Dieser Thread bietet Raum für Nebenhandlungen, Ergänzungen oder Bruchstücke zum Rollenspiel und für Geschichten, die abseits des Rollenspiels zur Thematik von The Elder Scrolls geschrieben werden. Damit dient dieser Thread auch als das Fan-Fiction-Area von TheElderScrolls.info.
In diesem Thread könnt ihr Folgendes posten:
Fan-Fiction Geschichten zu The Elder Scrolls (ohne Beschränkungen in Inhalt oder Länge)
Charaktere und Charaktergeschichten, die aufgrund der Regeln nicht im Rollenspiel zugelassen sind
Charaktervorstellungen für Charaktere, die ihr euch ausgedacht habt
Ergänzungen/ Nebenhandlungen/ Vorgeschichten zum Rollenspiel (bspw. mit Nebencharakteren)
Da er in diesem Thread frei seid zu schreiben, was ihr wollt, solange es mit The Elder Scrolls zu tun hat, gelten auch weiter keine speziellen Regeln. Bitte achtet aber darauf, dass auch Beiträge hier der Foren-Netiquette unterliegen und die Geschichten bei Verstoßes dagegen moderiert werden oder gelöscht werden können. Bitte schaltet auch in diesem Thread aus Gründen der Übersichtlichkeit eure Signaturen aus und gebt euren Geschichten zur Unterscheidung Überschriften.
Da dies ein reiner Geschichtenthread ist, verlagert bitte Feedback und Diskussionen in den aktuellen Vorbesprechungsthread zum Rollenspiel oder in die Thekengespräche von Tamriel.
Das TofT-Team wünscht euch viel Spaß beim Schreiben und Lesen.
Geändert von KingPaddy (25.09.2013 um 14:10 Uhr)
Grund: Re-Organisation
Schwärze umfing sie, füllte ihren Geist vollständig aus. Es schienen Stunden zu vergehen, bis der Geruch des Rauches in ihrer Nase und der metallische Geschmack von Blut in ihrem Mund sie wieder zu Bewustsein kommen ließen. Zögernd sog sie die Luft ein, die neben den gewohnten Gerüchen noch so viel unbekanntes barg. Irgendwo zwischen ihren Rippen saß ein stechender Schmerz, der das Atmen erschwerte. Sie versuchte, nicht darauf zu achten und sog die qualmgeschwängerte Luft tief ein.
Schließlich öffnete sie die Augen. Direkt vor ihrem Gesicht fand sie den Boden, ein kaltes Kopfsteinpflaster, von ihrem eigenen Blut benetzt. Der Lärm des Kampfes, der hier getobt hatte, klang noch entfernt und leise in ihren Ohren. Doch nun war es ruhig. Weder das Schreien von Menschen noch das Kreischen von Scampen war zu hören. Nur der Wind, der zwischen den Ruinen hindurchpfiff und die Feuer weiter entfachte.
Lamgsam streckte sie ihre Gliedmaßen und versuchte sich zu erheben. Ihre Beine fühlten sich taub und kalt an, ihre Finger dagegen heiß und geschwollen. Ein roter Schleier ließ das Bild der Stadt um sie herum verschwimmen. Unwirsch wischte sie sich über die Augen, nur um ihren Handschuh voll Blut zu finden. Die Schlagklingen, ihre besten Waffen, waren ebenfalls blutverkrustet und mit den Handschuhen fest verklebt. Dies, da war sie sich sicher, war jedoch nicht ihr eigenes Blut.
Die Platzwunde am Kopf pulsierte und schickte einen neuen Schwall Blut über ihr Gesicht, als sie sich schließlich vollständig erhoben hatte. In ihrem Schädel brüllten mehrere Dremora gleichzeitig, wärend ihre Lungen weiterhin bei jedem Atemzug schmerzhaft stachen. Sie versuchte nach der magischen Kraft in ihrem Innern zu greifen, um ihre Wunden zu heilen, doch sie fand nur Leere vor. Sie hatte wahrlich alle Reserven im Kampf erschöpft. Geistig und Körperlich.
Und was war nun geblieben? Sie ließ den Blick über die brennenden Trümmer schweifen. Ein Schlachtfeld, verlassen von Siegern und Verlieren gleichermaßen. Nur die Toten waren geblieben. Scampe, Clannfears und Dremora lagen zwischen menschlichen Wachen in weißen Wappenröcken. Welcher Berserker hatte hier gewütet? Wer brachte so viele gute Kämpfer um und verließ danach das Feld? Und wer hatte hier gewonnen?
Sie überprüfte ihre eigene Rüstung, die ebenfalls stark gelitten hatte. An mehreren Stellen behinderte der Kürass nun mehr, als er schützte. Kurz überlegte sie, von den Toten eine passende Rüstung zu nehmen, entschied sich jedoch dagegen. Sie wollte sie nicht nackt in dieser Welt liegen lassen. Vorsichtig ging sie durch die Straßen der zerstörten Stadt. Auf der Suche nach einem Überlebenden. Doch sie fand niemanden, weder Freund noch Feind.
Schließich, ob gewollt oder ungewollt, führten ihre Schritte sie zum Stadttor, welches weit offen stand und den Blick auf grüne, sonnenbeschienene Hügel frei gab. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als dieses Bild wie Eiswasser durch ihre Eingeweide gurgelte. Die Erkenntnis hatte sie sofort getroffen, auch wenn das Verstehen noch etwas dauerte. Das Tor war verschwunden!
Sie lief durch das Stadttor und blieb auf der verbrannten Erde stehen, wo einmal das Tor zu den Ebenen Oblivions stand. Es war verschwunden. Und so sehr sich ihr Verstand auch dagegen sträubte, so blieb es doch verschwunden. Es musste von der anderen Seite geschlossen worden sein. Doch warum? Warum war das Tor geschlossen worden? Hatten sie denn die Schlacht verloren?
Von der verbrannten Erde führte sie ihren Blick langsam auf die sonnenbeschienen Hügel. Grün und braun unter einem blauen und weißen Himmel. Schwer lastete das Verstehen auf ihr. Sie war eine Gestrandete. Gestrandet in einer fremden Welt. Einer Welt aus grün und braun, blau und weiß. Wie keine Welt aussehen sollte. Die fremden Farben und das helle Licht brannten in ihren Augen.
Langsam drehte sie sich um, blickte zurück auf die brennenden Ruinen. Rotes Feuer und schwarzer Rauch. Der Welt, die sie kannte, so viel ähnlicher. Sehnlichst wünschte sie sich zurück in die Ebenen von Oblivion. Ihrer Heimat.
Der Wind brachte schwere Wolken heran und schließlich begann es zu regnen. Das Wasser wusch den Rauch aus der Luft und würde bald die Feuer löschen.
Die schweren Tropfen durchnässten ihr rotes Haar und liefen wie Tränen ihr Gesicht hinunter. Die Menschen würden zurückkehren, um die Stadt wieder aufzubauen. Um die Erinnerung zu verteiben. Jegliche Erinnerung an ihre Heimat musste sie mit sich tragen und nicht an diesem Ort suchen.
Sie kehrte sich von den Trümmern ab und wusste, dass sie diesen Ort niemals wieder sehen würde. Die Wolken hatten die Landschaft vor ihr etwas abgedunkelt, und damit ein klein wenig erträglicher gemacht. Sie seufzte und lief dann gerade aus los, den Hügel hinunter. Geschlagen und erschöpft, mit einer kaputten Rüstung und ohne Vorräte betrat Valkyrii die unbekannte und gefährliche Welt Cyrodiil. Mehrunes Dagon würde seine verlorene Dremora beschützen. Dessen war sie sicher.
Der Regen nahm zu und der Wind peitschte ihr die dicken Wassertropfen ins Gesicht. Ihre Haare klebten nass an ihrem Kopf. Der Weg führte an der Verteidigungslinie der Menschen vorbei. Angespitze Holzpflöcke, zu Barrieren gekreuzt versperrten den Weg. Doch die Männer, die hier Widerstand geleistet hatten, waren nun gegangen. Ungesehen konnte sie hindurch schlüpfen. Dahinter führte der Weg in engen Kurven den Berg hinunter und schon bald konnte sie kleine Lichter am Ende des Weges ausmachen. "Vermutlich ein Lager der Stadtbewohner", kam es ihr in den Sinn. "Vielleicht sollte ich versuchen, es zu umgehen." Doch ein Weg abseits des Weges war schwer zu finden. Der Berg war zu allen Seiten steil und sie hatte nicht mehr die Kraft für einen steilen Abstieg.
Noch eine Kurve später konnte sie erkennen, dass der Weg genau durch das Lager der Menschen hindurch verlief und sie endgültig dazu zwang, selbigen zu verlassen. In einer Linkskurve vor dem Zeltlager verließ Valkyrii den Weg. Der Abhang vor ihr war nicht mehr ganz so steil, doch immer noch eine Zumutung mit vor Erschöpfung zitternden Beinen. Sie biss die Zähne zusammen und versuchte, möglichst sichere Schritte zu finden. Fast war sie schon am Ende angekommen, als ein Kiesel unter ihrem rechten Fuß nachgab und sie den Rest des Abhangs hinunterrutschte.
Sie versuchte panisch zu bremsen, verlor dabei jedoch das endgültig das Gleichgewicht und als sie sich mit ihrer linken Hand abfangen wollte, ertönte ein lautes Knacken und Knirschen und abermals explodierte Schmerz in ihrem Kopf. Als sie am Ende des Hanges zur Ruhe kam, lüftete sich der Schleier des Schmerzes und sie konnte langsam wieder ihre Umgebung wahrnehmen. Einige Minuten verstrichen in Stille, wärend sie mit dem Schmerz kämpfte und hoffte, dass niemand das Getöse gehört hatte. Als sich nichts tat, und sie den Schmerz langsam unter Kontrolle bekam, sah sie sich um.
Hier war das Gras trotz des Regens gelb. Es erstreckte sich über die felsigen Hügel, soweit sie gucken konnte. In einiger Entfernung schien eine Straße zu verlaufen. Plötzlich hörte Valkyrii ihren Magen knurren. Sie hatte seit sie diese Welt betreten hatte nichts mehr gegessen. Sie wusste überhaupt nicht, ob es hier etwas gab, das sie essen konnte. Langsam wurde es dunkler, und das schien nicht nur an den Wolken und dem Regen zu liegen. Momentan kümmerte die Dremora sich aber auch nicht weiter um den Grund, sondern begrüßte einfach nur das Zwielicht.
Eine oder zwei Stunden stolperte sie über die grasbewachsenen Hügel. Ihre Schritte führten sie Richtung Straße, auch wenn sie die lieber nicht betreten wollte. "Wenn mich jemand sieht, werden sie mich jagen und töten. Genauso wie wir es mit ihnen gemacht haben. Auch wenn diese Jagd wohl recht kurz wird..."
Als sie den nächsten Hügel erklommen hatte, sah sie abermals Feuerschein vor sich. Das Feuer war nur klein, grade groß genug, um die Gesichter einer Frau und zweier Männer zu erhellen, die drum herum saßen. Sie schienen sich zu unterhalten, doch die Worte klangen fremd in Valkyriis Ohren. So gut es ihr möglich war, duckte sie sich hinter einen großen Fels, um nicht gesehen zu werden. Einer der Männer bearbeitete einen kleinen, rotglänzenden Gegenstand, den er schließlich auf einen Stock spießte und über das Feuer hing.
Der Geruch gebratenen Fleisches, der schon bald aufstieg, war auch Valkyrii nicht fremd. Ihr Magen rebellierte noch einmal, um auf seine Bedürfnisse hinzuweisen. "Es sind drei. Nur drei. Ich könnte es mit allen gleichzeitig aufnehmen", überlegte sie, "wenn ich nicht in diesem Zustand wäre." So beschränkte sich ihre Rolle weiterhin aufs Zusehen und Hungern. Doch schon nach wenigen Minuten wurde die Idylle jäh unterbrochen. Schwere Schritte von Tieren waren zu hören und bald darauf die Stimme eines weiteren Mannes. Der Ruf schreckte die Menschen am Lagerfeuer auf und ließ sie hastig nach ihren Waffen greifen. Doch schon waren zwei weitere Männer in schwerer Rüstung unter ihnen. Der Kampf währte nicht lang. Die Neuankömmlinge waren besser ausgebildet und besser ausgerüstet. Schon bald hatten sie die Frau erschlagen. Die anderen ließen ihre Waffen fallen und gingen mit den Neuen mit.
Valkyrii wartete noch einige Augenblicke, konnte ihr Glück noch nicht ganz fassen. Als keiner der Männer zurück kam, kroch sie hinter dem Fels hervor und setzte sich ans Feuer. Ausgehungert griff sie nach dem Tier über dem Feuer. Der Braten hatte außen schon etwas Kruste bekommen, war innen aber noch roh. Dies scherte Valkyrii jedoch herzlich wenig. Sie schlug die Zähne in das Fleisch und riss es von den Knochen. Blut und Bratensaft liefen ihr gleichermaßen über das Kinn.
Erst als sich an den Knochen nichts essbares mehr fand, warf sie sie fort. Da ihr Magen nun einigermaßen befriedigt war, verlangte auch der Rest ihres Körpers sein Recht. Neben dem Feuer stand ein kleines Zelt, welches Schutz vor dem Regen bot. Sie schleifte den toten Körper des Menschen hinein, damit er keine Aufmerksamkeit auf das Lager ziehen konnte. Die Frau trug einen eisernen Harnisch. Grob gefertigt und aus minderem Material, aber deutlich weniger beschädigt als ihr eigener. Sie zog ihre eigene Rüstung aus, was mit dem zerschlagenen Handgelenk eine wahre Hersauforderung war, und legte sie neben die Matte, die im Zelt lag. In einer unverschlossenen Kiste fand sie verschiedene Fläschchen, welche sie daran erinnerten, wie durstig sie war. Gierig trank sie alle aus, und ließ sich dann auf die Matte sinken.
Wärend sie einschlief dachte sie an die Blutbrunnen und Magickafontänen, die es in jedem Turm gab und die ihr jetzt so schnell geholfen hätten.
in aller Eile schreibe ich diese Zeilen für die Nachwelt, denn ich werde den neuen Morgen nicht mehr erleben. In den Straßen tobt seit Stunden der Kampf. Geschrei, Blut, Waffengeklirr und die Luft riecht nach Magie.
Wie konnte das nur geschehen? Der Weißgold-Turm wird noch vor dem Morgengrauen fallen, wir können nicht mehr standhalten. Ich sollte diese Zeilen eigentlich mit meinem Blut schreiben, doch nutze ich ganz profan die letzte Tinte. Wer von den Unseren nicht nach Valenwood fliehen konnte, der ist dem Untergang geweiht. Die Menschen werden siegen. Wie ist das möglich, dass diese Barbaren, die geboren wurden, uns zu dienen, nun über die uralten Kultur, unsere Macht und unsere Herrschaft triumphieren?
Doch vielleicht sollte ich von vorn anfangen: Mein Name ist Alandiriel und ich bin eine Ayleide. Und bald bin ich tot. Ich werde mein Leben selbst beenden, umso noch im Tod über diese unglaublichen Menschen zu triumphieren. Nein, ich gönne ihnen nicht den Sieg über mich. Ayleiden gehen in Würde.
Diese Alessia, die sie die Sklavenkönigin nennen, wer ist sie? Diese Menschenfrau, diese Barbarin, die zuerst unser Eigentum befreite und dieses nun in den Kampf gegen uns führt. Und auch noch Hilfe bekam von einem, den sie Pelinal nennen und einem Morihaus, der die menschliche Armee anführt. Über seltsame Kräfte verfügen diese. Man sagt, dass Pelinal ein unsterblicher Held, ein Krieger, ein Zauberer sei. Nie hätten wir gedacht, dass es soweit kommen könnte, obgleich einige unserer Älteren bereits vor Monaten Warnungen ausgesprochen hatten. Wir lachten darüber. Hielten es für die Hirngespinste alter Krieger und Magier, die sich noch einmal wichtig machen wollten. Wir Ayleiden waren zu stolz und dies sollte unser Untergang sein. Aber wer hätte schon je geglaubt, dass der Weißgold-Turm fallen könne? Dass diese schier uneinnehmbare Stadt, diese Festung aus Schönheit und Glanz, aus uralter Kultur ihr Ende finden würde? Wir wähnten uns ewig, wo wir doch schon am Ende unserer Zeit angekommen waren.
Warum ich nicht da draußen bin und mitkämpfe in den Straßen? Meine Magie nicht fliegen lasse wie einen Pfeil, der den Feind mit tödlicher Sicherheit durchbohrt? Oder warum ich nicht rechtzeitig nach Valenwood geflohen bin? Nun, bis vor wenigen Stunden war dieser Keller, in dem ich sitze, nur eine Vorraum zu einem Fluchtweg nach draußen. Kinder und alte Leute geleitete ich auf diesen Weg in der Hoffnung, sie würden Valenwood und die Sicherheit der Camoran-Dynastie erreichen. Dann schien auf einmal die Erde zu beben. Trümmer fielen herab und begruben die letzten Flüchtlinge unter sich. Ihre Schreie klingen noch immer in meinen Ohren. Als es endete, war der Gang eingestürzt und nur Staub lag in der Luft. Stille hier unten und von oben klangen noch immer die Kampfgeräusche. Ich weiß nicht, was das Beben ausgelöst hat. Fehlgeschlagene Magie? Ich werde es nie erfahren. Aber ein herabfallender Block einer Säule traf mein Bein und zerschmetterte es. So kann ich nicht kämpfen. Die Schmerzen scheinen alles zu beherrschen, vernebeln meinen Blick. Ich muss mich beherrschen, nicht zu schreien. Und will doch nur in aller Eile noch ein paar Zeilen schreiben. Wenn die Kampfgeräusche draußen enden, dann hat auch unsere Welt ihr Ende gefunden. Dann ist der Weißgold-Turm gefallen und diese elenden Menschen werden die Sieger sein. Was werden sie anfangen mit diesem Sieg? Sie verfügen nicht über unser Wissen, unsere uralte Magie, unsere Kräuterkunde, unsere Alchemie, unsere Weisheit. Sie sind Barbaren, die nach einer Freiheit schreien, die sich nicht verstehen. Barbaren, die sich gegen ihre rechtmäßigen Herrscher auflehnen. Was wird es ihnen bringen? Wird unser Wissen, unsere Kultur für immer verloren sein? Werden zumindest irgendwelche Mer etwas retten können, verstehen können?
Die merethische Ära wird enden. Die Dämmerung der Ayleiden, unsere ganz persönliche Dämmerung hat begonnen. Mögen meine Brüder und Schwestern, die Valenwood erreicht haben, wieder stark werden. Vielleicht können sie eines Tages zurückholen, was uns gehört. Vielleicht ...
Noch immer ist die Luft schwer von Magie, tobt der Kampf in den Straßen, klirren die Waffen, doch immer häufiger hört man Siegesschreie aus menschlicher Kehle, mit ihrer menschlichen barbarischen Stimme ausgestoßen.
Ich hätte mit den anderen fliehen können, doch lehrte man mich schon als Kind, dass Adel verpflichtet. Und so fühlte ich mich verpflichtet, erst die wehrlosesten unserer Leute in die Freiheit zu geleiten. Doch für mich wurde das, was für sie der Weg in die Freiheit wurde, zur tödlichen Falle. Wird einer dieser Flüchtlinge sich später an mich erinnern? Oder werde ich nur eine gesichtslose Erinnerung bleiben? Vielleicht nicht einmal das, denn wer mit dem Überleben beschäftigt ist, hat keine Zeit für Erinnerungen.
