und das ist das alle dinge sich wandeln"
    das einzig normale ist das unnormale künstlich unnormal oder einfach anders zu sein führt allerdings wieder dazu, das man sich selbst verleugnet und seine eigene, ursprüngliche individualität gar nicht erst erkennt. das kann auf dauer nicht funktionieren...

  12. #12
    Zitat Zitat von es
    ja, ich glaube schon. ich denke das der mensch nicht in normen passt, trotzdem werden diese festgelegt - jeder spürt aber irgendwie, das es im grunde nichts normales gibt, wenn man sich ein wenig intensiver mit etwas auseinander setzt. zumindest ist für mich die in faszination für das "andere" nichts unerklärliches.
    "ein gesetz im universum ändert sich nie
    und das ist das alle dinge sich wandeln"
    das einzig normale ist das unnormale künstlich unnormal oder einfach anders zu sein führt allerdings wieder dazu, das man sich selbst verleugnet und seine eigene, ursprüngliche individualität gar nicht erst erkennt. das kann auf dauer nicht funktionieren...
    Holla, ich merke schon das ich die nächste philosophische Stufe noch nicht genommen habe! Deinen Post habe ich fünf mal gelesen und hoffe ihn jetzt verstanden zu haben.
    Die Festlegungen der Norm sind doch auch nur Richtwerte die das Zusammenleben regeln. So zu sagen der Durchschnitt. Dieser Durchschnitt ist in sich wieder variabel. Wie extrem die "Norm" ausgelegt wird hängt dann wieder vom Betrachter ab.

  13. #13
    Ich glaub die Faszination am "Unnormalen" hat viel mit Tabubruch und Rebellion gegen gesellschaftliche Normen und Strukturen zu tun. Vielleicht gar nicht mal in einem so großen Rahmen, sondern auch nur im näheren Umfeld. Aber so genau weiß ich das nicht, die wahren Gründe kann wohl nur ein Psychologe beantworten - wenn überhaupt. Vieles was "Unnormal" ist, besitzt jedenfalls eine magische Anziehungskraft. Warum sonst lacht man z.B. über übertrieben Gewaltdarstellung? Ok, das machen nicht alle, aber ich finde sie irgendwie toll, wenn sie zur Handlung passt ( was wäre Resident Evil ohne zerfetzende Köpfe? ). In der Realität würde ich so was schrecklich finden, aber nicht in fiktiven Geschichten. Wenn man den Grund kennt, warum einem so etwas gefällt, dann wird man auch irgendwann verstehen warum allgemein das "Unnormale" interessanter ist als das "Normale".

    Allgemein betrachtet kann ich mit dem Verteufeln vom "Normalen" nichts anfangen. Ich spiele Mainstream-Spiele, schaue überwiegend Mainstream-Filme und höre auch Musik, die sicherlich nicht "independent" ist. Mir ist ziemlich egal, ob die Sachen "normal" sind oder nicht. Das was mir gefällt, das finde ich gut, und das andere nicht. Egal was der Rest der Menschheit denkt.

    Das Medium, mit dem ich mich einigermaßen gut auskenne, ist das der Spiele. Dazu kann ich recht gut sagen, wieso ich dort "normale" Spiele bevorzuge. Es liegt einfach daran, dass mir kaum Spiele untergekommen sind, die genauso sind wie einer der Vorgänger. Ich sehe da keine langweilige Gleichheit. Klar, wenn man die Spiele nur grob miteinander vergleicht, dann sehen sie alle gleich aus. Das ist auch bei Geschichten so. Vladimir Propp hat über 400 russische Märchen untersucht und festgestellt, dass die nur aus einer sehr kleinen Menge von Grundbausteinen aufgebaut sind. Aber sind es die Grundbausteine, die eine Geschichte ausmachen, oder die Details? Für mich auf jeden Fall das letztere. Keines der Spiele, das ich in den letzten 10 Jahren gespielt hab, hatte eine Story, die nicht genug neue Elemente enthielt, um sie wieder interessant wirken zu lassen. Genauso ist es beim Gameplay. Selbst viele Fortsetzungen waren unterhaltend genug, weil immer wieder irgendwas neues hinzugekommen ist.
    Ganz anders sieht s mit den ganzen "unnormalen" Spielen aus, von denen mich nur selten eines begeistern konnte, da sie meistens zu stark von meinen Vorstellungen was Spielspaß und Unterhaltung angeht abweichen.

    Eine Sonderrolle nimmt vielleicht die Makercommunity ein, da dort sehr stark von erfolgreichen Spielen kopiert wird und sich viele Spiele zumindest von der Vorstellung her stark ähneln. Die Spiele, die dann tatsächlich fertig werden, sind aber wieder individuell genug um nicht wie eine bloße Kopie der Vorgänger zu wirken.

    Jedenfalls kann ich das pauschale Verteufeln von allem was "normal" ist nicht nachvollziehen, genauso wie das pauschale Verteufeln von allem was nicht "normal" ist.