Der Kerzenstummel, der neben mir steht, ist fast runtergebrannt. Sich aufbäumend flackert das Lichtlein in der Dunkelheit. So wie wir uns aufbäumen gegen unser unvermeidliches Ende. Die Geräusche oben werden leiser, die Kampfgeräusche lassen nach. Und dann höre ich es: einen Siegesschrei, der aus tausenden von Kehlen stammen muss und doch klingt, wie aus einer. Meine Stadt, meine Stadt gefallen, mein Volk am Ende. Nun ist auch meine Zeit gekommen. Unter Schmerzen schleppe ich mein zerschmettertes Bein nach und humpel zu meinem Beutel. Nehme den Becher raus, der ursprünglich für Wasser gedacht war. Wasser, das ich auf der Flucht trinken wollte. Nun mische ich einige meiner Kräuter, die ich stets mit mir führe, da hinein und fülle diese Mischung, von der ich weiß, dass sie tödlich sein wird, mit Wasser auf. Noch einmal hole ich tief Luft, dann trinke ich den Becher in einem Zug leer. Es gibt keine Rettung. Ich sterbe einzig aus dem Grund, weil ich eine Ayleide bin. Ich gehe nun denselben Weg, den soviele meines Volkes mir vorangegangen sind heute. Die Dämmerung der Ayleiden, sie wird nun zu meiner persönlichen Dämmerung. Mir wird kalt, so kalt. Und ich werde so müde auf einmal. Das Gift wirkt und die Welt versinkt um mich herum, so wie zuvor die Kampfgeräusche schwiegen. Es ... wird ... dunkel ...
hier endet der Bericht in einem Tintenklecks, so als wäre die Feder der Schreiberin mitten im Wort aus der Hand geglitten
Morrowind, Innere See, Irgendwo zwischen Vvardenfell und dem Festland
Was in der Zwischenzeit geschieht... I
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Tirian Morvayn
Frischer Wind, der Geruch von Salz in der Luft und das ächzende Geräusch, das die Balken von sich gaben, begleiteten das Schiff, welches sich unaufhaltsam gegen die recht unruhige See stemmte. Der Himmel war klar, doch der Wellengang dafür besonders stark. Die Männer zerrten an den Seilen und setzten damit Segel, oder zogen sie ein, andere wiederum stemmten sich gegen das Ruder, oder sicherten die Ladung. Der Kapitän brüllte Befehle und die Männer legten sich noch etwas mehr ins Zeug. Trotz all den Mühen und all der Hektik, die herrschten um das Schiff auf seinem Kurs zu halten, stand jemand ungerührt am Bug und blickte auf das weite Meer hinaus. Seine Augen verengten sich um etwas zu erkennen, was noch weit vor ihnen liegen mochte. Das Einzige was er jedoch sah, waren Wolkenberge, die sich am Horizont mindestens turmhoch zusammen brauten. Einer der Schiffsjungen kam zu ihm herüber gelaufen und hielt direkt neben ihm an. Der kaiserliche Junge war der Älteste von den Dreien, die auf dem Schiff ihren Dienst versahen. Mit seinen 16 Jahren würde er auch bald das Schiff verlassen. „Der Kapitän sagte, das er strikt Kurs halten will“: sprach der junge Mann, zu dem nicht wesentlich Älterem. Der Dunmer wandte seinen Blick vom Horizont ab und sah auf den Jungen herab.
„Der Sturm wird schlimm werden. Ich kann sogar zuckende Blitze in den Wolken vor uns erkennen. Doch dahinter liegt Vvardenfell und da muss ich unbedingt hin. Was wolltest du eigentlich?“: reagierte der Dunmer. „Jorus geht es wieder schlechter. Ich fürchte um ihn, wenn wir den Sturm passieren. Ihr müsst doch noch etwas tun können“: bat der Kaiserliche. Jorus war bei einem Angriff von Piraten verletzt worden. Er war drei Jahre jünger, als der Junge der hier vor ihm stand. Er hatte sich zwischen den Kapitän und einen Angreifer geworfen. Sein Bauch war von einem Säbel regelrecht aufgeschlitzt worden. „Tut mir Leid. Ich kann ihm noch etwas gegen die Schmerzen geben, aber mehr liegt nicht im Bereich meiner Möglichkeiten. Ich habe die Wunde grob mit meiner Magie heilen und dann entsprechend verarzten können, aber die Infektion kann er nur alleine durchstehen. Wir haben nicht die Mittel an Bord, die ich bräuchte und wenn dann nur in zu geringer Menge. Er ist stark. Er wird das schaffen Grarius“: machte der Dunmer dem Schiffsjungen Mut, der den Anderen wie einen Bruder sah, schließlich waren sie jetzt vier Jahre gemeinsam auf See. Jorus hatte sich schon immer um die Jüngeren gekümmert. „Aber Herr Morvayn. Er fiebert und krümmt sich vor Schmerzen. Ihr müsst etwas unternehmen“: flehte er dennoch uneinsichtig. „Nein ich kann nichts tun. Viele sind während des Angriffes verletzt worden. Unsere Bestände hatten sich schon vor dem Angriff reduziert gehabt, aber jetzt ist kaum etwas da. Wir sind gewiss noch eine Weile bis Vvardenfell unterwegs. Wir müssen mit dem wenigen haushalten was wir haben. Und wenn ich jetzt noch den letzten Rest für eine zu geringe Dosis aufbrauche, dann wird es kaum eine Wirkung haben, aber für den Ernstfall ist dann nichts mehr da“: versuchte er Grarius einzuschärfen, doch uneinsichtig wie man in dem Alter ist, verzog er bloß wütend das Gesicht und stürmte davon.
Er hatte Mitleid mit ihnen, doch er musste an das Wohl der Besatzung denken. Aus den letzten Kräutern konnte er immer noch viel Salbe für die vielen leichten Wunden machen, die der Piratenangriff geschlagen hatte, sollten sich diese entzünden. Doch einen Trank für den Jungen zu brauen, würde, damit er wirklich wirkt, viel mehr brauchen. Er war der Schiffsarzt und musste das Wohl des Ganzen über das Einzelner stellen, denn davon hing womöglich ihr aller Überleben ab. Dennoch konnte und wollte er den kleinen Jungen nicht einfach sich selbst überlassen. Er überlegte, wie zuvor schon, was er machen könne. Doch im Vergleich zu vorher kam ihn jetzt ein Einfall. Sie hatten in Schwarzmarsch einen Stopp eingelegt und hatten Fracht an Bord genommen, welche für den Tempel in Vivec bestimmt war. Eine Menge Fracht, darunter aber auch ein Päckchen, welches einen seltsamen Geruch verströmt hatte. „Womöglich sind da Heilkräuter drin“: überlegte er. Er wandte seinen Blick vom Meer und den schwarzen Wolken am Horizont ab und suchte den Kapitän in der Menge. Er stand oben beim Ruder und gab immer noch Anweisungen und half den Männern dabei, das Steuerrad eingeschlagen und das Schiff damit auf Kurs zu halten. Er bahnte sich einen Weg durch die eifrig beschäftigten und schwitzenden Matrosen und erklomm die kleine Treppe zum höher gelegenen Steuer. „Ah Tirian. Was gibt es?“: fragte der sonst wortkarge Mann. Er redete nicht gern lange um den heißen Brei.
„Dem Schiffsjungen Jorus geht es sehr schlecht. Sein Körper kämpft gegen die Infektion, aber ohne Medizin fürchte ich...“: erklärte er, doch der Kapitän schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. „Was wollt ihr?“: fragte er knapp. Tirian schluckte. „Ich habe nicht ausreichend Kräuter für eine Medizin, doch in Schwarzmarsch haben wir Güter für den Tempel geladen. Ich glaube es war auch ein Päckchen mit Kräutern dabei...“: fuhr der Dunmer fort. „Und ihr wollt es haben?“: fragte der Schiffführer ohne ihn anzuschauen. „Ja“: antwortete der Heiler knapp. „Wir kaufen und verkaufen Waren, oder transportieren sie gegen Gebühr. Damit verdienen wir unser Geld. Doch was würde der Kunde sagen, wenn die Ladung nicht vollständig ankäme, zumal der Empfänger der Tempel ist. Er braucht die Kräuter gewiss zu ebenso wichtigen, wenn nicht wichtigeren Zwecken. Außerdem hat sich diese Mannschaft noch nie an der Ladung bereichert, so lange ich hier Kapitän war. Und so lange ich das auch weiterhin bleibe, solange wird sich das nicht ändern. Wir haben eine Verantwortung“: lehnte der Seemann ab. „Und ich trage die Verantwortung für das Überleben dieser Mannschaft und als Heiler auch dafür, jedem zu helfen, der in Not ist. Ich habe einen Schwur darauf geleistet“: protestierte Tirian. Sein Gesprächspartner drehte sich ruckartig um und schaute ihm tief in die Augen. „Geht unter Deck und tut für den Jungen was ihr könnt, auch mir tut es Leid was mit ihm geschehen ist, aber es ist nicht zu ändern. Ich werde meine Prinzipien, auf denen das Vertrauen unserer Kunden aufbaut, nicht über Bord werfen. Ihr mögt eure Verantwortung haben, aber als Kapitän ist dies die Meine“: fuhr er ihn in erhobenem Ton an.
Tirian hielt nur einige Momente den wilden Blick stand, dann wandte er sich ab und ging. „Aber vergesst nicht, das er es gewesen ist, der euch vor dem Piraten gerettet hat und den Streich abfing, der euch getötet hätte“: sagte Tirian laut bevor er unter Deck verschwand. Die kurze Regung im Gesicht des Kapitäns, bekam er nicht mehr mit. Als er in das, von kleinen Öllampen erhellte, Zwielicht des Schiffes eindrang, wartete bereits jemand auf ihn. Grarius lehnte an einer Wand und schaute ihn an. Der vorherige Zorn war aus seinen Zügen gewichen. „Das vorhin tut mir leid“: entschuldigte er sich, doch Tirian winkte ab. „Ich hätte an deiner Stelle wahrscheinlich genauso gehandelt“: sagte er. Gemeinsam betraten sie die kleine Kajüte in der die drei Jungen untergebracht waren. Einfache Strohlager dienten den Jüngsten als Schlafplatz. Dem Ältesten hatte man eine Koje zugestanden. Doch jetzt lag Jorus darin. Grarius hatte ihm das Bett vermutlich überlassen. Der achtjährige Justus, der Jüngste lag neben ihm auf dem Boden und war eingeschlafen. Auch jetzt noch konnte Tirian die getrockneten Tränen auf dem Gesicht erkennen. Im Gegensatz zu Grarius der Jorus wie einen Bruder behandelte, aber nicht mit ihm verwandt war, war Justus wirklich sein Bruder. Die beiden waren Waisen, die sie in Vvalenwald aufgegabelt hatten. Grarius hatte sich um sie gekümmert und sie waren dann einfach bei ihnen geblieben und Schiffsjungen geworden. Der Älteste legte den kleinen Jungen vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, auf das Stroh und deckte ihn mit einer Plane aus Sackleinen zu.
Tirian besah sich derweil den sich umherwälzenden Jorus. Er schien einen Alptraum zu haben. Das Gesicht war fahl, total bleich und die Kleidung war voller Schweiß. Der Atem ging schnell, aber schwer. Er legte ihm die Hand auf die Stirn und war erstaunt über die Wärme, die diese ausstrahlte. Er schlug die Decke zurück und zog das einfache Hemd des jungen hoch und begutachtete den Bauch. Die Wunde hob sich deutlich rot von der ansonsten fahlen Haut ab. Er hatte sie grob geschlossen und das Fleisch zusammenwachsen lassen mit seiner Magie und den Rest genäht. Doch selbst der klare Schnaps, den er in die Wunde gekippt hatte, hatte eine Infektion nicht verhindern können. Eiterflüssigkeit lief hier und dort aus der Narbe. Er konzentrierte seine Magie um die Wunde zu untersuchen und fuhr mit dem Finger nach. „Zumindest hat der Schnaps etwas Wirkung getan. Sie ist noch nicht allzu schlimm, aber es ist dennoch ernst“: dachte er. Die Salbe für die einfachen Wunden würde hier nicht helfen und er war magisch eher auf das Heilen von Fleischwunden und Knochenbrüchen spezialisiert. Gegen Infektionen und Krankheiten nutzte er die Alchemie und damit die heilende Wirkung von Kräuter, Tränken und Salben. „Wie steht es um ihn“: fragte Grarius. Die Sorge in der Stimme war überdeutlich. Tirian schüttelte den Kopf.
„Nicht gut. Du hattest Recht. Der kommende Sturm wird es nur noch schlimmer machen. Aber du musst mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich nichts für ihn tun kann, im Moment“: sagte der Heiler ebenfalls betrübt. Eine kleine Träne rann über Grarius Wange und fiel dann zu Boden. „Am besten du schläfst mit seinem Bruder diese Nacht in meiner Kabine. Ich werde hier bleiben und versuchen mein Leben mit ihm zu teilen“: schlug er nachdenklich vor. Beim letzten Satz wurde der Junge irgendwie blass. „Was bedeutet das?“: fragte er. „Ich kann seine Wunden mit meinen magischen Künsten nicht heilen, aber ich kann ihm mit ihrer Hilfe etwas von meiner Kraft geben. Sein Wille ist stark und sein Körper kämpft, aber ich fürchte er könnte verlieren“: erklärte Tirian das magische Verfahren. „Und es kann sein Leben retten?“: fragte Grarius noch mal zur Bestätigung. Der Heiler wich seinem Blick aus und strich Jorus durch das nasse Haar. „Ich hoffe es inständig, aber ich kann nichts versprechen. Sein Körper wird damit noch etwas länger durchhalten, aber wenn er nicht bald geheilt wird, kann ich ihm nicht mehr helfen“: sagte er mit Resignation in der Stimme. Er war zwar nicht bereit den Kaiserlichen aufzugeben, aber es stand tatsächlich schlecht um ihn. „Kann ich etwas tun“: fragte der junge Mann und Tirian nickte. „Hol abgekochtes Wasser und einen Lappen. Ich bereite derweil etwas zur Senkung des Fiebers vor“: wies der Schiffsheiler ihn an und beide verließen schnell den Raum.
Er konnte er deutlich erkennen, das es Grarius schmerzte seinen „Bruder“ auch nur einen Moment allein zu lassen, aber er tat was er tun musste. Tirian beeilte sich ebenso und langte an seiner Kammer, den Gang hinunter, an. Er öffnete die Tür und schon kam ihm der unverwechselbare Duftschwall entgegen. Es war der typische Geruch seines Quartiers nach exotischen Kräutern, Tinkturen und altem Papier. Die Kammer war vergleichsweise groß, aber im Vergleich zu einem Herbergszimmer noch recht klein. Ein Schreibtisch auf dem seine alchemistischen Gerätschaften nebst einer Öllampe standen, ein Stuhl davor, in der Ecke zwei längliche Schränke für Zutaten und Tränke, Tinkturen oder Salben, ein Regal mit Büchern über die Heilkunde, die Alchemie und die Magie sowie ein paar wenige Romane und natürlich sein Bett. Alles stand relativ dicht an dicht, damit alles in den kleinen Raum passte. Um das Fiebermittel herzustellen brauchte er nicht viel. Er hatte bereits eine Grundflüssigkeit angerührt. Man musste der Grundflüssigkeit nur noch ein oder zwei zusätzliche Zutaten zufügen und schon hatte man einen gewünschten Trank. Er hatte die Methode entwickelt, als er festgestellt hatte, dass einige Medikamente auf einem gleichen Grundstock von Kräutern basierten. In diesem Fall rührte er in das bereit abgefüllte Fläschchen noch zerriebenes Hustengras ein und in ein anderes etwas Schwarze Flechte. Ersteres dürfte das Fieber senken, Zweiteres als leichtes Schlafmittel dienen, denn Schlaf war das, was der Junge ebenfalls dringend brauchte.
Er entzündete eine kleine Kerze und hielt die beiden Glasfläschchen darüber und erwärmte die Flüssigkeit darin. Der Nachteil an den Grundflüssigkeiten bestand darin, dass sie danach nochmals erhitzt werden musste, damit sie sich auch mit der neuen Zutat verband. Außerdem musste man mit der Dosierung des zusätzlichen Inhalts aufpassen, denn da das Ganze danach nicht noch mal destilliert wurde, konnte es unter Umständen giftig sein, aber inzwischen hatte Tirian ein gutes Gespür dafür bekommen. Er ließ die Flüssigkeit in den Fläschchen kreisen und als er sie für gut befand, blies er die Kerze aus und eilte zurück zum kranken Jorus. Grarius war nur kurz vor ihm angekommen und hatte den Eimer mit warmem Wasser, neben den Kranken gestellt. „Gut wir werden die Wunde noch einmal ausspülen müssen“: sagte Tirian, als er sich neben die Koje kniete. Der Eiter saß unter der Naht und griff den Körper zusätzlich an. Er wollte sie, aber nicht wieder öffnen. Er hatte sich daher etwas anderes überlegt. Es würde insgesamt wohl nur wie ein Tropfen auf dem heißen Stein wirken, aber ihnen etwas Zeit verschaffen. Er nahm einen Beutel aus seiner Manteltasche und kippte auf seine Handfläche aus. Es viel ein kleiner Quader aus einem wächsernen Stoff heraus. Er brach ein Stück davon ab und verstaute den Rest wieder in dem Beutel. „Das ist Kreckenseife und schon mit einigen Kräutern vorbehandelt“: erklärte er und löste sie in dem Wasser auf.
„Es sollte desinfizierend wirken. Ich werde das obere und das untere Ende der Wunde öffnen. Der Schnitt war tief und breit. Er dürfte noch nicht zusammengewachsen sein. Wir werden das Wasser in die Wunde kippen und sie damit spülen. Ich muss sie nicht wieder vollständig öffnen und wir können die Entzündung etwas lindern. Mit dem Rest des Wassern werden wir dann die Stirn kühl halten“: erläuterte Tirian das Vorgehen und Grarius nickte verhalten, als der Heiler einen Dolch zog und ihn im dem Seifenwasser reinigte. Er setzte am oberen Ende der Narbe an und trennte eine Nahtstelle auf und schnitt etwas ins Fleisch. Das gleiche machte er unten. Das Blut tupfte er ab. Grarius entnahm etwas von dem Wasser mit einem Tonbecher, der in der Nähe stand und kippte es langsam in den Wundkanal. Jorus Gesicht verzog sich augenblicklich vor Schmerz, doch er bäumte sich nicht auf, vermutlich fehlte im inzwischen die Kraft dafür. Tirian drückte fest auf die Wunde das Wasser sollte soviel wie möglich herauslösen. Dann richteten sie den Jungen auf und Tirian drückte das Wasser unten wieder hinaus. Diese Prozedur wiederholten sie noch drei Mal bis der Auslauf sauber war. Zuvor hatte man gut Eiter und ausgeschwemmtes eitriges Gewebe erkennen können. Die neuerlichen leichten Einschnitte heilte er mit Magie. Dann legte er seine Hände an den Eimer mit dem warmen Wasser.
„Halt deine Hand hinein“: bat er Grarius und der Kaiserliche tat wie ihm geheißen. „Fühlst du etwas?“: fragte Tirian ihn. Er konnte sehen wieder der etwas Jüngere seine Augen schloss und sich konzentrierte. „Ja es wird schnell kälter“: antwortete er dann. „Sag Bescheid wenn es unangenehm an der Haut wird“: bat der Heiler und nach weiteren zwei Minuten zog er die Hand aus dem Wasser. Sie war gerötet. Tirian selbst testete nochmals die Temperatur und war ebenfalls zufrieden. „Wie habt ihr das gemacht“: fragte Grarius erstaunt. „Es gibt noch mehr Möglichkeiten Magie einzusetzen, als nur für das Heilen. Jetzt weiche den Lappen ein und leg ihn auf die Stirn“: wies er ihn jetzt an. Noch während der Kaiserliche machte was er sollte, drückte der Dunmer dem Kranken den Kiefer auseinander und ließ und ihn nacheinander die beiden Mittel schlucken. Die Augenlider flatterten kurz auf und sahen in Grarius Gesicht, als dieser den Lappen auf der Stirn platzierte. Der Junge verzog vor Ekel das Gesicht. Tirian wusste das die Medizin nicht unbedingt gut schmeckte, aber sie würde vorerst helfen. „Trink das“: bot er ihm sauberes Wasser aus einem Krug an und der Junge stürzte es in einem Zug herunter, bevor er zurücksank und die Augen wieder schloss. „Er wird jetzt schlafen. Am besten du gehst jetzt mit seinem Bruder in meine Kammer. Ich bleibe jetzt bei ihm“: schlug Tirian vor, der für den Zauber Ruhe und Konzentration brauchte. Er musste schließlich seine Energie im Körper des anderen auch richtig verteilen. Grarius legte sich Justus über die Schulter, doch bevor er den Raum verließ, wandte er sich noch mal um. „Wird er es schaffen?“: fragte er zum wiederholten Male. „Wir werden es sehen müssen. Bete am besten zu den Göttern. Ich werde es ebenfalls tun“: sagte Tirian und wandte sich ab, genau wieder Kaiserliche der hinter sich die Tür schloss. „Ich bete für uns alle“: fügte der Heiler gedanklich an und dachte dabei an den Sturm, auf den der Kapitän direkt zuhielt.
Morrowind, Innere See, Irgendwo zwischen Vvardenfell und dem Festland
Behutsam griff er nach der Hand von Jorus. Sie fühlte sich feucht und kalt an und lag in seiner eigenen Hand wie ein toter Fisch. Er tastete sich nach oben bis zum Handgelenk und presste einen Finger auf die Ader um den Puls zu fühlen. Er erschrak, als er bemerkte, dass kaum etwas zu fühlen war. Doch dann beschleunigte er sich plötzlich. Tirian legte dann seine Hand auf das Herz des jungen und fühlte, das es wie wild raste. Dann als sich der Herzschlag wieder beruhigte, war der Puls wieder fast null. „Ich muss mich beeilen“: stellte der Heiler fest. Er richtete das Strohlager neben der Koje her und legte sich direkt neben Jorus auf den Boden. Dann ergriff er wieder dessen Hand und schloss die Augen. Er spürte sofort, dass der Wellengang draußen langsam stärker wurde. Er hoffte inständig, dass sie die Nacht überstehen würde. Sie würden sich nun bis zum nächsten Morgen ein Leben teilen. Minutenlang lag er einfach nur so da und versuchte seine eigenen Gedanken und seinen Herzschlag zu beruhigen und zu fokussieren. Sein Atem wurde langsam und kam in immer längeren Abständen und sein Herz schlug nur noch alle paar Sekunden. Man hätte ihn für einen Schlafenden oder Toten halten können. Äußerlich bewegte sich an ihm nichts mehr, aber in seinem Kopf arbeitete es wie wild. Er blendete alle unnützen Gedanken und die gesamte Umwelt aus. Langsam verblassten die knarrenden und ächzenden Geräusche des Schiffes, das Schaukeln und Wackeln und auch der Geruch der salzigen Luft und muffigen Kabinen. Alle seine Sinne richteten sich nur noch auf Leben und Magie in sich und das Leben des Jungen aus.
Langsam sandte er Energie in Jorus geschwächten Körper und begann diesen zu ergründen. Nach einer gewissen Zeit in der er sich auf das Leben des Anderen einstellte, schien es als würde ihm eine Binde von den Augen gerissen. Er konnte alles erkennen. Die verbliebende Kraft des Kaiserlichen, die er als langsam schwindendes Feuer visualisiert hatte und die dunklen fast kraftleeren Zonen in den Gliedmaßen und sogar schon bei einigen Organen. Die Flamme des Lebens zog sich dabei immer weiter in Richtung Herz zurück. Er wurde schwächer. Langsam knüpfte Tirian ein Band zwischen sich und dem Patienten und schon floss die Energie zwischen ihnen hin und her. Er verteilte soviel er konnte gleichmäßig in Jorus‘ Körper und konzentrierte sich dann auf den Lebenskreislauf zwischen ihnen. Der Heiler hoffte den Jungen die Nacht überstehen lassen zu können und genug Kraft für die restliche Fahrt nach Vvardenfell zu geben, wo es Kräuter gab und fähigere Heiler, als er es war. Während sie so dalagen verfiel der eine mit deutlich gemäßigterem Herzschlag in Schlaf und friedliche Träume, während der andere in eine traumlose und kräftezehrende Trance verfiel.
Erst der nächste Morgen brachte wieder Licht in das Dunkel, das ihn ereilt hatte. Das Kreischen von Möwen und die Wärme der Sonnenstrahlen, die auf sein Gesicht fielen, weckten ihn aus seiner Trance auf. Jetzt nahm er langsam wieder bewusst die Verbindung mit Jorus wahr. Er hatte sich etwas erholt und der Zustand war nicht mehr so kritisch wie am Vorabend, aber Tirian gab sich auch keinen falschen Vorstellungen hin, wusste er doch, dass sie damit nur etwas Zeit gewannen. Er schickte noch einen Schub seiner eigenen Kraft in den Körper des Jungen hinüber und trennte dann die Verbindung zwischen ihnen. Ganz langsam öffnete er seine Augen und begann seine Glieder zu bewegen. Er wollte keinen Schock riskieren. Er musste warten damit sich Herz und Atmung, also sein ganzer Kreislauf, wieder auf den normalen Betrieb umstellen konnten. Nach einigen Minuten glaubte er dann soweit zu sein und setzte sich auf und unternahm einige Versuche aufzustehen, was aber erst beim dritten Mal klappte. Er stützte sich an einer der Wände ab und besah sich den Jungen, der immer noch in dem Bett lag und vor sich hin schlummerte. „Ich werde dich auf jeden Fall retten“: versprach Tirian ihm in Gedanken. In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen. „Wie gut, dass ihr schon wach seid. Ihr könnt die Medizin für Jorus doch herstellen“: prasselten Grarius‘ Worte auf ihn ein. „Ich sagte dir schon einmal, dass ich nicht mehr genug Kräuter für die Mixtur habe“: versuchte Tirian abzuwürgen, doch der Schiffsjunge ließ sich nicht aufhalten. „Doch habt ihr“: sagte er und drückte ihm ein Bündel der Kräuter in die Hand, die er für die Medizin brauchen würde.
„Wo hast du denn das her?“: fragte der Heiler ganz erstaunt. „Ihr scheint nicht allzu sorgfältig in eurem Vorratsschrank geschaut zu haben. Nebst dem Wenigen was ihr auch gesehen hattet, klemmten noch einige Kräuter hinter einem großen Glas. Da waren diese mit darunter“: erklärte Grarius das plötzliche Auftauchen. Dem Heiler kam das zwar merkwürdig vor, denn er war sich eigentlich seiner eigenen Ordnung sehr sicher, aber zuckte nur mit den Schultern. „Dann werde ich sofort die Medizin herstellen. Umso schneller Jorus sie bekommt, umso besser“: sagte er, schnappte sich das Kräuterbündel und eilte zu seiner Kammer. Als er dort ankam, fand er den Jorus‘ Bruder Justus schnarchend in seinem Bett vor. Er lächelte, als er sich an den Schreibtisch setzte und seine alchemistischen Gerätschaften zur Hand nahm. Er zerstieß die Kräuter im Mörser zu einem grün-bräunlichen Brei, mischte noch ein paar andere Kräuter unter und pürierte das Ganze nochmals. Den Brei tat er dann in einem Glaskolben und stellte ihn in den eisernen Halter über einer Art kleiner Eisenpfanne. Tirian zog ein Stück Kohle aus einer Schreibtischschublade und legte es in die Pfanne. Dann zündete er es an, indem er einige kleine Funken von seinen Fingern auf das Stück überspringen ließ. Rasch brannte es und gab eine Menge Wärme ab. Er goss Wasser in den Kolben und sah zu, wie es zu kochen begann. Blubbernd stieg der Wasserdampf oben aus der Kolbenöffnung. Nach geschätzten drei Minuten aufkochen, drehte er ein kleines Ventil und durch eine angeschlossene Glasröhre lief die Flüssigkeit. Sie passierte mehrere Filter bevor sie in ein weiteres gläsernes Behältnis floss. Auch hier legte er ein Stück Kohle unter und zündete es an. Nach wenigen Minuten verdampfte die Flüssigkeit und zurückblieb ein grüner Staub – das Konzentrat. „Dieser Heiltrank wird den Jungen in jedem Fall wieder auf die Beine bringen“: dachte er und kratzte das Pulver zusammen um es wieder in eine seiner bereits mit Grundflüssigkeit bestückten Fläschchen einzurühren. Dann erhitzte er die Flüssigkeit über der noch brennenden Kohle, damit sich die beiden Bestandteile auch gut miteinander verbanden. Schließlich löschte er die beiden glimmenden Stücke und hielt den Trank prüfend gegen das Licht und schwenkte etwas die Flüssigkeit hin und her. Als er zufrieden war, verkorkte er das Fläschchen und verließ den Raum.
Er achtete darauf die Tür leise zu schließen, um Justus nicht aufzuwecken – sollte der Junge ruhig noch etwas schlafen. Dann machte er sich zurück zur Kabine der Schiffsjungen um Jorus den Trank schnellstens zu verabreichen. Doch vor der Tür der Kammer wurde er aufgehalten. Zwei Männer standen dort und hielten ihn auf. „Was ist hier los?“: verlangt er zu wissen. Doch noch bevor der Matrose auf die Frage antworten konnte, trat, dicht gefolgt vom stämmigen 1.Maat, Grarius heraus. Die Hände hatte man ihm gefesselt und jetzt wurde er brutal vorneweg gestoßen. „Was macht ihr da mit ihm“: schrie er den 1.Maat an. Der bullige Kerl drehte sich um und sah ihn abschätzig an. „Ah ihr könnt gleich mitkommen“: sagte er und sofort packten ihn die beiden Matrosen und verdrehten ihm die Arme auf den Rücken. Sie stießen sie vor sich her, durch den Bauch des Schiffes und dann die kleine Holztreppe hoch an Deck. Er war einen Moment regelrecht blind, als er aus dem Zwielicht des Schiffsinneren in das Tageslicht stolperte. Tirian blinzelte um die leuchtenden Punkte zu vertreiben, die ihm die Sicht nahmen. Als ihm das gelungen war, schaute er jedoch in das missgünstig dreinblickende Gesicht des Kapitäns. „Wo sind sie?“: verlangte dieser zu wissen und richtete die Frage nicht nur an ihn, sondern auch an Grarius neben ihm. Er selbst hatte keine Ahnung was er meinte und Grarius erweckte auch nicht den Eindruck, als würde er irgendetwas sagen wollen. „Was meint ihr?“: fragte der Heiler nun zögernd. „Ich will wissen wo das Diebesgut ist!“: schrie er. „Ihr seid zwar der Schiffsheiler, aber ich werde bei Verletzung der Bordregeln auch euch gegenüber keine Nachsicht walten lassen“: fügte der Mann noch an. „Was für Diebesgut?! Ich weis überhaupt nicht wovon ihr redet“: stieß Tirian ehrlich hervor. „Stellt euch nicht dumm. Ihr wart es doch sicher gewesen, der Grarius dazu angestiftet hat, die Heilkräuter zu stehlen. Also WO SIND SIE?!“: warf der Kapitän ihm wütend hingegen. Sofort fiel sein Blick auf Grarius, doch dieser wandte sich ab und vermied es ihm in die Augen zu sehen. Von einem Moment auf den anderen wurde ihm klar, woher die Kräuter für den Trank plötzlich gekommen waren.
„Versucht es nicht zu leugnen. Man hat Grarius gesehen, wie er in der letzten Nacht aus dem Laderaum geschlichen war, obwohl er um die Zeit dort nichts zu suchen hat. Und heute Morgen war das Päckchen, welches ihr mir gegenüber gestern noch erwähnt hattet, weg. Ihr seht leugnen hat keinen Sinn, also wo sind die Kräuter. Wenn ihr gesteht und es mir sagt, werde ich davon absehen dir die Hände abhacken zu lassen“: sagte der Kapitän streng, als Tirian keine Antwort gab. „Ich besitze die Kräuter nicht mehr, ich habe einen Heiltrank daraus hergestellt. Grarius hatte mir erzählt, das er die Kräuter in meinen Vorratsschrank versteckt gefunden hatte. Und ich habe einen Trank für seinen Bruder gemischt“: berichtete der Dunmer wahrheitsgemäß. Der Schiffsobere schaute ihm tief in die Augen, wohl um die Lüge in der Aussage zu finden, wandte sich dann aber unzufrieden ab, weil er keine finden konnte. „Lasst ihn los!“: befahl er seinen Männern und sie gaben seine Arme wieder frei. Dann wandte er sich Grarius zu. „Du hast es gestohlen um deinen Bruder zu retten. Ein uneigennütziger Grund, aber Diebstahl ist Diebstahl. Ich werde nur davon absehen, dir die Hand abzuschneiden, aber im nächsten Hafen übergebe ich dich der Wache. Sperrt ihn in die Brigg. Er bekommt nur Wasser“: befahl er, doch Tirian entdeckte ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen. Scheinbar wollte er nur, dass Jorus die Medizin bekam. „Und du Tirian händigst mir jetzt den Trank aus, womöglich nimmt ihn der Tempel anstelle des Kräuterpäckchens“: verlangte der Kapitän und ruckartig verharrte Grarius mitten im Schritt. „Aber ich könnte damit den Jungen behandeln“: wandte er sofort ein. „NEIN! Wir hatten einen Transportauftrag. Es ist schlimm genug, dass die gewünschten Kräuter weg sind. Und ich bin nicht gewillt den Gegenwert auch noch herzugeben. Es steht der Ruf dieses Schiffes auf dem Spiel – mein Ruf“: ließ er es nicht zu und Tirian zog das Fläschchen mit der grünlichen Flüssigkeit aus seiner Tasche. „Ich bitte euch. Sein Zustand ist zwar zurzeit stabil, aber wer weis wie lange das bleibt. Vielleicht wird er bis Morrowind durchhalten, vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall sollte man die Krankheit so schnell wie möglich behandeln, egal wie schwerwiegend sie ist. Wer weiß was für bleibende Schäden zurück bleiben könnten“: versuchte Tirian es nochmals, doch er blieb eisern. „Und selbst wenn er sterben sollte, ich werde den Ruf dieses Schiffes und dieser Crew nicht gefährden. Wo kommen wir denn dahin, wenn die Matrosen sich einfach an der Fracht der Kunden bereichern. Und jetzt her mit dem Trank!“: stellte er klar und verlangte nochmals die Herausgabe des Trankes.
Tirian resignierte und war bereit es ihm zu übergeben. „Er wird vielleicht sterben“: murmelte er. „Damit muss jeder auf diesem Schiff rechnen. Eine Welle, Piraten, Seeungeheuer, Krankheit alles kann das Ende bedeuten“: sagte der Kapitän nur gleichgültig und der Heiler streckte ihm die Hand mit der Flasche entgegen. In diesem Moment trennte Grarius den Strick an seinen Handgelenken, mit der Klinge des Säbels, des Matrosen auf, der ihn festhielt und riss sich los. Seine Hände glitten schnell am Rücken unter sein Hemd und schon blitzte etwas Metallisches in der einen Hand. Er schien etwas aus dem Bund der Hose gezogen zu haben. Er stürmte vor und ergriff den Kapitän von hinten. Tirian glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er den Schiffsjungen mit einem Fischmesser an der Kehle des Kapitäns sah. „Keine Bewegung oder er stirbt. Ihr tu jetzt was ich sage und niemand wird verletzt“: verlangte er lautstark, so das ihn jeder hören konnte. Erschrocken sogen die Männer um ihn herum die Luft ein und hielten sie angespannt an. Alle Blicke waren nun auf ihn, den Schiffsjungen und ihren bedrohten Kapitän gerichtet. „Herr Morvayn gehen sie unter Deck und verabreichen sie Jorus den Heiltrank“: befahl er. Tirian noch etwas neben sich reagierte erst gar nicht, bis Grarius den Druck des Messers auf den Hals des Kapitäns etwas verstärkte und ein kleiner Bluttropfen herunter lief. Sofort fing er sich, nickte heftig und rannte unter Deck um den Trank zu verabreichen. Schnellstens war er bei Jorus im Zimmer.
Justus war inzwischen aufgestanden und stand nun neben dem Bett. „Was ist denn da oben los? Und wo ist Grarius“: fragte er als Tirian hereinkam. „Nichts Besonderes und Grarius ist gerade mit etwas wichtigem beschäftigt. Aber gut das du hier bist. Ich habe eine Aufgabe für dich. Du musst mir jetzt helfen, damit es deinem Bruder bald wieder besser geht. Machst du das“: fragte er und setzte ein Lächeln auf, von dem er selbst ahnte, das es ziemlich verunglückt aussehen musste. „Gut mach ich, damit Jorus schnell wieder gesund wird“: versicherte er und Tirian atmete auf. Er wollte nicht, dass der Junge mitbekam, was da oben vor sich ging. „Gut ich verabreiche deinem Bruder jetzt den Heiltrank und du achtest bitte darauf, ob sich bei ihm irgendwelche Nebenwirkungen zeigen, wie krampfen oder Atemnot. Das ist sehr wichtig“: bläute ihm der Heiler ein. Eigentlich konnte nichts passieren, aber er brauchte einen Vorwand um den Jungen hier festzusetzen. Er hob den Kopf von Jorus leicht an und drückte ihm wieder den Kiefer auseinander. Der Schluckreflex sorgte dafür, dass der Trank langsam aus der Flasche raus und in den Schiffsjungen hinein floss. Wenn alles gut ging, dann würde er bald aus seiner Bewusstlosigkeit aufwachen. „Hoffentlich ist es bis dahin vorbei“: dachte er und erhob sich wieder. „Pass gut auf ihn auf. Ich muss noch etwas mit dem Kapitän besprechen“: sagte er zu Justus, bekam ein Nicken und war dann auch schon auf dem Rückweg an Deck.
In der Zwischenzeit hatte sich der 2.Maat unbemerkte an die Brüstung des erhöhten Steuerstands herangeschlichen. Die Armbrust in seiner Hand hatte er bereits gespannt. Er steckte sie zwischen den Holzstäben der Brüstung hindurch und begann den scheinbar wahnsinnig gewordenen Schiffsjungen ins Visier zu nehmen.
„Ich habe ihm den Trank verabreicht. Wenn alles klappt, dann dürfte es ihm bald besser gehen. Und jetzt lass den Kapitän los Grarius“: sagte Tirian als er vollkommen außer Atem auf das Deck stürzte. Grarius vorher ernste Augen wurden nun etwas weicher, als würden sie „Danke“ sagen.
Soweit er sehen konnte, hatte man ihn glücklicherweise nicht bemerkt. Womöglich hätte ihn noch jemand durch sein Verhalten verraten. Doch dann sah er, dass ihn doch jemand bemerkt hatte. Der Kapitän sah ihn direkt an. Seine Augen hatten einen konzentrierten Ausdruck. Zum Zeitpunkt, als der Schiffsheiler wieder aufgetaucht und der Geiselnehmer abgelenkt war, nickte er ihm zu. Demnach würde es gleich soweit sein. Er zielte auf die Brust des Mannes und wartete auf seine Chance.