  14. #14
    Zitat Zitat von Achadrion
    Wie bitte??? Auch nach dreimaligem Lesen hab ich nicht begriffen, was du damit aussagen willst.
    Ich sage schön mit einem Beispiel "Was erwartetst du dir von einer Gesellschaft, die sich anscheinend nur dadurch definieren kann, dass sie Abweichungen bezeichnet und den Norm verschleiert?"

    Bzw auf "Heterosexuell, Angestellter, zwei Kinder und ein Haus mit Garten" reduziert wo ein guter Teil der Menschheit nicht einmal Männer sind.

  15. #15
    Zitat Zitat von Ianus
    Ich sage schön mit einem Beispiel "Was erwartetst du dir von einer Gesellschaft, die sich anscheinend nur dadurch definieren kann, dass sie Abweichungen bezeichnet und den Norm verschleiert?"

    Bzw auf "Heterosexuell, Angestellter, zwei Kinder und ein Haus mit Garten" reduziert wo ein guter Teil der Menschheit nicht einmal Männer sind.
    Alles klar, das habe auch ich jetzt verstanden. Ich wollte dich nicht anmachen, ichhatte wirklich keine Ahnung was du meintest.

  16. #16
    Ich glaube, der Mensch ist auch irgendwie darauf ausgerichtet das Abnorme eher wahrzunehmen. Ein ganz einfaches Beispiel: Ein Mensch sitzt im Rollstuhl inmitten Menschen ohne körperlicher Behinderung. Wenn man nun den Blick in diese Menschenmenge wirft, wird man als erstes den Menschen im Rollstuhl wahrnehmen. Es gibt dieses "Phänomen" übrigens auch auf einer ganz einfachen Stufe: stellt euch ein weißer Papier mit Kreisen und einem Kreuz vor. Was wird euch eher auffallen, das Kreuz oder die Kreise? Was ist nun wenn man ein Ein unter die Kreise mischen würde? Es würde weniger auffallen. Demnach würde ich behaupten, dass ein entsprechender Kontrast notwendig ist.
    Außerdem gibt es ja auch so etwas wie die Habituation. Der Mensch gewöhnt sich einfach an Dinge, die er öfters wahrnimmt. Natürlich werden positive Reize schneller habituiert als aversive, aber grundsätzlich setzt eine Habituation ein. Ebenso werden Handlungen immer schneller ausgeführt, je öfter sie ausgeführt werden; sie werden immer automatischer (Nervenbahnen bilden sich aus und die Myelinisierung wird ausgeprägter). Automatische Handlungen zeichen sich durch die Eigenschaft aus, dass sie unbewusst ablaufen. Und sie sind im Prinzip wesentlich effizienter als bewusst ablaufende Handlungen, die auch länger brauchen. "Normalität" ist IMO auch eine Verbesserung der Effizienz des Handelns.

    Für die, die es interessiert:
    In der klinischen Psychologie unterscheidet man 4 Formen von Normen.
    1.) Subjektive Norm: Die eigene Befindlichkeit wird als Norm hergenommen. Abweichung werden eventuell als Kranksein wahrgenommen. Diese ist auch entscheidend für das Krankheitsverhalten (Arzt aufsuchen). Problematisch bei dieser Definition ist, dass z.B. bei Neglect häufig die Anosognosie auftritt, d.h. man glaubt, man ist gesund, obwohl dies nicht zutrifft (Neclect). Andererseits gibt es die Hypochondrie, wo der Patient glaubt, dass er eine somatische Krankheit hat, aber keine vorliegt.
    2.) Statistische Norm: Abweichung von der Häufigkeitsverteilung (im Prinzip ähnlich wie beim IQ). Pathologisch wird aber nur ein geringer IQ angsehen. Problematisch ist hierbei, dass das Häufige auch das Gestörte sein kann und es schwierig ist, ab wann man von normabweichend spricht.
    3.) Funktionsnorm: Krankheit ist aus der Funktionsbeeinträchtigung ersichtlich. Auch hier stellt sich das Problem, ab wann man von einer Funktionsbeeinträchtigung spricht und welches Alter man als Vergleich hernimmt (z.B. große interindivuelle Schwankungen im höheren Alter). Bei psychischen Funktionen ist es noch einmal schwieriger: z.B. Homosexualität wurde früher als Krankheit bezeichnet, da sie eine Abweichung vom "normalen" Sexualverhalten darstellt (Funktion der Fortpflanzung).
    4.) Soziale Norm: Störungen sind eine Abweichung von der sozialen Norm. z.B. Explizite Normen, wie 50 km/h-Regelung in Orten, implizite Normen, wie Handschlag bei der Begrüßung und Blickkontakt. Dazu gehört auch der Labeling-Ansatz erwähnt: Der Verstoß gegen die soziale Norm ist wesentlich für die Krankheitsdefinition. Psychische Krankheiten resultieren aus Normverstößen, die geahndet werden.
    The tabula of human nature was never rasa and it is now being read.
    -- William D. Hamilton, 1997

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