„Bitte lass ihn los Grarius“: bat Tirian, der nicht wollte das der Kaiserliche jemanden umbrachte und damit sein Leben ruinierte. Langsam nahm Grarius das Messer runter. Es war jetzt nur noch auf Brusthöhe. Doch bevor der Schiffsjunge den Kapitän ganz freigeben konnte, reagierte dieser selbst. Er rammte ihm den Ellenbogen in die Seite und stieß ihn von sich. Er kam frei und warf sich augenblicklich zur Seite.
Der Moment auf den er gewartet hatte, war gekommen. Der Kapitän war aus der Schussbahn. Sofort schoss er den Pfeil auf die ungeschützte Brust des Wahnsinnigen ab.
Es war nicht mehr als ein kurzes Zischen und eine Art Blitz der durch die Luft direkt an ihm vorbei zischte. Noch bevor der Kapitän auf den Planken aufkam, schlug ein Pfeil oder ein Bolzen, Tirian konnte nicht erkennen was genau, in Grarius‘ Körper ein. Ein erstickter Schrei und er kippte nach hinten, auf die Planken, um. Einen Moment war er, vom Schock gerührt, wie erstarrt, doch im nächsten Moment fing er sich und seine Instinkte als Heiler griffen. Er lief sofort zu dem röchelnden Grarius hinüber. Den Kapitän, der sich beim Fallen anscheinend den Arm verstaucht hatte, ignorierte er einfach.
Augenblicklich kniete er sich neben ihn und riss ihm das dünne Leinenhemd auf. Der Bolzen, wie er jetzt erkannte, hatte den dünnen Stoff mit Leichtigkeit durchschlagen und war tief in die Brust eingedrungen. Grarius hustete Blut aus. Seine Augen weiteten sich, als er erkannte, dass das Geschoss einen Lungenflügel durchbohrt haben musste. Jetzt lief Blut in das lebenswichtige Atmungsorgan. Doch noch schlimmer als die Erkenntnis, dass der junge Mann sterben würde, war für ihn die Feststellung nur hilflos daneben sitzen zu können. Nur noch Magie konnte ihn jetzt retten, doch er besaß dazu nicht die nötige Stärke, noch das nötige Wissen. „Wie steht es um mich Doc?“: fragte er und biss die Zähne mehrmals vor Schmerzen zusammen, bevor er noch eine Ladung Blut hustete. „Du darfst nicht sprechen!“: sagte der Heiler eindringlich, zog den Bolzen heraus und presste im selben Augenblick die Hände auf seine Brust um die Einblutungen zu stoppen und vor allem um das Loch in der Lunge zu schließen. Er tat alles was er konnte und verwandte beinahe seine gesamte Energie, doch es half nicht. Er schaffte es nicht. „Ich werde sterben, nicht?“: stellte er fest und Tirian nickte traurig, als auch er feststellte, das es keinen Zweck hatte. Grarius spuckte noch eine Ladung Blut aus. „Wie geht es Jorus. Wird er es schaffen?“: fragte er und seine Augen wurden langsam glasig. „Ja er wird durchgekommen. Er wird durchkommen“: sagte Tirian und ihm standen bereits Tränen in den Augen. „Kümmer dich gut um die beiden Brüder. Versprich es mir“: verlangte er, packte die Hand des Heilers und krampfte dann. „Ich verspreche es“: versicherte Tirian schnell und Grarius bäumte sich ein letztes Mal auf, sank zurück und röchelte ein letztes Mal. Dann brachen seine Augen und Tirian erkannte, dass der Schiffsjunge tot war. Dann begann er zu schreien und brüllte in den Himmel hinauf: „NEEEIIIINNN!“
Morrowind, Innere See, Irgendwo zwischen Vvardenfell und dem Festland
Wie als wollte der Himmel den schrecklichen Tod beweinen, hatte höchstens eine halbe Stunde später starker Regen eingesetzt. Der Wind war in etwa gleich geblieben und der Wellengang damit auf einem annehmbaren Niveau. Tirian hatte mit Tränen in den Augen den toten Grarius in eine Plane gewickelt und fest verschnürt. Der Kapitän hatte die Leiche sofort über Bord werfen wollen, doch diesmal hatte er sich mit allen Kräften dagegen ausgesprochen. Doch er war sich sicher, das der Kapitän seinem Wunsch nur entsprochen hatte, weil er gedroht seinen verletzten Arm nicht zu behandeln. Wie sich herausgestellt hatte, war es nur eine kleine Verstauchung gewesen. Nichts ernsthaftes, vor allem nicht im Vergleich zu dem Schiffsjungen, der an seinem eigenen Blut erstickt war. Danach hatte er nur noch kurz nach Jorus und Justus gesehen und sich dann in seiner Kammer eingeschlossen. Erzählt hatte er den Beiden noch nichts, obwohl das eh kaum Sinn gemacht hätte, da der nun älteste Bruder noch immer nicht aufgewacht war. Das hatte ihm eine gewisse Gnadenfrist eingebracht, aber spätestens heute Abend würden sie wohl, zumindest der kleine Justus, eine Antwort haben wollen, wo ihr „Bruder“ stecke. Aber wie sollte man dem Kind und dem halben Kind schonend beibringen, dass ihr Bruder für das Heilmittel und nicht einmal verdient in den Tod gegangen war. Zum Einen würde sich Jorus womöglich schuldig fühlen und zum Anderen würde es wahrscheinlich Rachegefühle gegenüber der Crew wecken, oder zumindest dem Kapitän und dem Todesschützen. Er selbst konnte immer noch nicht fassen, was da passiert war.
Grarius war bereits gewesen seine Geisel gehen zu lassen und sich zu ergeben, dennoch hat man ihn einfach niedergeschossen. Natürlich hatte der 1.Maat sofort versucht die Situation zu rechtfertigen. Tirian hätte beinahe einen Wutanfall bekommen, als der Mann versucht hatte, den Schiffsjungen als gefährlichen Verrückten oder zumindest Kriminellen hinzustellen. Entgegen der Schiffshierarchie hatte er zwar seine Hand unter Kontrolle behalten, aber ihn so laut angeschrien, das man ihn womöglich noch in Himmelsrand hatte hören können. Wie konnte man auch einen Unschuldigen töten und es im Nachhinein so darstellen, als hätte er ihnen keine Wahl gelassen, als wäre er der Täter und nicht das Opfer. Gewiss konnte er Grarius Taten nicht gutheißen, aber das war noch lange kein Grund ihn einfach zu töten, zumal er es für seinen Bruder getan hatte. In diesem Moment traf er für sich und die beiden Jungs eine Entscheidung. Sobald sie Vvardenfell erreicht hatten, würden sie von Bord gehen. Sie mit ihm. Er hatte jetzt die Verantwortung für die Beiden. Und sie hatten ein Recht darauf zu erfahren, was passiert war. Er erhob sich von seinem Bett, in dem er gelegen und an die Decke gestarrt hatte. Er schlang sich seine Robe wieder um die Schultern und zog den Riemen um seine Hüften fest, damit sie zusammenhielt, dann verließ er seine Kammer und machte sich auf dem Weg zum Raum der Schiffsjungen. Unterwegs kam ihm Justus schon freudestrahlend entgegen gelaufen. „Er ist wach. Er ist wach!“: rief er aufgeregt und ein müdes Lächeln zeichnete sich auf Tirians Gesicht ab. Ein Beobachter hätte den eigentlich jungen Dunmer in diesem Moment für einen alten Mann halten können. Er beschleunigte etwas seine Schritte und kahm vor dem nur halb so großen Kind zum stehen.
„Er ist aufgewacht. Ihr habt ihn wieder gesund gemacht“: sagte er und schlang seine Arme um den Körper des Dunmers. Tirian fühlte wie ihm warm ums Herz wurde, doch nur einen Moment später schlichen sich jedoch Kälte und Schmerz ein, wenn er an den Moment dachte, wenn er ihnen offenbarte das ihr Stiefbruder tot war. Eine kleine fast unmerkliche Träne rollte über seine aschfarbene Wange, doch der Junge bemerkte sie dennoch. „Hab ich dir weh getan“: fragte er entsetzt und ließ sofort los. Tirian lächelte wieder leicht und schüttelte den Kopf. „Nein das hast du nicht. Dann lass uns doch mal nach deinem Bruder sehen“: schlug der Heiler vor und gemeinsam betraten sie den Raum. Jorus saß aufrecht im Bett und trank langsam mit kleinen Schlucken eine Tasse Tee, die ihm irgendjemand gebracht hatte. Er sah zwar immer noch etwas blass aus, aber hatte mehr Farbe als noch vor ein paar Stunden. „Wie fühlst du dich?“: fragte der Heiler, als er neben ihm stand. „Müde“: antwortete er. „Ja das kann ich verstehen. Dein Körper benötigt alle Kräfte um die Infektion zurückzuschlagen und die Wunde genesen zu lassen. Der Heiltrank hat seine Wirkung erzielt, mit seiner Hilfe wirst du schon wieder. Dir wird es sicherlich bald wieder gut gehen, obwohl dich die Narbe wohl ein Leben lang zieren wird“: erklärte Tirian fachmännisch. Er versuchte das Unvermeidliche solange es ging heraus zu zögern. „Dann trage ich sie mit Stolz“: verkündete Jorus und lächelte leicht. „Wo ist Grarius?“: fragte der kleine Justus und legte den Kopf schief: „Möchte er nicht sehen, das es Jorus wieder besser geht?“ Wieder durchfuhr ein eher seelischer, als physischer Schmerz seinen Körper. „Der Augenblick ist wohl gekommen“: stellte er in Gedanken fest.
„Vermutlich ist es besser, wenn ich zunächst nur mit Jorus spreche“: dachte der Heiler. „Justus ich brauche dringend mein Notizbuch. Es liegt in meinem Zimmer. Du kennst es ja. Kannst du es bitte schnell herholen“: bat er den Jungen, damit er ihn aus dem Raum bekam. Dieser verzog nur missgestimmt das Gesicht, da er keine Antwort erhalten hatte, aber setzte sich dennoch in Bewegung. Tirian würde genug Zeit haben, denn das Buch trug er bei sich, aber der Junge würde erst einmal eine Weile suchen. Dann setzte er sich auf einen kleinen Schemel neben das Bett. Jorus schien der ernste Gesichtsausdruck sofort aufzufallen. „Was ist los?“: fragte er besorgt. Anscheinend machte er sich wohl Sorgen, das er doch noch sterben würde. „Keine Angst es geht nicht um dich. Aber das, was ich mit dir zu besprechen habe, macht es dadurch auch nicht weniger schlimm“: sagte er. Der Schiffsjunge schluckte schwer, aber hörte weiter aufmerksam zu. „Ich wollte damit nicht gleich vor Justus damit herausplatzen, aber…“: er brach ab. Irgendwie konnte er es nicht. „Jetzt sagt schon. Es muss etwas Wichtiges sein“: verlangte der Junge nun. Der erhobene Tonfall kostete ihn mehr Kraft, als er eigentlich hatte. Tirian konnte eindeutig Schmerz von den Zügen des Kaiserlichen ablesen. Er nahm sich zusammen. Am besten war es wohl, wenn er es kurz und schmerzlos machte. „Grarius ist… ist… ist tot“: offenbarte er. Einige Augenblicke lang wurde er ungläubig angeschaut, aber dann trat Erkenntnis in die Augen seines Gesprächspartners, als er erkannte, das Tirian keinen schlechten Witz gemacht hatte.
„Das kann nicht sein“: stieß er nur hervor, doch der Heiler schüttelte den Kopf. „Leider doch“: reagierte er. „Aber. Nein. Wie ist das passiert?“: fragte er sofort nach. Erste Tränen standen ihm in den Augen. Wieder durchzuckte es ihn schmerzlich. Einen Moment lang überlegte er, ob er ihm die Wahrheit sagen sollte oder nicht, doch dann entschied er sich wiederrum das Jorus ein Recht darauf hatte zu erfahren, was wirklich passiert war. So erzählte er ihm davon, dass sein Bruder die Kräuter gestohlen hatte um daraus den Heiltrank machen zu lassen. Wie der Kapitän das Ganze hatte auffliegen lassen und wie dieser die Nutzung des Trankes untersagt hatte. Dann wie Grarius den Mann als Geisel genommen hatte um ihn zu retten. Und dann von dem feigen Anschlag per Armbrust, an dem sein Bruder schlussendlich zu Grunde gegangen war. Jorus‘ Augen wurden dabei immer größer, als er die ganze Schrecklichkeit und das Opfer seines Bruders begriff. „Er… er hat das alles nur getan, um mich zu retten?“: fragte er zweifelnd und Tirian nickte. „Ihr wart zwar nicht verwandt, aber du und Justus seid für ihn vermutlich wie Brüder geworden, seit er euch in Vvalenwald gefunden hatte“: mutmaßte der Heiler. Einen Moment rollten ein paar Tränen, doch dann verengten sich die Augen des Kaiserlichen. „Ich bringe ihn um“: kam es erst leise von ihm. Tirian hatte Mühe die Worte zu verstehen. Doch bevor er eine entsprechende Frage stellen konnte, wiederholte er seine Worte nochmals lautstark. „Ich werde diesen Mistkerl umbringen!“: schrie er fast. Er wollte sich aus dem Bett schwingen, doch Tirian benötigte nicht viel Kraft um den Körper des Jungen zurück aufs Bett zu drücken. „Du in deinem jetzigen Zustand wirst nirgendwo hingehen. Du kannst ja nicht einmal aufstehen, wenn ich es nicht zulasse. Wie willst du gegen den Kapitän oder den 1.Maat antreten“: redete der Dunmer eindringlich auf Jorus ein und langsam beruhigte er sich. Das Gesicht war jedoch noch von Wut verzerrt.
„Du musst dich erholen. Grarius ist gestorben, damit du wieder gesund wirst, damit du lebst. Jetzt wirf es nicht einfach so weg, indem du dich in einen verzweifelten Kampf stürzt, oder sogar jemanden umbringst. Er habe ihm versprochen mich um euch zu kümmern. Und ich werde nicht zulassen, dass du dich damit verfluchst. Und vor allem denk an Justus, soll er dich auch noch verlieren?“: appellierte Tirian und wurde dabei immer lauter. Dann nach einen kurzen Mal Luft holen fuhr er etwas leiser fort: „Du bist das Einzige, was der Kleine noch hat. Ich habe dir nicht umsonst zuerst davon erzählt. Ich denke es ist besser, wenn er es von dir erfährt. Ich bin ja doch eher ein Fremder. Und gerade für ihn solltest du wieder gesund werden.“ Und erkannte das seine Worte Wirkung zeigten. Die Wut wich sofort aus seinen Zügen und machte einer sichtlich tiefen Trauer Platz. Im nächsten Moment brachen die Dämme und er fing an zu weinen. So erwachsen er auch manchmal tat, Jorus war halt noch ein Kind. Eine Weile saßen sie nur nebeneinander, der Schiffsjunge schluchzend und Tirian mit bedrückten Blick, als Justus ins Zimmer kam. Mürrisch verkündete er, das er nichts gefunden habe, entdeckte dann aber seinen weinenden Bruder. „Was ist los. Ist was Schlimmes passiert“: fragte er unschuldig. Tirian sah ihn an. Sein Gesicht musste wohl mitleidig wirken. „Ist etwas mit Jorus. Wird er etwa doch sterben?“: fragte er und seine Augen wurden bei dem Gedanken ganz groß. Tirian wollte gerade ansetzen, als ihm der Bruder zuvorkam. „Nein Justus. Es ist etwas anderes. Ich muss mit dir reden“: sagte er rasch und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Ich denke ich lasse euch jetzt alleine“: schlug der Heiler vor und Jorus nickte. Er verließ das Zimmer und wandte sich in Richtung seiner eigenen Kammer. Auf halber Strecke konnte er dann das lautstarke Weinen des jüngeren Bruders hören. Er verriegelte die Tür, warf sich aufs Bett und schlief nach einer Weile, in der er sich selbst verflucht hatte, ein.
Er war zwar immer wieder während der Nacht aufgewacht. Beim ersten Mal war gerade eine Stunde vergangen gewesen, aber er hatte es nicht gewagt, nochmals zu den beiden Jungen zu gehen. Er hatte Jorus klar gemacht, das es keinen Sinn haben würde, den Kapitän töten zu wollen. Die Götter würden ihn noch rechtzeitig zu sich holen und ihn seiner entsprechenden Strafe zu führen. Er war sich sicher, dass er dem älteren der Beiden vertrauen konnte. Erwacht war er am Morgen, nachdem es auf dem Schiff zu großen Lärm gekommen waren. Er war aufgestanden und hatte nur sporadisch seine Kleider gerichtet, die er die Nacht über anbehalten hatte, dann war heraus gegangen um den Grund für den plötzlichen Lärm zu ergründen. Und dieser Grund trieb auch ihm ein Lächeln ins Gesicht, als er am Bug stand und vor sich bereits Vvardenfell erkennen konnte. Die prächtigen und strahlenden Wohninseln von Vivec fingen das rötliche Morgenlicht ein und waren daher gut zu erkennen und erstrahlten in herrlichen Farben. Vivec war in seinen Augen wirklich eine Stadt der Götter. Die Männer waren ganz euphorisch in Aussicht auf Land und einen großen Hafen wie diesen. Auch wenn die Lage im Land angespannt war, wer zulange auf See war, freute sich immer über ein vernünftiges Bett und die Sicherheit und Wohnlichkeit des Festlandes. Für Tirian hatte der Anblick jedoch noch eine andere Bedeutung.
Hierher war sein Freund Tarrior zurückgekehrt um seine Mission zu Ende zu bringen und seine Tochter aus den Fängen eines Telvanni-Fürsten zu befreien. Der Hexer sollte dafür bluten. Er war bereit gewesen seinem Freund dabei zu helfen. Es klang gefährlich und gemeinsam waren sie gewiss stärker, doch Tarrior hatte es abgelehnt und ihm untersagt ihn zu begleiten. Eigenmächtig hatte sich Tirian jedoch dazu entschlossen ihn nicht alleine zu lassen. Er hatte dem Kapitän von lukrativen Geschäften in Vvardenfell erzählt gehabt. Dieser war gleich Feuer und Flamme gewesen und hatte Segel setzen lassen. Unterstützend war noch hinzugekommen, dass sie Schwarzmarsch einen Transportauftrag für den Tempel in Vivec erhielten, was ihnen auch noch eine ungestörte Einreise in die zurzeit gesperrten Gewässer ermöglichte. Und jetzt waren sie fast da. Nur etwas störte seine bisherige Planung. Er hatte sich entschlossen die Crew zu verlassen. Nachdem was der Kapitän getan hatte, konnte er unmöglich weiter hier Dienst tun. Und er würde damit auch Jorus und Justus mitnehmen, schließlich hatte er Grarius versprochen, sich um sie zu kümmern. Da die Insel nun so nahe war, musste er sowieso mit den Beiden reden. Sie wussten noch nichts von seiner Entscheidung. Aber gewiss wäre es besser für sie, wenn sie nicht an Bord dieses Schiffes blieben. Grarius‘ Leichnam würde er ebenfalls mit an Land nehmen. Er würde eine anständige Beisetzung bekommen. Er wandte sich von der leuchtenden Stadt ab und schritt über das Deck zurück zur Treppe, die in den Schiffsbauch führte.
Plötzlich schob sich der Kapitän in seinen Weg und blockierte ihn damit. „Herr Morvayn ich brauche euch nachher um den Priestern zu erklären, warum sie ihre Kräuter nicht bekommen“: sagte der Mann sachlich. Tirian lächelte. Da er sowieso nicht an Bord bleiben würde, konnte er seiner Wut jetzt Luft machen. „Natürlich. Ich werde ihnen erzählen das wir damit einen todkranken Jungen gerettet haben, obwohl ihr ihn lieben hättet sterben lassen. Und das wir ihnen dafür einen anderen toten Jungen mitgebracht haben, den ihr habt kaltblütig ermorden lassen. Gewiss wird Tausch sie zufrieden stellen“: zischte Tirian an und sparte nicht mit Hohn und Verachtung in der Stimme. „Wie könnt ihr es wagen?“: schrie der Mann ihn an. Der Kopf wurde knallrot. Die Faust war schon erhoben, aber hing noch in der Luft. „Nur zu schlagt mich nieder. Tötet mich genau wie Grarius oder braucht ihr dazu einen eurer Männer, der auch den Schlag wie den Todesschuss abnimmt“: reizte er den autoritären Mann weiter. Die beiden funkelten sich gegenseitig wütend an. So etwas hatte Tirian noch nie gemacht, aber er hatte einfach nicht mehr an sich halten können. Grarius war für seinen Bruder gestorben, doch das einzige was den Kapitän interessierte, war das er die Priester ihn womöglich zur Entschädigung zwingen würden. Der gefährliche Augenblick ging jedoch vorbei. Die Faust sank. „Herr Morvayn aufgrund ihres ungebührlichen Verhaltens entlasse ich sie aus meinen Diensten. Sie werden im nächsten Hafen an Land gehen“: verkündete der Kapitän lautstark, sodass jedes es hörte. Tirian jedoch blieb ruhig. „Ihr könnt mich nicht entlassen, weil ich meinen Dienst hiermit QUITTIERE!“: sagte er, schob sich um den muskulösen Körper des Mannes herum und verschwand unter Deck.
Wie er erwartet hatte, traf er Beide, Jorus und Justus, in ihrer Kammer. Sie starrten ihn regelrecht an, als er eintrat. Einen Moment lang wusste er nicht was er sagen wollte, doch dann fiel es ihm wieder ein. „Ich habe soeben meinen Dienst hier auf dem Schiff quittiert. Ich werde in Vivec an Land gehen“: sagte er einfach heraus. Sie schauten ihn immer noch an. „Ich habe Grarius versprochen auf euch aufzupassen, also werdet ihr mit mir kommen“: kam er dann auch gleich zum Punkt. Es erhob sich kein Widerspruch. Vermutlich war auch für sie das Schiffsleben gestorben. „Dann packt schnell eure Sachen. Wir werden die Insel bald erreicht haben“: wies er sie an. Langsam begann Justus ihre wenigen Habseligkeiten zu packen, auch die von Grarius packte er zusammen. Jorus jedoch kam zu ihm hinüber. „Du musst das nicht für uns tun“: sagte der Schiffsjunge und Tirian legte ihm die Hand auf den Kopf und strich damit durch die Haare. Seine Mutter hatte das früher immer gemacht. „Gewiss nicht aber nach so einem Vorfall halte auch ich es hier nicht mehr aus. Es tut mir leid für die Männer, aber für diesen Mann kann ich nicht länger arbeiten. Außerdem wollte ich sowieso nach Vvardenfell um einem Freund zu helfen. Und wie gesagt ich habe es eurem Bruder versprochen“: winkte er ab. „Wie hat Justus es aufgenommen?“: fragte er dann mit einem Seitenblick auf den Jungen. Jorus schüttelte den Kopf. Nicht viel anders als mir. Er hat letzte Nacht noch sehr lange geweint. Für ihn war Grarius fast schon eine Art Vaterfigur. Er wird es verkraften denke ich“: antwortete er. „Wirst du das auch“: fragte er den Jungen vieldeutig. „Du hast Recht. Rache wäre genauso schlimm, wie das was man Grarius angetan hat. Ich werde damit klar kommen. Außerdem muss ich mich ja um meinen kleinen Bruder kümmern“: sagte er und beim letzten Satz lächelte er sogar etwas. „Gut packt eure Sachen. Ich werde das Gleiche machen. Wir treffen uns dann nachher an Deck“: sagte er und ging.
Im Gegensatz zu den Beiden Jungs hatte er wesentlich mehr zu packen. Er hatte sich sogar dazu durchgerungen die ganzen Kräuter und andere Zutaten zurückzulassen. Mit seinen persönlichen Sachen, den Büchern und vor allem auch seinen alchemistischen Geräten hatte er schon mehr als genug zu tragen. Er musste sogar Jorus bitten seine Kleider zu tragen, damit er entsprechend den Sack mit den Büchern weg bekam. Schlussendlich aber hatte er alles Wichtige bei sich, als sie endlich in den Hafen von Vivec einfuhren. Ein recht großer Trupp Ordinatoren erwartete sie bereits. Das man die Sicherheitsvorkehrungen stark erhöht hatte, fiel ihm dabei sofort ins Auge. Ein Gespräch mit einem Priester später und schon war ihr Landgang gestattet, zuvor hatten die Wachen nicht zulassen wollen, das die Männer an Land gingen, aber als sie erfuhren, das das Schiff mit wichtigen Versorgungsgütern und Waren für den Tempel beladen war, waren sie sehr zuvor kommend. Wortlos gingen Tirian und die beiden Waisen von Bord, aber nicht ohne, das der Heiler dem Kapitän noch einen letzten verachtenden Blick zuwarf. Zwei Matrosen trugen den Grarius leblosen Körper hinter ihnen vom Schiff. Er bat daraufhin einen der der nahestehenden Priester, die das Entladen ihrer Waren überwachten, darum dem Kaiserlichen eine anständige Beisetzung zukommen zu lassen. Der Tribunalsdiener nickte und versprach sich um die letzte Reise des Toten zu kümmern. Dann entfernten sich die Drei.
„Wo soll es jetzt hingehen?“: fragte Jorus, der in Morrowind vollkommen fremd war. „Mein Freund besitzt ein Plantagenanwesen im Nordwesten, in der Nähe einer Stadt, die man Caldera nennt. Wenn er wieder hier ist, wird er gewiss dort sein. Und er hat gewiss Platz für uns. Es wird vielleicht nicht leicht werden, dort hinzugelangen, denn ich weis nicht, wie sich dieses Land aufgrund der Krise verändert hat, aber sicher werden wir es schaffen“: antwortete Tirian. Die Beiden Jungen schauten ihn unsicher an und er schaute selbst nicht anders, denn er war wie die Beiden verunsichert. „Was wenn er Tarrior dort nicht fand. Und wie sollte er ihm überhaupt helfen“: darüber dachte er nach, während er sich mit Jorus und Justus ins Zentrum der Ascadia-Inseln aufmachte.
So sehr er es auch versuchte, Xerxes konnte in dem sogenannten Bett, das ihm der Wirt für sein Geld angeboten hatte, nach 8 Stunden eines unruhigen Schlafes nicht zur Ruhe kommen. Oder lag es daran, dass er kein Geld mehr hatte? Einen Dolch konnte er sich kaufen, um sein Geld durch einfache Überfälle verdienen zu können. Doch er hatte genug davon, sich durch diese niedere Arbeit noch gerade so über Wasser halten zu können.
Heute wollte er zu einem Mann namens Harald gehen, der angeblich Söldner einstellte. "Ob das klappt? Mit so einem Kopf und diesem einfachen Dolch?", Xerxes drehte sich oft in seinem Bett, bis er sich schließlich entschied aufzustehen. Mit einem sich langsam auflösenden verschwommenen Blick zog er sich an und verließ den Keller der Taverne. Das einzige woran er sich erinnern konnte war, am letzten Abend ein Frühstück bestellt zu haben und orderte es deshalb beim Wirt. Es war nicht mehr als ein wenig Brot und ein Stück Fleisch, aber bei dem wenigen Geld, das Xerxes anbieten konnte war das auch nicht verwunderlich. Er schlang es schnell herunter und suchte das Haus auf, das gestern ein Bürger als das Haus von Harald bezeichnet hatte. Das wollte er so schnell wie möglich hinter sich haben.
Xerxes fiel die Kinnlade herunter, als er das Haus von Harald sah. Man konnte es zwar noch Haus nennen, doch es war sowohl riesig, als auch reichlich verziert. Er würde es als edle Villa bezeichnen, auch wenn ein solches Haus für die wohlhabenderen Einwohner Winterholds keineswegs unüblich war. Es kam ihm vor, als könnte er in den Gesichtern der Anwesenden große Verwunderung sehen, denn der Anblick des ärmlich gekleideten Riesen in einem prachtvollen Haus war nichts alltägliches. Xerxes war sichtlich nervös, er zitterte sehr stark. Zumindest schien es ihm so. Doch er musste sich zusammenreißen: "Ich habe gehört ihr sucht nach Söldnern?"
Ein in edler blau-weißer Kleidung gekleideter Mann trat zwischen den Menschen hervor: "Darf ich euch nach eurem Namen fragen, junger Mann? Nein, lasst mich raten: Ihr heißt Xerxes, nicht wahr?"
"Woher wisst ihr das?", fragte Xerxes mit einem Ausdruck des Erstaunens in seinem Gesicht.
"Nun, ihr habt mich einmal überfallen", antwortete der Mann gelassen, "erinnert ihr euch noch daran? Als auf einmal dieser Schrank in Stahl auf euch zukam und ihr wie das Reh vor dem Jäger geflohen seid? Danach habe ich natürlich nach euch gesucht". Er legte eine kleine Pause ein:
"Erlaubt mir mich vorzustellen, mein Name ist Harald. Und ja, ich suche nach fähigen Männern. Ich mag es nicht lange um den heißen Brei herum zu reden, also...", Harald drehte sich um, "Einar!"
"Ist mir ein Vergnügen", ein ebenso großer Mann wie Xerxes trat hervor.
"Dieser Mann soll sich seine Ausrüstung aussuchen, dann wollen wir sehen, ob er fähig ist"
Einar führte Xerxes in einen von Rüstungen und Waffen fast platzenden Raum. Dort ließ er Xerxes seine Ausrüstung zusammenstellen. Viel Ahnung hatte Xerxes zwar nicht von Rüstungen, doch er entschied sich ebenso wie Einar eine Stahlrüstung zu tragen, seine Waffe sollte ein ebenso stählernes Langschwert sein.
Er hatte noch nie eine Rüstung getragen und diese Rüstung aus Stahl fand er nicht angenehm. Sie verhakte sich oft, sodass er kurz stoppen musste. Anscheinend fand Einar diese unbeholfenen Bewegungen komisch, so jedenfalls interpretierte Xerxes das Grinsen in seinem Gesicht. Er versuchte die Bewegungen Einars nachzuahmen und als er erneut vor Harald stand erkannte er, dass er sich nicht schnell bewegen darf, damit die Rüstung ihn nicht behindert. Eine sehr ungewohnte Veränderung.
Xerxes war so sehr in seine Gedanken vertieft, dass er fast nicht bemerkte wie das Schwert von Einar auf ihn zu raste. Noch schnell genug zog er seinen Schild hoch, um den Schlag abzublocken. Der Schlag war heftig genug, um ihn einige Schritte nach hinten taumeln zu lassen. Zeit sich auszuruhen hatte er nicht, kaum stand er wieder fest auf dem Boden, schlug Einar mit kurzen Angriffen auf seinen Schild zu.
Er musste sich jetzt etwas einfallen lassen, doch die andauernden Schläge auf seinen Schild, hinderten ihn daran seine Gedanken zu sammeln. Seine einzige Idee war es, seinen Schild zum Angriff zu nutzen.
Als Einar wieder zum Angriff ausholte, schlug Xerxes mit seinem Schild auf ihn zu. Es funktionierte. Einar konnte seinen Angriff nicht mehr schnell genug abbrechen, verlor das Gleichgewicht und nur einen Augenblick später lag er auf dem Boden, mit dem Schwert von Xerxes an seiner Kehle. "Ich schätze mal, du hast verloren", grinste er ihn an.
"Anfängerglück. Ich habe einfach nicht damit gerechnet, dass du noch einen Angriff startest", behauptete Einar sofort.
"Und dennoch", warf Harald ein, "hat er es geschafft dich zu schlagen. Täuschung ist auch eine wesentliche Kunst des Kampfes". Er drehte sich zu Xerxes um und schüttelte ihm die Hand: "Herzlichen Glückwunsch, bisher ist es noch keinem gelungen Einar zu besiegen. Ihr könnt auch gleich eure Fähigkeit in einer Gruppe zu arbeiten beweisen, ich hätte da nämlich schon eine Aufgabe für euch"...
Was in der Zwischenzeit geschieht... II
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Tirian Morvayn
Tirian schaute bedrückt in den Himmel, als er mit seinen zwei jungen Begleitern das wuchtige Stadttor von Pelagiad passierte. Sie hatten die ehemalige kleine Garnisonsstadt mit einem mächtigen Wall ausgestattet. Sie bildete jetzt neben Ebenherz das kaiserliche Zentrum auf den Ascadia-Inseln. Angreifer würden es schwer haben die Stadt anzugreifen. Er seufzte. Pelagiad war ein Fels in der Brandung, aber womöglich bald auch der einzige sichere Ort im Innern der Inseln. Der Dunmer hatte zusammen mit den Jungs ihre erste größere Rast hier eingelegt. Im Freien oder einer Höhle zu schlafen erschien ihm zu gefährlich in diesen Zeiten. Jetzt musste man sich nicht nur vor Räubern und Banditen in Acht nehmen, sondern auch vor Daedra, Kultisten und einem wütenden Mob aus Bauern und Sklaven. Letzteres hatte er in Pelagiad erlebt. In der Stadt war eine Weile Oblivion los. Der Gedanke daran machte ihn noch betrübter. Man gewann langsam den Eindruck, mit Vvardenfell sollte es zu Ende gehen. Die alten Strukturen brachen reihenweise weg. Erst verlor der Tempel seine Götter, zumindest wurden sie lange nicht gesehen und dann verlor er auch noch seine Autorität. Tatsächlich beherrschte der Tempel Vvardenfell als zusammenhaltendes Element. Jetzt agierten die Häuser jedes für sich. Eine Zentralgewalt durch den König wurde jahrelang durch Tempel und Fürstenhäuser blockiert und das rächte sich jetzt. Alles ging auseinander. Die Bauern, früher protestierten sie nie direkt, hatten sich gesammelt, die Arvel- Plantage und das Ules-Anwesen gestürmt, deren Sklaven befreit um ihren Mob noch zu verstärken und wollten nicht nur die Plantagenherren am liebsten aufknüpfen, sondern auch die mächtige Dren-Plantage brennen sehen. Dorthin hatten sich sämtliche reichen Großbauern und Plantagenbesitzer geflüchtet. Er bekam das am Rande mit, da die Legion darin eine ernste Gefahr für die Versorgungslage und den Bestand der wackligen Ordnung sah. Die Dren-Plantage und die Großgrundbesitzer konnten gerettet werden, der Mob wurde verjagt. Die aufständischen Bauern, verstärkt durch befreite Sklaven, zogen nicht nur marodierend durchs Land, sondern verweigerten den Städten auch die lebenswichtige Versorgung mit Nahrungsmitteln und anderen Waren. Ohne die Versorgung durch die Plantagen wären in den Städten, wo die Versorgungslage auch wegen der vielen Flüchtlinge angespannt war, sicherlich bereits Hungernöte ausgebrochen. All diese Tatsachen machten frei in der Taverne die Runde.
Da er auf Jahre schon nicht hier war, war die desolate Lage des Landes für ihn ein Schock. Sofort packte es ihn an seiner Heiler-Ehre, nach Vivec oder Ebenherz zu gehen und den Flüchtlingen zu helfen. Doch wog sein Versprechen, das er Grarius gab, schwerer. Erst auf Tarriors Plantage wären sie vorläufig sicher. „Jorus, Justus beeilt euch“: hielt er die Jungen zur Eile an, als sie noch Zeit damit vertrödelten einigen Guars beim Grasen zuzusehen. Er war aber gleichzeitig froh darüber, dass sie ihre Unbeschwertheit zurückerlangt hatten. Er konnte sich nur ansatzweise vorstellen, wie Grarius Tod sie getroffen haben musste. Jorus spurte sofort. Der kleine Justus brauchte noch einen Moment länger, bevor er angetrottet kam. „Wie weit ist es denn noch zu deinem Freund“: fragte er den Heiler. „Noch ein ganzes Stück. Mal sehen ob du auf dem Marsch dahin, länger durchhältst als ich. Nicht das wir wieder alle paar Meter eine Pause machen müssen“: neckte er den Jungen. Diese setzte ein Dir-zeig-ichs-Gesicht auf und lief schon einmal los. Lächelnd sah Tirian dem kleinen Wirbelwind nach und setzte sich mit Jorus ebenfalls in Bewegung. „Es ist noch weit nach Caldera, richtig?“: fragte nun auch er. „Ja mindestens noch etwas mehr als ein Tag, vielleicht auch zwei oder drei. Wenn wir die Ascadia-Inseln verlassen, dann pass gut auf Justus auf. Wir biegen dann nämlich in eine Foyada ein. Das sind große gangbare Spalten, die die Lava des Roten Berges dereinst ins Land gefressen hat. Sie eignen sich gut für Hinterhalte, Straßensperren und Überfälle. Auf dem Weg nach Balmora müssen wir dort durch. Achte also auf deinen Bruder“: verlangte Tirian und Jorus gab per Nicken seine Zustimmung. Während sie so entlang schlenderten und Justus voller Tatendrang immer einige Meter vor lief um dann stehen zu bleiben oder wieder zurück zu rennen unterhielt Tirian sie mit seinem, eigentlich eher begrenzten, Wissen über Vvardenfell. Doch oft musste er bei einer Nachfrage eines Jungen um eine Wiederholung der Frage bitten. Seine Aufmerksamkeit galt dem Wegrand und vor allem Höhlen und Büschen, die groß genug waren, um Banditen Sichtschutz zu bieten. So konnte er nicht immer den Gesprächen voll folgen.
Plötzlich hörte er Justus Stimme. „Da kommt jemand“: rief er aufgeregt. „Komm her!“: befahl Tirian schroff, als der Junge noch immer auf seiner vorgeschobenen Position verharrte, während die Unbekannten näher kamen. Schleunigst kam er zurückgerannt. Tirian kniff die Augen zusammen, um gegen die Sonne etwas sehen zu können. Er konnte zwar keine Einzelheiten erkennen, aber es waren wohl drei Personen und eindeutig allesamt Dunmer und sie kamen ihnen entgegen. Tirian schluckte. Seine Hand wanderte zu seiner Hüfte, wo sein Schwert hing und legte sich auf den Griff. „Bleibt dicht bei mir“: sagte er zu den beiden Brüdern und gemeinsam gingen sie weiter. Erst im Näherkommen und als er seine Augen mit der Hand beschattete, erwiesen sich seine Sorgen als unbegründet. Es handelte sich um einfache Passanten. Eine kleine Familie. Ein Mann, eine Frau und ein Mädchen, etwa in Jorus Alter. „Ihr wollt dich nicht etwa ins Landesinnere“: hielt ihn der Dunmer auf. „Doch, das haben wir vor“: antwortete der Heiler. Der Mann schüttelte den Kopf. „Da ihr Kinder dabei habt, seid ihr wohl kein Krieger. Jeden den ich kenne, möchte am liebsten so schnell es geht raus aus dem Zentrum und am Besten auch von dieser Insel hier herunter. Das Gleiche kann ich euch auch nur raten. Redoran ist tot. Ich und meine Familie sind vor ein paar Tagen aus einem Velothi-Turm im Aschland geflohen und davor aus Ald’rhun. Die Daedra haben den Turm geschleift und die redoranischen Wächter getötet. Wir haben es gerade so heraus geschafft. Wenn die es aus dem Zentrum heraus schaffen, wird Vvardenfell brennen“: redete der Dunmer eindringlich auf Tirian ein. Jorus beschäftigte sich derweil mit dem Dunmer-Mädchen. Zwischen ihren Finger tanzten kleine Funken und Flammen. Erstaunt und Neugierig ging der Kaiserjunge näher heran. Das Mädchen ließ die Flammen plötzlich etwas höher schlagen und erschrocken stolperte Jorus zurück und viel hin. Das Mädchen begann zu kichern und wurde daraufhin von ihrer Mutter gemaßregelt. Der Vater schüttelte kurz den Kopf und wandte sich wieder an den Heiler. „Ich empfehle euch kehrt um. Wenn ihr aber wirklich irgendwo hin wollt, dann geht lieber zu den Telvanni. Die Westspalte ist eine Todeszone“: beschwor der Mann ihn noch einmal. Tirian hatte nicht vor umzukehren. „Was meint ihr mit Todeszone?“: wollte er wissen.
„Die Nord benutzen Solstheim als vorgeschobene Basis. Die Eisfalter-Festung soll wohl bereits gefallen sein. Den Gerüchten zu Folge, die ich bei den Wächtern aufgeschnappt habe, planen sie wohl eine Invasion und werden in den Hafenstädten an der nördlichen Küste der Westspalte anlanden. Die Nords und die Daedra, Redoran ist tot. Dort oben findet ihr nur Gefahren. Kommt mit uns nach Gnaar Mok. Gemeinsam zu reisen ist sicherer. Ich habe Schmuggler bezahlt, damit sie uns hier wegbringen“: bot er ihm an. „Tut mir leid. Mein Ziel ist Caldera“: lehnte er ab. „Wie ihr meint. Möge Azura euch und eure Kinder beschützen“: verabschiedete sich der Dunkelelf und zog mit seiner Familie weiter. Die Tochter zwinkerte Jorus, der sich mittlerweile wieder aufgerappelt hatte, zu, als sie gingen. Der Junge wurde leicht rot. Doch Tirian ließ sie nicht mehr lange verweilen, sondern wollte schnell weiter und legte auch enormes Tempo in seine Schritte, sodass die Kinder kaum mithalten konnten. „Die Nord auch noch“: dachte er zweifelnd. Was sollte bloß aus Vvardenfell werden. Gleichwohl dachte er auch an das Festland von Morrowind. Dort war die Situation, was die Bürger anging, entspannter. Dafür hatten sie dort überall Daedra und Oblivion-Tore und die Fürstenhäuser, die hier auf Vvardenfell einen Burgfrieden hielten, stritten sich dort unterdessen weiter. Er dachte wehmütig an seine Mutter. Schuldbewusst stellte er fest, dass er seit seiner Ankunft auf der Insel nicht einmal an sie gedacht hatte. Tränenstadt war zwar eine große Metropole und entsprechend gesichert, aber dicke Mauern hatten auch Kvatch nicht beschützt. Er hoffte und betete zu Azura und dem Tribunal, wo auch immer es sich aufhielt, das sie wohl auf war.
Bald erreichten sie den Rand der Ascadia-Inseln. Im Norden lag von hier aus das wüste und verwüstete Aschland, in dem sich die Daedra austobten. Im Westen fanden sich der Fluss Odai und die Region der Westspalte. Wenn sie den Fluss erst einmal erreichten, wäre es nur ein Katzensprung nach Balmora. Der Tag war voran geschritten, doch würden sie die Stadt wahrscheinlich noch bei Sonnenuntergang erreichen. „Eine Nacht dort verbringen und dann weiter nach Caldera. Ich könnte mich auch in der Stadt umhören, ob Tarrior inzwischen bereits dort war und wie lange das her ist“: überlegte Tirian. Die Plantage lag zwar nahe, aber sein Freund konnte bereits wieder sonst wo unterwegs sein. Nach Caldera wäre es von Balmora aus nur ein Fußmarsch von wenigen Stunden und zur Plantage nur etwas weiter, aber er wollte den Kindern nicht noch mehr Strapazen für diesen Tag zumuten, außerdem war die Wahrscheinlichkeit, in der Nacht überfallen zu werden, deutlich größer. Wäre der Heiler allein unterwegs, wäre es ihm egal, doch so musste er auch an Jorus und Justus denken. Jorus war zwar kräftig, aber einem Banditen war er keinesfalls gewachsen und Justus wäre im Kampf hinderlich. Er konnte sich vielleicht selbst verteidigen, aber zeitgleich noch die Jungen zu beschützen, war für ihn ausgeschlossen. Bei diesen Gedanken an Balmora und die weitere Reise bogen sie nun in die Foyada Mamaea ein, die nahe an Balmora und dicht an der Legionsfestung der Mondfalter-Legion vorbei führte. Um Klippenläufer brauchte er sich glücklicherweise nicht mehr zu sorgen. Der Heilige Jiub, dem Tempel und dem Tribunal sei Dank, hatte diese hinterhältigen Kreaturen aus Morrowind vertrieben. Hier in der Foyada hätten sie ansonsten eine leichte Beute abgegeben. Zwar war an den Jungs nicht allzu viel dran, aber besser eine magere Beute, als gar keine. Trotz dieser relativen Sicherheit wollte er schleunigst aus der Schlucht heraus. Wer wusste schon, wer sich statt der Klippenläufer hier eingenistet hatte. Doch leider wurde ihm das Weiterkommen durch einen großen Holzverschlag verwehrt. Mitten in der Schlacht war eine große Holzbarrikade mit einem schmalen Durchgang errichtet worden. Man kam nicht daran vorbei. Über der ganzen Konstruktion wehte das Kaiserliche Drachenbanner.
Als sie sich näherten vertrat ihnen ein Kaiserlicher, in Rüstung der Legion, den Weg. „Ihr wollt uns doch hoffentlich nicht aufhalten. Ich möchte noch vor Sonnenuntergang die Stadt erreichen“: sagte Tirian. „Nicht so voreilig Dunmer. Ich will euch ja gar nicht aufhalten. Wer unbedingt ins Landesinnere will um sich abschlachten zu lassen, der solle das gerne tun. Mir ist es egal. Ich wurde leider für die Aufgabe eingeteilt, hier Wache zu stehen und allen Passanten mitzuteilen, das das Aschland für alle Zivilisten offiziell gesperrt ist und das sie sich von Daedra-Toren in der Westspalte fernhalten sollen“: erklärte er den Grund für die Barrikade. Die beiden Männer schauten sich eine Weile an. „Ist das etwa alles?“: fragte dann Tirian. „Ja sie dürfen jetzt passieren“: antwortete der Legionär und setze sich zurück auf einen Holzschemel. Kopfschüttelnd trat der Heiler durch den Durchgang und bedeutete den Jungs sich mit dem Nachkommen zu beeilen. „Als ob ich mich mit zwei Kindern im Schlepptau auch freiwillig in den Rachen der Daedra werfen würde“: dachte er immer noch kopfschüttelnd. Nach einer weiteren Weile passierten sie auch noch die Mondfalter-Festung. Justus, der mal wieder ein Stückchen vorgelaufen war, setzte sich plötzlich mitten auf die Straße. „Was ist denn?“: fragte Jorus seinen kleinen Bruder. „Ich will nicht mehr. Meine Füße tun weh“: beschwerte sich der Kleine. „Nach Balmora ist es nur noch ein kleines Stückchen“: versicherte Tirian, doch davon wollte der Junge nichts hören und stellte sich stur. Während Jorus noch versuchte seinen Bruder zum Weitergehen zu überreden, ging der Heiler einfach weiter. Jorus lief ihm dann schnell nach. Justus blieb erstaunt allein auf der Straße zurück und sah den Beiden mit großer Augen nach. Nach einigen Augenblicken registrierte Tirian zufrieden und mit einem Lächeln im Gesicht, wie der Junge ihnen hinterher gelaufen kam. „Und es ist wirklich nur noch ein kurzes Stückchen?“: erfragte Justus und Tirian nickte ihm aufmunternd zu.
Nach etwa einer knappen halben Stunde standen sie am Ufer des Odai, abseits der beiden Brücken nach Balmora. „Schaut. Das ist Balmora“: sagte er den beiden Jungen und legte Justus die Hand auf den Kopf. Gemeinsam betrachteten sie den prachtvollen Anblick der Stadt, wie sie im Licht der Abenddämmerung golden zu glänzen schien. Tirians Blick flog über die Stadtmauer und die neuen Wehranlagen. Die Hlaalu hatten sich vorbereitet um den Daedra entgegen zu treten. „Das ist ja schön“: verkündete Justus der außer dreckigen Häfen oder Hafenstädten wohl nicht sonderlich viel kannte. „Ja das ist es. Aber Gramfeste ist noch viel prächtiger. Vielleicht werde ich euch einmal dorthin mitnehmen“: stimmte der Heiler dem zu. Er genoss noch einen Augenblick lang den Ausblick auf die golden wirkende Stadt, bevor er sich davon abwandte. „Kommt. Wir können die Stadt auch aus der Nähe betrachten und dann suchen wir uns eine Unterkunft“: schlug er vor und ging in Richtung der Brücken. „Und etwas zu Essen!“: fügte Justus noch an, als wäre es das Wichtigste. „Natürlich“: sagte Tirian und lächelte milde. Gemeinsam gingen sie über die Brücken und betraten die Stadt.
Was in der Zwischenzeit geschieht... III
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Aurek Lichbrand
Mit einem kräftigen Ruck setzte das Luftschiff auf. Schwerer, grauer Staub wirbelte auf und umwehte den mächtigen, narbigen Metallleib. An der Seite des fliegenden Ungetüms öffnete sich eine Luke und eine hölzerne Rampe wurde herunter gelassen. Innerhalb staubiger Schwaden trat ein hoch gewachsener, schlanker Mann in einfacher, schwarzer Robe und mit grob gearbeiteten Armreifen aus Ebenerz an den Handgelenken. Eine Augenbinde aus robustem, schwarzem Stoff war um den Kopf der Gestalt geschlungen und bedeckte vollends die Augen. Er machte eine Kopfbewegung, die auf eine eingehende Betrachtung der Umgebung schließen ließ, wandte den Blick die Rampe hinunter und setzte sich dann in Bewegung. Mit ausladenden Schritten ging er dem, vom Aschesand bedecktem, Boden entgegen. Ein junger Bretone schälte sich aus den wirbelnden Wolken und hielt auf den Mann zu. „Serjo Lichbrand. Wir erwarteten euer Kommen schon vor einigen Tagen“: begrüßte ihn der Bretone, in dessen Stimme deutliche Missbilligung mitschwang. „Die Reise hat sich verzögert. Wir waren wegen einiger schwerer Stürme gezwungen einen längeren Halt an der Azuraküste einzulegen und mussten dann auf dem restlichen Weg hierher ebenfalls ein Unwetter umqueren. Es tut mir leid, wenn ich den Meister habe warten lassen. Die schweren Schäden, die das Schiff aus Cyrodiil davon getragen hat und die rein provisorische Reparatur haben den Rumpf anfällig gemacht. Ich fürchtete ein schwerer Sturm würde es auseinander reißen“: erklärte Aurek die Verspätung. Der Bretone zog die Augenbrauen zusammen.
Der Staub legte sich langsam wieder. „Sobald wir mit den Reparaturen fertig sind, wird es wieder bestens funktionieren“: versicherte der Nord. Der Bretone wollte den Ansatz machen, etwas zu sagen, aber wurde von einer anderen Stimme unterbrochen: „Das wird nicht nötig sein.“ Hinter dem jungen Adjutanten schälte sich nun der Meister selbst aus einer Aschewolke. Aurek neigte leicht den Kopf, um den Neuankömmling zu begrüßen um im direkten Anschluss eine Frage zu stellen: „Wie meint ihr dies? Was wird nicht mehr nötig sein?“ Behram Meradanz baute sich nun vollends vor ihm auf. Eine braune, reich verzierte Robe, ließ die Konturen seines Körpers verschwinden und ihn massiv, wie einen Baumstamm, wirken. In den roten Augen lag Gleichgültigkeit. „Das Luftschiff wird demontiert. Ich habe bereits ein Weiteres und die Materialien dieses Schrotthaufens werden wir benutzen, um noch eines herzustellen. Noch immer ist das Dwemer-Metall sehr kostbar und selten. Wir müssen daran sparen“: erklärte er. „Ihr habt noch ein Luftschiff bauen lassen? Habt ihr noch jemanden mit meinen Fähigkeiten gefunden?“: wollte Aurek nun interessiert wissen, denn bisher war er für den Betrieb des Luftschiffes ein essentieller Bestandteil. Nur er konnte es effektiv steuern.
Noch immer lag Gleichgültigkeit in Behrams Augen als er schließlich antwortete: „Nein das habe ich nicht, aber das ist auch nicht nötig. Und auch eure Dienste werden nicht mehr benötigt.“ Die Worte drangen zunächst nicht an seinen Verstand. Als sie es doch taten entfuhr es ihm wie ein Pfeilschuss: „Wie meint ihr das?!“ Nicht die geringste Regung auf dem Gesicht des Telvanni-Hexers verriet seine Gefühle. „Ich habe in Hammerfell gut erhaltene Luftschiff-Baupläne erstanden und mit ihrer Hilfe und mit Unterstützung einer technischen Abhandlung die bisherigen technischen Probleme und Lücken in meinen Unterlagen gefüllt. Der Bau konnte endlich perfektioniert werden. Ich brauche keine unzureichenden Konstrukte mehr. Ich brauche keine dreckige Ayleiden-Magie mehr und brauche somit auch euch nicht mehr. Die reine, hochgradige Logik der Dwemer allein wird nun die Schiffe in den Himmel bringen und dort halten“: erklärte Behram den Grund. „Aber was…“: stammelte Aurek, immer noch geschockt von dieser Offenbarung.
Der Staub war nun endgültig verflogen. Der bewölkte nachmittägliche Himmel kam in Sicht. Genauso wie die Landebucht des Luftschiffes inmitten von Mora Uvirith – ein aus Felsen und Wurzeln geschaffenes, ovales Areal, das von außen kaum einsehbar war und noch einige Meter in den Erdboden hinein reichte. Befand sich das Luftschiff innerhalb dieser Bucht, war es nicht mehr zu erkennen. Einige niederrangige Magier befanden sich auf speziellen Balkonen, auf denen auch riesige Kristalle aufgestellt waren. Sie waren eindeutig damit beschäftigt einen Zauber zu weben. Die Wurzeln begannen sich zu bewegen und langsam schloss sich die Landebucht über dem Luftschiff. Aus den Zugangstunneln des Geländes drängten nun gebückt gehende Wesen in langen Mänteln, die ihre Konturen und körperlichen Maße vollkommen verschwinden ließen. In ihren bandagierten Händen fanden sich schwere Werkzeuge. Vermutlich sollten sie schon jetzt mit der Demontage des Schiffes beginnen.
Aytor, der bretonische Adjutant und Schüler von Behram Meradanz, gab auf dunmerisch Befehle, die an die Kreaturen gerichtet waren. Ohne weitere Befehle seines Meisters ging er mit den Wesen im Schlepptau nun die Rampe hinauf. Noch immer hatte Aurek das Gesagte nicht verdaut. „Und was soll jetzt aus mir werden? Ihr habt mich aus Einsamkeit hierher geholt. Ich habe meine Anstellung hinter mir gelassen und nun soll ich von euch entlassen werden?“: machte er seiner Fassungslosigkeit Luft. Der Telvanni legte den Kopf schief und lächelte kalt. „Ich habe nicht gesagt, dass ich euch entlassen würde. Ich sagte nur, dass euch eurer Dienste nicht länger Bedarf. Zumindest eurer Dienste im Bezug auf das Luftschiff bedarf ich nicht länger. Jedoch seid ihr ein passabler Magier und das macht euch dennoch für weitere Dienste in meinen Reihen geeignet. Dieser Stadt und uns allen wird eine goldene Zukunft bevorstehen, doch zunächst werden noch einige Bewährungsproben auf uns warten. Aber bis auf weiteres werdet ihr erst einmal eine Tätigkeit als Verwalter der Verliese übernehmen. Wir haben dort ein paar spezielle Gäste, die ab und an Probleme machen können. Eure Fähigkeiten wären dort sicherlich von Nutzen“: bot er ihm eine andere Beschäftigung an. Aurek wandte sich um und musste mit ansehen, wie die gemantelten Gestalten bereits das Schiff auseinander nahmen. Ein innerer, nicht zu deutender Schmerz durchzuckte ihn dabei. Der Nord dachte nach, doch blieb ihm selbst bei intensiver Überlegung keine andere Wahl. Er wandte sich wieder an den Telvanni. „Ich bin einverstanden“: stimmte er zu. Das Lächeln auf den Lippen des Hexers schien nun etwas ehrlicher zu werden, doch dann verschwand es schnell wieder. „Gut kommt mit mir“: befahl der Dunmer schroff und Aurek folgte ihm.
„Was wollt ihr eigentlich mit den Luftschiffen?“: fragte Aurek. „Ich sagte doch, dass Prüfungen auf uns zu kommen. Eine große Prüfung ist mit den Daedra schon jetzt in Gange. Wisst ihr? Durch die Verbesserung der Konstruktion der Luftschiffe bieten sie nun genug Platz für einige rudimentäre Waffensysteme. Sobald ich auch noch weitere Baupläne entschlüsselt habe, haben wir in Uvirith Mora bald Waffen, die meiner Sache in diesem Konflikt sehr zum Vorteil gereichen werden“: antwortete der Dunkelelf, während sie in einen der Tunnel und damit in einen unterirdischen Wurzelgang traten. Kurz hinter dem Zugang zischte es plötzlich laut, sodass Aurek instinktiv zusammenzuckte. Aus dem Schatten rollten zwei Zenturio-Sphären und fuhren ihre Waffen aus. Sie Platzierten sich hinter ihnen und bildeten eine Art Eskorte. „Wisst ihr dies sind unruhige Zeiten, doch wer mir treu zur Seite steht, dem wird Mora Uvirith ein Fels in der Brandung sein“: sagte er, als sie aus dem Gang nach draußen in die wenig belebten Straßen der Stadt traten. Aurek würde diesen Ratschlag beherzigen.
Was in der Zwischenzeit geschieht... IV
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Aytor von Brasselin
Aytor ging ruhelos vor dem Eingang der großen Ratskammer auf und ab. Ab und an blieb er stehen, stemmte die Hände in Hüfte, schaute an die Decke und ließ Luft laut zischend aus seinen Lungen entweichen. „Er verspätet sich. Die Ratssitzung wird gleich beginnen. Die Leute sind bereits zusammen gekommen und füllen die Zuschauerränge. Wenn er nicht kommt, wird das Volk enttäuscht sein“: dachte der junge Bretone. Er hatte gemäß seines Auftrages Informationen über Inhalt und Ziel der Versammlung an den örtlichen Pöbel durchgesteckt, um ein anständiges Publikum für den heutigen Tag zu versammeln und nun schien es, als würde die Versammlung ohne ihn stattfinden. Er kaute bereits an den Nägeln, als die beiden Türwächter kamen, um die hölzerne Rundtür zur Ratskammer zu schließen. „Sprecher, die Versammlung beginnt pünktlich. Wir werden euch aussperren, wenn ihr nicht sofort eintretet“: wies ihn einer der beiden Wachen in Knochenpanzer mit dem üblichen Kopffüßerhelm auf das Protokoll hin. Laut seufzend trat er ein in die Ratskammer ein, während die Männer die Tür hinter ihm schlossen. Seine Instruktionen waren klar. Notfalls konnte er diese Versammlung auch allein bewältigen. Er blickte zur Decke, wo sich der große magische Kristall abzeichnete, der ein diffuses, blaues, magisches Licht in den Raum warf und mitsamt dem komplexen Wurzelmuster ebenso eine Zier der Kammer darstellte. Bis auf sein eigenes waren die Podeste der Sprecher bereits belegt. Sein Blick fuhr jedoch zunächst noch einmal nach oben, wo sich die Bürger Sadrith Moras bereits auf der kleinen Galerie oberhalb drängten, bevor er die Anwesenden Sprecher einer kurzen Musterung unterzog. Die Gesichter waren gewohnt ausdruckslos und desinteressiert. Nur das Gesicht von Galos Mathendis, zeigte, wie allerdings zu erwarten war, Abneigung und Abscheu. Dieser Dunmer repräsentierte Meister Aryon im Rat und war Aytor ein Dorn im Auge. Nicht grundlos sagte man dem Mann nach, dass er ein geschickter Diplomat sei. Er verstand es schon in der Vergangenheit die eher konservativen Ratsmitglieder von einigen Maßnahmen seines eher modernen Meisters zu überzeugen und die offensichtliche Distanz zwischen den einzelnen Ratsherren zu schließen. In letzter Zeit bildete er so etwas wie seinen Gegenpol im Rat. Galos machte ihm das Leben nur allzu schwer. Er hatte sich bereits darauf gefreut, wie der Sprecher in der heutigen Ratssitzung von einem leibhaftigen Ratsherrn verbal zerpflückt werden würde, aber offenbar hatte man ihn versetzt und nun blieb es wieder an ihm hängen. Die Instruktion war klar und er wusste was zu tun war. Er würde seinen Auftrag ausführen. Er holte noch einmal tief Luft und stieg gemessenen Schrittes auf sein Podest hinauf.
Arara Uvulas, die Sprecherin Meister Neloths, eröffnete die Sitzung: „Werte Sprecher des Rates. Da wir nun vollzählig sind, lasst uns mit der Versammlung beginnen. Als erster Punkt steht die Aufnahme von Flüchtlingen aus angegriffenen Gebieten im Westen und Zentrum Vvardenfells auf der Tagesordnung. Wir wurden abermals von Haus Redoran und auch Haus Hlaalu inständig darum gebeten, uns der brisanten Lage bewusst zu werden, mit ihnen zusammen zu stehen und Flüchtlinge aus den versehrten Gebieten des Hauses Redoran aufzunehmen, um deren Städte und Versorgungssituation zu entlasten. Sollte der Rat diese dringende Bitte positiv bescheiden, so ist diese Entscheidung für alle Ratsmitglieder gleichermaßen bindend. Wie stehen die Sprecher zu dieser Angelegenheit?“ Seine Anweisungen waren eindeutig, also meldete er sich, doch Galos kam ihm zuvor, in dem er das Wort zuerst ergriff: „Meister Aryon unterstützt diesen Vorschlag. Trotz der schwierigen Situation in der er sich gegenwärtig auf dem Festland befindet, hilft er schon jetzt Inlandsflüchtlingen sicher nach Sheogorad zu fliehen und versorgt sie, soweit es uns möglich ist, mit dem Notwendigsten. Wenn wir den anderen Häusern helfen, können wir auch auf ihre Hilfe zählen. Das Kaiserreich hat seinen guten Willen bereits unter Beweis gestellt, in dem es meinen Meister im Kampf gegen die Daedra auf dem Festland mit Truppen unterstützt. Der Antrag soll angenommen werden.“ „Pah. Das Kaiserreich will nichts Gutes für das Haus. Die Hilfe, die es euch in Aussicht stellt, ist der erste Schritt zur Besetzung auch dieses Teils der Insel. Ihre Präsenz hier ist nicht groß genug, um diesem hohen Haus ihren Willen aufzuzwingen, doch wenn die Bedrohung durch Oblivion erst einmal abgewehrt ist, werden sie hier mit tausenden Soldaten direkt in unserem Land stehen und dann aus Gründen der Sicherheit nicht mehr weichen. Und die Bitte ist in jedem Fall auszuschlagen. Wenn ein Ratsherr sich bemüht sieht den Flüchtlingen zu helfen, wie Meister Aryon dies tut, dann ist das sehr nobel, aber auch seine eigene Entscheidung. Wir anderen sollten nicht über Gebühr dazu verpflichtet werden und uns eventuell Spione der Mythischen Morgenröte oder Bettler, Diebe und anderes Pack in unsere Städte holen, die hier die Moral und die Ordnung untergraben. Und ihr werter Galos, spracht von etwaiger Hilfe, die uns zu Teil werden würde. Das ist lächerlich. Hlaalu und Redoran können kaum die Daedra von der Westspalte fernhalten und brauchen dort all ihre Kräfte. Niemand von denen wird uns helfen, selbst wenn wir noch so viele hungrige Mäuler aufnehmen. Ich bitte daher auch alle anderen Sprecher eindringlich die Bitte abzulehnen“: legte Aytor dar. Damit waren die beiden widerstreitenden Positionen abgesteckt. Häufiger waren er und Galos die Wortführer der beiden Fraktionen in der Kammer bei solchen Abstimmungen. In der Regel verlegten sich die anderen Sprecher darauf sich einer der beiden Meinungen anzuschließen. Wie das Volk dazu stand, Flüchtlinge aufnehmen zu müssen, war laut und deutlich von oben zu hören. Das Auspfeifen seines Gegners und der Jubel bei seiner eigenen Positionierung ließen den Bretonen regelrecht wachsen und tatsächlich traf der Rat eine vernünftige, weil für ihn vorteilhafte, Entscheidung. Die Vertreter von Neloth, Dratha und Gothren stimmten mit ihm gegen die Aufnahme der Flüchtlinge. Nur Felisa Ulessen, die Sprecherin Meisterin Theranas, stimmte mit Galos überein. Damit war die Bitte abgewiesen. Außerdem gelangen ihm zwei weitere Siege, in dem er eine Lockerung der Freizügigkeitseinschränkungen für Fremdländer in Sadrith Mora in gleicher Weise verhinderte und sogar Mallam Ryon darin unterstützte eine Rüge Aryons durch den Rat vorzunehmen, die sein tolerantes Verhalten gegenüber entlaufenen Sklaven kritisierte. Doch waren das nur Vorgeplänkel für die zwei wichtigsten Punkte der Besprechung.
Wieder kündigte Uvulas an: „Der vierte Tagesordnungspunkt sind die zwei Anträge Meister Aryons auf Verstärkung durch Truppen des Fürstenhauses, also der Streitkräfte des Rates sowohl jeden einzelnen Ratsmitgliedes. Die Anträge befassen sich zunächst, als dringlicher Eilantrag deklariert, mit der Verteidigung von Meister Aryons Position in Tel Vos und Vos und der flächendeckenden Verteidigung des telvannischen Festlandgebietes in den Weidenländern. Der zweite Antrag umfasst das Schicken von Truppen in die gefährdeten und umkämpften Gebiete im Westen Vvardenfells, um den anderen Häusern beizustehen. Als Vertreter des Antrags möchte Galos Mathendis als Sprecher Meister Aryons nun zum Rat sprechen.“ Gerade als der Dunmer zu sprechen ansetzen wollte, fühlte Aytor eine seltsame Schwingung im Raum. Er konnte sie nicht genau einordnen oder lokalisieren, also konzentrierte er sich wieder auf seinen Konkurrenten im Rat. „Wie ihr alle wisst, befindet sich mein Meister Aryon in einer schwierigen Lage. Die Daedra belagern den Sitz meines Meisters in Tel Vos und bedrängen unsere Stellungen trotz erfolgreichen Ausfallversuchen der Legion, die uns in unserem Kampf bereits unterstützt, von Tag zu Tag immer mehr. Unsere Verbände sind geschwächt und wir brauchen Verstärkung. Nicht nur, dass wir einen wichtigen und großen Teil des Festlandbesitzes unseres Fürstenhauses damit verteidigen, sondern wir fangen auch die Daedra ab, bevor sie überhaupt in die Nähe kommen, um die Residenzstädte eurer Meister oder gar dieses hohe Haus hier anzugreifen. Wir kämpfen nicht nur um unser Überleben, sondern auch für das Haus Telvanni und auch die anderen Mitglieder des Rates. Daher bitte ich im Namen meines Meisters um Verstärkung, um die Daedra abzuwehren, sie zurückzuschlagen und die Tore zu schließen. Nur mit der vereinten Kraft des Fürstenhauses können wir sie besiegen, bevor sie uns überwältigen. Und auch aus diesem Grund müssen wir die anderen Häuser bei ihrem Kampf unterstützen. Nur wenn wir ganz Vvardenfell von Daedra und vor allem den Toren als Nachschubportalen säubern, wird wieder Ruhe und Sicherheit einkehren. Ich bitte daher den Rat inständig den Anträgen zuzustimmen. Im Namen von Meister Aryon tue ich dies.“: brachte er seine Argumente vor. Die Ratsmitglieder schienen nachdenklich. Aytor knirschte mit den Zähnen. Ständig aufs Neue ließ Aryon diesen Antrag einbringen und seit Monaten blockierten er und sein Meister durch geschickte Diplomatie im Hintergrund die Entscheidungen dafür, doch inzwischen schien sich Aryon immer mehr durchzusetzen. Ein gehässiger Blick strahlte von Galos zu ihm herüber. Der Bretone wusste, dass er als Nicht-Dunmer im Rat der Telvanni insgeheim sowieso Objekt der Verachtung der anderen Sprecher war, aber er wusste auch, dass sie sich darüber im Klaren waren, dass er als Schüler und Sprecher seines Meisters wesentlich mächtiger war, als die meisten von ihnen, die in der Regel nicht viel mehr taten als die Anweisungen ihrer Meister auszuführen und im Ratssaal zu verschimmeln. Er würde Galos entgegentreten und ein gemeinsames Handeln der Telvanni wie zuvor verhindern. Doch bevor er das Wort ergreifen konnte, tauchte plötzlich aus einer violetten Wolke jemand inmitten der Ratshalle auf. In Aytors Gesicht bildete sich umgehend ein breites Grinsen. „Er ist spät, aber er kommt rechtzeitig“: dachte der Bretone und schaute zu, wie sich Behram Meradanz im Saal manifestierte.
„Verehrter Rat. Ich möchte zu diesen beiden Anträgen gerne Stellung beziehen“: tat Meister Meradanz den Grund seiner Anwesenheit kund und fing sich dadurch Galos‘ heftigen Widerspruch ein: „Meister Meradanz. Die Ratsversammlung hat lange begonnen und ihr habt euer Erscheinen nicht angekündigt, überhaupt ist es unüblich, dass…“ Weiter kam der Dunmer nicht, sondern wurde bestimmt, aber nicht unfreundlich durch den Ratsherr in die Schranken gewiesen: „Verzeiht, Sprecher, inwiefern ist es unüblich, wenn ein Ratsherr (er betonte das Rat besonders) des Hauses Telvanni nicht im Rat der Telvanni sprechen möchte. Zudem war mein Sprecher, also mein Repräsentant pünktlich zugegen. Nun spreche ich für mich selbst, anstatt an meiner statt sprechen zu lassen. Ihr werdet mir wohl kaum dieses mir gebührende Recht verweigern wollen.“ Aytors Lächeln nahm nur eiskalte und boshafte Züge an, als er die Szene beobachte und er ließ seinen Konkurrenten die Zufriedenheit auch sehen. Derweil ergriff sein Meister nun das Wort an den Rat: „Immer häufiger schreit Aryon nach diesem oder jenem und beschwört den Zusammenhalt des Hauses. Innerhalb der letzten Monate verging kaum eine Sitzung in der er nicht Verstärkung gegen die Daedra forderte, ohne die er und wir bald Gefahr liefen, vernichtet zu werden. Doch sehe ich die viel größere Gefahr darin, diesem Gebaren nachzugeben. Stets lag es im Interesse der Meister des Hauses Telvanni, dass sich das Haus und die anderen Ratsherren aus ihren Angelegenheiten heraushielten. Und wir alle, auch Aryon, haben davon profitiert. Niemand sagte etwas, als er Herr der riesigen und fruchtbaren Weidenländer wurde und diese entsprechend bewirtschaften konnte, während die anderen hier anwesenden Sprecher für Meister sprechen, denen nicht viel mehr als eine Insel und die ein oder andere Eiermine gegeben sind. Ich für meinen Teil besitze zwar Land, aber ihr wisst selbst um die Beschaffenheit der Molag Amur. Niemand hat je von Aryon verlangt einen Teil seiner Einnahmen an die anderen Städte abzuführen oder gar das Fürstenhaus als solches zu alimentieren. Wir haben ihn auch nie mit Hilfegesuchen belästigt. Er hat also gute Jahre lang von der liberalen Haltung unseres Hauses profitiert. Und was ist nun? Jetzt verlangt er nicht nur von mir, sondern von uns allen Hilfe in nicht bezifferbarem Ausmaß. Er verlangt Truppen, die wir womöglich, ich erinnere an das Tor, dass sich vor einiger Zeit hier vor Sadrith Mora öffnete, selbst in naher Zukunft benötigen. Es widerspricht der Liberalität des Hauses Telvanni wenn die Gemeinschaft für einen Einzelnen einstehen muss. Wer seine Freiheit bekommt, der muss schließlich auch alleine zurechtkommen können. Es ist Aryons eigenes Verschulden, wenn er mit den Daedra nun nicht fertig wird. Wir sollten uns nun nicht dazu verpflichten lassen, für seine Fehler einzustehen und uns damit selbst zu gefährden.“
Galos fuhr wütend nach oben, aber fing sich noch im letzten Moment. Aytor lächelte. Der Dunmer wusste zu gut, dass er gegenüber einem Meister im Gegensatz zu einem anderen Sprecher nicht so reden konnte. Es war ein geradezu genialer Schachzug von Meister Meradanz gewesen, persönlich vor den Rat zu treten. Und im Moment waren die Leute auf den Rängen auch auf seiner Seite. Kurzzeitig schien Galos seine Worte zu sortieren und sich zu beruhigen, bevor er zu sprechen begann: „Meister Meradanz, gewiss ist es richtig was ihr sagt, aber es ist doch eindeutig nicht von der Hand zu weisen, dass uns die Invasion der Daedra alle betrifft. Wir führen den Kampf doch auch für euch. Stünde mein Meister nicht für das Fürstenhaus in der Bresche kämen die Invasoren bis an die Zafirbel-Bucht heran und würden auch Tel Mora, Tel Aruhn und womöglich sogar Sadrith Mora bedrohen. Mein Meister kämpft für euch. Wir verlangen die Hilfe nicht für uns allein, sondern für uns alle und appellieren an die Solidarität des Hauses. Wir sind ein Fürstenhaus und müssen auch so handeln.“
Meister Meradanz lachte. Aytor war sich sicher, dass sein Meister die Argumente seines Gegners bereits vorhergesehen hatte. Der Bretone lehnte sich entspannt gegen die Wand, zwar war das Flüstern der oberen Ränge nachdenklicher Mienen gewichen, aber sein Meister würde schon wissen, wie ihr das aufbrechen musste. Noch immer lachte er, doch hörte er von einem Moment auf den anderen damit auf und fixierte dann Galos, wie eine Schlange wohl ihre Beute fixieren würde. „Der Rat möge mir diesen kleinen Anflug von Belustigung verzeihen, aber diese Worte entbehrten nicht einer gewissen Komik. Ihr sagt also, dass ihr uns alle verteidigen wollt? Wir wären alle in Gefahr, wenn die Daedra durchbrechen würden? Ihr spracht von Tel Mora, Tel Aruhn und gar von Sadrith Mora. Doch was ist eigentlich mit Mora Uvirith und Tel Uvirith, meiner Stadt und meiner Festung in der Molag Amur? Ich stehe wie ihr an der vordersten Front der gegen die daedrischen Invasoren im Inland und ich belästige dieses hohe Haus nicht seit Monaten mit der flehenden Bitte nach neuen Truppen. Stand mein Sprecher hier jemals seit Ausbruch der Krise als Bittsteller vor euch und forderte von euch Truppen oder sonstige Unterstützung, weil ich nicht mehr in der Lage war, mein mir anvertrautes Gebiet zu sichern und zu halten? Nein, im Gegensatz zu Aryon, der offenbar nicht fähig ist seinem Amt gerecht zu werden, sah ich mich nie bemüßigt diesen Rat anzugehen und für Soldaten auszunutzen. Also sprecht ihr nicht davon, dass ihr UNS beschützen würdet, viel eher würdet ihr die Verteidigungskraft jedes einzelnen Ratsmitgliedes schwächen!“: warf Meister Meradanz Galos vor, der nun wirklich vor Wut kochte. Aytor erkannte, dass sein Gebieter den verdammten Sprecher Aryons in die Falle getrieben hatte. Würde er diesen Anschuldigen nicht konsequent widersprechen wäre es genauso schlimm für sein Ansehen als Sprecher, wenn er Meister Meradanz anfahren würde.
„Ausnutzen? Ihr verkehrt den Begriff der Solidarität, die doch wohl einem Fürstenhaus wie dem unseren angemessen ist, zu einer Perversion! Außerdem ist es leicht sich so egoistisch zu gebärden, wenn man von den Daedra nicht angegriffen wird!“: warf der Sprecher dem Meister vor. Die anderen Sprecher runzelten die Stirn. „Galos, scheinbar habt ihr vergessen mit wem ihr hier redet. Ihr solltet euch die Frage stellen, ob euer Meister nicht vielleicht etwas falsch macht, wenn die Daedra bereits soweit in seinem Land stehen, während mein Volk von Angriffen unbehelligt bleibt. Wenn ihr eure Grenzen allein nicht sauber halten könnt, so sollte der Rat vielleicht vielmehr darüber nachdenken die Verantwortung für die Weidenländer jemand anderem zu übertragen. Und die Pervertierung der Solidarität, die ihr mir vorwerft, ist Makulatur. Als Mitglied des Rates der Telvanni fühle ich mich dazu verpflichtet die Statuten dieses Hauses zu wahren, wie sie im Braunen Buch niedergelegt sind. Es ist unser urgemäßes und unveräußerliches Recht, dass uns als Mitgliedern des Hauses die größtmögliche Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit eingeräumt ist. Diese Statuten bilden das Haus Telvanni! Jede Forderung, nach sonst wie begründeter Solidarität, schränkt die Freiheit des Rates und seiner Mitglieder und damit des Hauses ein. Aryon hat ebenso davon profitiert, das wir uns in seine ••••reien mit dem Kaiserreich über Jahre nicht eingemischt haben, sodass er nun auch nicht sagen kann, die Verantwortung, die er als unabhängiger Magierfürst des Hauses für seine ihm anvertrauten Ländereien allein übernehmen muss, müsse der Rat gemeinsam tragen. Wer Liberalität will, muss auch die Konsequenzen dafür tragen. Nicht nur das Gebot der Vernunft unsere eigenen Streitkräfte für den Ernstfall zu schonen, sondern auch das unveräußerliche Gesetz der berühmten telvannischen Unabhängigkeit seiner Mitglieder muss als zwingend angesehen werden, den Antrag Aryons auf Unterstützung zurückzuweisen. Oder wollt ihr etwa den Statuten des Hauses Telvanni widersprechen, Galos? Wollt ihr diesem Rat empfehlen entgegen der alten Gesetze zu handeln?“: fertigte Behram Meradanz seinen Debattengegner vor aller Augen ab.
„Das war es!“: stellte Aytor fest. Galos senkte den Kopf während sein Kiefer mahlend arbeitete. Der Rat war eher konservativ besetzt und der Ausbruch Galos sowie der Verweis auf die alten Gesetze würden Wirkung zeigen. Meister Meradanz hatte einen weiteren Sieg über Aryon errungen, doch noch schwebte der Antrag zur Unterstützung der anderen Fürstenhäuser im Raum, dem sich der Magierfürst sogleich auch noch annahm: „Wenn ich recht informiert bin, so steht auch noch die Frage unserer Unterstützung der anderen Häuser im Raum. Wie dargelegt, werden die uns gar nicht helfen können, wenn wir ihnen unsere Hilfe entsenden. Wir haben keine Gegenleistung zu erwarten und schwächen dadurch unsere eigene Position und das Kaiserreich… reden wir nicht davon. Zur Güte ein Vorschlag. Wer willens ist seine Truppen, die eigentlich dem Schutz unserer Heimat dienen, für die Sicherung der Gebiete anderer Häuser abzustellen, die uns in der Vergangenheit mit Neid, Missgunst und Gewalt begegnet sind, der möge dies gerne tun, sofern er dies wünscht, aber ein Zwang für den gesamten Rat lehne ich aus den schon zuvor genannten Gründen unserer jeweiligen Eigenständigkeit ab. Denn ich will meinem Volk nicht erklären wollen, warum ich sie den Daedra preisgeben soll, um Leute zu schützen, die ihnen im letzten Bürgerkrieg noch den Schädel einschlagen wollten.“ Aytor konnte gar nicht mehr aufhören zu lächeln. Sein Meister bespielte das Tapet gekonnt. Außer einem gemurmelten Einwand von Solidarität und Notwendigkeit war von Galos auch nicht mehr viel zu vernehmen. Und das Volk auf der Galerie wusste, wo es die Soldaten haben wollte. Uvulas rief einmal mehr zur Abstimmung auf und der Ratsbeschluss konnte eindeutiger kaum sein. Für den Antrag war nur Aryons Sprecher allein. Dann wandte sich der Sprecher Meister Neloths wieder an Meister Meradanz: „Da der nächste Antrag der eure ist, wollt ihr euch wieder selbst vertreten oder überlasst ihr dies eurem Sprecher?“ Der Magierfürst beanspruchte dies für sich selbst, denn so war es auch geplant. Aytor konnte sich nun zurücklehnen. „Der letzte Punkt der Tagesordnung befasst sich mit dem Antrag Meister Meradanz‘ die Vertreter der Kaiserreichs und vor allem der Magiergilde, die sich in der Wolfenhalle niedergelassen haben, aus Sadrith Mora auszuweisen. Er wird nun zu dieser Sache sprechen“: verkündete Uvulas. Ein Raunen ging durch die Menge auf der Galerie und auch der Rat schien sich nicht sonderlich wohl zu fühlen. Bis auf Aryon war der Rat grundsätzlich gegen das Kaiserreich im Allgemeinen und die Magiergilde im Speziellen, was aber nicht bedeutete, dass sie einen offenen Eklat und Bruch mit dem Reich gewagt hätten, wie ihn Meister Meradanz derzeit anstrebte, um seine Pläne voranzutreiben.
„Sprecher des Rates. Der Antrag den ich eingebracht habe, erscheint sicherlich vielen von euch als gewagt, doch ist es meiner Ansicht nach die einzige angemessene Reaktion auf die jahrelangen Provokationen durch das Kaiserreich und dessen Institutionen. Und es ist gerade diese Situation in der mir dieser Schlag gegen das verdorbene Reich am geeignetsten scheint. Es ist im Moment verwundbar und angeschlagen und wird unsere Klage nicht mehr einfach vermittels seiner Legionen zum Verstummen bringen können. Nein. Dies ist die Gelegenheit eine Linie in die Asche zu ziehen. Ich spreche noch nicht vom offenen Bruch mit dem Reich, sondern nur von einem Signal, dass wir für unser legitimes Recht eintreten und das mit allem Nachdruck. Das Haus Telvanni rühmte sich bisher immer seiner Unabhängigkeit, seiner Sitten und seiner langen Traditionen und bewahrte diese Werte für alle Bürger, die unter seinem Schutz standen. Das Recht auf unsere eigenen Traditionen, unsere eigenen Gesetze, die Selbstverwaltung und unsere vom Reich unabhängige, eigene und einzigartige Lebensweise wurde Morrowind, damit allen Dunmern und damit auch diesem Fürstenhaus im Friedensvertrag, der uns als Provinz dem Kaiserreich angliederte, ausdrücklich eingeräumt. Wir haben hart gegen die Annexion durch die kurzlebigen Menschen gekämpft und wurden dafür mit Rechten belohnt, die einzigartig sind, für ein Land mit dem Status einer Provinz. Diese Rechte, die wir mit Blut erkauft hatten, stehen allen Dunmern und somit diesem Fürstenhaus zu!“: ließ er verlauten, während zustimmender Beifall von der Galerie hinunter tönte, sodass Uvulas der Menge das Wort verbieten musste, damit Meister Meradanz verständlich fortfahren konnte. Es war ihm anzusehen, wie sehr er sich dem Gelingen seines Vorhabens sicher wähnte.
Aytors dezente Vorarbeit in den örtlichen Gasthäusern war dem Ganzen aber auch nicht abträglich gewesen, sodass der Magierfürst mit der Zustimmung der breiten Masse rechnen konnte, als er fortfuhr: „Das Kaiserreich hat uns diese weitgreifenden Zugeständnisse vertraglich zugesichert und festgehalten und wir haben uns gemäß des Vertrages in die Knechtschaft des Reiches gefügt. Doch seit einiger Zeit scheinen sie sich nicht mehr bemüßigt zu fühlen sich an ihren Teil der Abmachung zu halten. Wie oft in der jüngeren Vergangenheit wurde mehr oder minder offensichtlich versucht auf unsere Politik Einfluss zu nehmen und uns ihren Willen aufzuzwingen. Zunächst verbietet die Kaiserliche Handelsgilde den Handel mit seltenen Artefakten, manchen einheimischen Nahrungsmitteln und bestimmter Tränke und bietet sie dann mit großem Aufschlag in unseren Gefilden an. Desweiteren werden wir gezwungen unsere Märkte für fremdländische Händler zu öffnen oder unter einen Handelsboykott zu fallen. Dann will ich daran erinnern, dass uns die traditionsreiche Sklavenhaltung, ein Teil unserer Identität, verboten werden sollte. Doch der größte Eklat ist nicht einmal ein Jahrzehnt her. Vor sieben Jahren wagte die verfluchte Magiergilde mit dem Reich im Rücken einen Versuch ihr Magiemonopol im Reich zu erneuern, in dem es unsere Magieausübung unter die Kontrolle der Gilde stellen und uns die freie Lehre der magischen Künste verbieten wollte. Das Haus Telvanni war seit jeher das Haus der Magie und seit dem Zerfall Haus Dagoths vor Jahrhunderten die magische Frontlinie der Dunmer. Kein anderes Haus kann ein ähnlich großes Kontingent an Kampfmagiern aufstellen, wie wir dies können. Die Lehre und Ausübung der Magie und vor allem die freie Lehre und freie Ausübung und Erforschung der Magie jenseits der restriktiven Konzessionen der Gilde sind der Kern und die Seele dieses Fürstenhauses und aller seiner Bürger. Dieser Kern unserer ganzen Existenz sollte uns durch die Magiergilde und das Kaiserreich genommen werden. Wir konnten diesen Beschluss nur knapp verhindern. Doch bei diesem letzten herausragenden Versuch werden es weder die Magiergilde noch das Kaiserreich belassen, wenn es darum geht, sich Morrowind völlig Untertan zu machen. Wie weit unsere früheren Rechte bereits zersetzt sind, zeigt sich daran, dass das Reich nicht mehr direkt herrschen muss, sondern indirekt herrschen kann. Der Erlass, der die Sklavenhaltung auch für Morrowind verbieten sollte, entstammte der federführenden Hand des Hauses Hlaalu. Zunächst war es ihr Hlaalu-König auf dem Thron dieses Landes und dann der kaiserliche Statthalter in Ebenherz für den sogenannten Vvardenfell-Distrikt, ebenfalls ein Hlaalu, die dieses Abkommen durchzusetzen versuchten. Nicht nur, dass sie damit ihre eigene profitgierigen Zwecke verfolgten, uns und das Haus Dres zu schwächen, sondern sie handelten damit in direktem Auftrag des Reiches. Das dieses Land und dieser „Distrikt“ von Mitgliedern eines Hauses regiert werden, dass sich konsequent an das Kaiserreich verhurt und angeschmiegt hat, ist damit natürlich kein Wunder. Nicht wir bestimmen unsere Herrscher, sondern das Reich wählt das ihm genehmste Haus aus. Und so kann es uns in doppelter Weise beherrschen. Zum Einen gewinnt es Kontrolle dadurch, dass die Hlaalus alles tun, um dem Reich zu gefallen zum Anderen können sie über die Hlaalu, die die wichtigsten Posten in der Provinz besetzen, die Regierung bestimmen. Nicht König Hlaalu Helseth beherrscht Morrowind sondern der Lordkanzler in Cyrodiil beherrscht es und die Gilden und Institutionen dieser Besatzer, die sich als unsere Beschützer verkaufen, machen sich dieses Land zu ihrer Beute. Ich wähle hiermit klare Worte. Es muss eine Linie gezogen werden, in dem wir diese kaiserlichen Hunde, die uns durch ein Ränkespiel im Hintergrund in die Unterwerfung zwingen wollen, aus unserer Ratsstadt und am besten aus unserem gesamten Einflussbereich vertreiben. Lassen wir sie und ihre steingewordenen Symbole der Fremdherrschaft brennen. Dieser Antrag muss angenommen werden. Oder wollen wir etwa auf die Stufe des Fürstenhauses Hlaalu herabsinken und uns als ••••n und Marketender an das Kaiserreich und die Magiergilde verkaufen?!“
Inzwischen waren die Leute auf den Rängen richtig eingepeitscht und feierten Behram Meradanz wie einen Volkstribun. Aytor lächelte in sich hinein. „Das Pulverfasst ist aufgestellt und die Lunte gelegt. Es bedarf nur noch eines letzten Funkens“: dachte der Sprecher, während Galos noch einen Versuch unternahm die Wogen zu glätten, aber von Meister Meradanz dadurch abgebügelt wurde, dass er ihn ebenfalls der ••••rei mit dem Kaiserreich bezichtigte, da Meister Aryon die Hilfe der Legion in Anspruch nahm. Aryons Position im Rat war nun erheblich geschwächt und damit ein weiteres Ziel erreicht. Die restliche Debatte zog sich nur noch kurz hin, bevor Uvulas zur Abstimmung aufrief. Wie erwarten stimmte Galos dagegen, tat dann jedoch etwas Unerwartetes und teleportierte sich nach der Stimmabgabe einfach weg. „Vermutlich hat er genug“: befand Aytor und konzentrierte sich wieder auf die Abstimmung. „Meine Haltung dürfte wohl offensichtlich gewesen sein“: unterstützte Meradanz seinen eigenen Antrag formell. „Dieser Antrag wäre ganz im Sinne meiner Herrin“: stimmte Raven Omayn, die Sprecherin von Meisterin Dratha, zu. „Gleiches gilt auch für meine Herrin“: tat dies Felisa Ulessen, die Sprecherin Meisterin Theranas, ebenfalls. Die Antwort der Sprecher der beiden grauen Eminenzen des Rates ließ allerdings auf sich warten, denn die waren noch in ein geflüstertes Gespräch vertieft, dem Aytor nicht folgen konnte. Erst nach einigen Minuten ergriff Mallam Ryon, der Sprecher von Erzmagister Gothren, wohl für beide das Wort. „Meister Meradanz wir können eure Intention verstehen und schließen uns dem hehren Ziel hinter eurem Antrag an, doch halten wir es für unklug in der jetzigen Situation einen noch größeren Streit zu provozieren und unsere eigene Position zu gefährden. Vielmehr sollten wir warten, bis sich die Krise gelegt hat, um dann aus einer stärkeren Position dem Kaiserreich diktieren zu können. Wir lehnen euren Antrag hiermit ab“: verkündete Ryon. Dann erhob sich Uvulas und brachte das Ergebnis auf ein Patt, wodurch der Antrag keine Mehrheit fand und deswegen abgewiesen werden musste. Von den Rängen waren ob dieses Ergebnisses allerdings wüste Beschimpfungen und deutlich andere Wünsche zu hören. Dennoch schloss Uvulas die Ratssitzung und der von Meister Meradanz eingepeitschte Mob wurde regelrecht kochend von den Wachen nach draußen verbracht. Ebenso verließ auch Aytor mit seinem Meister die Ratskammer und zog sich mit ihm in eine Nische zurück.
„Eine erfolgreiche Versammlung, auch wenn der Antrag gescheitert ist“: meinte Aytor zufrieden. Das Gesicht seines Meisters verriet keine Gefühlsregung. Allerdings wirkte er von seiner Haltung ebenso zufrieden. „Damit hatten wir ja schon gerechnet. Ich hoffe doch, dass du die Vorbereitungen getroffen hast“: meinte Meradanz wegwerfend. „Natürlich habe ich sie getroffen. Es bedarf nur noch eines Zeichens. Der Mob, der sich jetzt vor der Ratshalle befindet, ist aufgrund eurer grandiosen Rede und der ablehnenden Haltung des Rates auch in der richtigen Stimmung, wie ihr es geplant hattet“: versicherte Aytor. „Warum müssen Gothren und Neloth bzw. ihre Sprecher auch so vernünftig sein? Dieser Zwist muss endlich auf eine neue Stufe gehoben werden. Erst ein handfester Kampf gegen die Gilde wird meinen Interessen dienlich sein. Wenn alles funktioniert, dürfte heute das Fass überlaufen“: sinnierte der Magierfürst über den Plan nach. „Gewiss wird es das. Noch einmal wird sich der Volkszorn nicht so glimpflich entladen wie damals. Ihr könnt ganz unbesorgt sein. Die Gerüchte und Hassreden, die ich in den vergangenen Wochen habe streuen lassen, werden ein übrigens dazu getan haben, den Pöbel da draußen in blutrünstige Tiere zu verwandeln“: war Aytor vom Gelingen des Plans überzeugt. Ein diabolisches Lächeln zeichnete sich auf Behrams Lippen ab: „Gut. Ich werde Meister Neloth in seinem Turm besuchen. Und wenn ich von seinem Balkon hinabschaue, möchte ich meinen Plan aufgehen sehen. Also los mit dir und lass das Fass überlaufen.“ Im nächsten Augenblick war sein Meister weg und Aytor ging nach draußen. Dort angekommen drängte er sich durch den Mob, der noch immer aufgeheizt war und die Ratsentscheidung durch lautstarken Protest noch ändern wollte. Er zog sich die Kapuze seiner Robe über, sodass sein Gesicht in Schatten lag, als er in der Menge nach seinem Funken suchte und ihn schließlich am Rand fand. Er packte ihn im Vorbeigehen an der Schulter und drückte sie einmal kräftig. Das war das Signal. Der Bretone selbst verschwand dann eilenden Schrittes in eine nahe Gasse zwischen zwei Pilzhäusern und verbarg sich im Schatten, um von dort aus zu beobachten. Mit innerlich überschäumender Freude beobachtete er, wie sich sein gedungener dunmerischer Provokateur auf einen halbhohen Felsen stellte und die Menge durch lautes Rufen auf sich aufmerksam machte.
„Hört her Leute. Nicht jeder im Rat scheint den Ernst der Lage begriffen zu haben und den Mut von Meister Meradanz aufbringen zu können, diesen Unterdrückern und Ausbeutern vom Kaiserreich die Stirn zu bieten. Er hat Recht. Es geht um unsere Unabhängigkeit und unsere Freiheit. Außerdem kennt ihr doch auch die Geschichten über diese verfluchten Gildemagier. Ich sage euch: Sie sind mit den Daedra im Bunde und werden unser Tod sein, damit sich das Reich über unsere Leichen hinweg das aneignen kann, was wir ihm nicht freiwillig geben werden. Wenn der Rat nicht handeln will, lasst uns handeln und dieses verdammte Schlangennest auf der Klippe ausräuchern. Lasst die Unterdrücker brennen!“: schrie er die Menge schön ein und schon bald ertönte ein Choral aus „Tod der Magiergilde“ und „Nieder mit dem Kaiserreich“. Die Bluthunde waren von der Leine und es dauerte kaum zehn Minuten, bis sie bewaffnet und wütend zur Wolfenhalle zogen. Wie schon beim ersten Pogrom vor einigen Wochen hielte sich auch diesmal die Stadtwachen völlig heraus. Doch diesmal würde der Volkszorn nicht an den Toren der kaiserlichen Befestigung halt machen. „Bumm“: kommentierte Aytor lakonisch in Gedanken und wandte sich zufrieden ab und Tel Naga zu. Sein Meister würde zufrieden sein. Er konnte die Spitze des Turms gegen die Sonne nicht erkennen, aber war sich sicher, dass sein Meister alles genau verfolgte. Er selbst hielt sich lieber weiter im Hintergrund und sah zu, wie der Mob ohne Gegenwehr durch kaiserliche Soldaten in die Festung einmarschierte und es dauerte nicht lange da fielen die ersten kaiserlichen Banner von den Mauern und wurde von den nachdrängenden Leuten zertrampelt. Die größeren Flaggen und Banner zündete man noch direkt von der Mauer hängend an, ebenso wie den gesamten Festungskomplex. Mehr als eine halbe Stunde purer Gewalt entfesselten die wütenden Bürger in dem Komplex, bevor sie ihn ansteckten, was Aytor an den Flammen erkennen konnte, die aus den Fenstern schlugen und an allen freiliegenden, brennbaren Teilen entlang züngelten. Einige amateurhafte Magiekundige unter den entfesselten Tieren, feuerten Sprengflüche auf die Mauern ab und rissen mal mehr mal weniger große Stück der Wände ein. Noch immer wehten Rufe nach dem Tod der Magiergilde von dort zu ihm herüber, doch schienen die Stimmen geradezu enttäuscht zu sein. Er beachtete diesen Umstand zunächst nicht, bis sich sein Provokateur aus der Menge löste und schnell zu ihm in die Schatten schlüpfte. Etwas schien nicht zu stimmen.
„Verdammt wir wollten uns doch erst in der Nacht treffen, du Narr. Wenn man uns zusammen sieht, gäbe das einen riesigen Aufschrei“: herrschte er den Dunmer in einfacher Hafenarbeiter-Kleidung an. „Das weis ich selbst, aber es gibt Probleme“: entgegnete dieser. „Was für Probleme?“: wollte Aytor schnellstens wissen. „Ich konnte mich so schnell gar nicht aus der Masse heraus kämpfen, um euch zu informieren. Die gesamte Festung ist leer“: berichtete er. Der Bretone starrte ihn entgeistert an. „Was soll das heißen?“: fuhr er ihn an. Der Dunmer schluckte. „Es soll heißen, dass niemand mehr dort ist. Kein Soldat, kein Gildemitglied, kein Magier, nicht ein einziger Fremdländer. Die sind alle ausgeflogen“: brachte er aus unmissverständlich auf den Punkt. „Aber wo sind sie hin? Das kann doch gar nicht sein“: rief der Bretone verwirrt aus. „Vielleicht haben sie von dem Mob Wind bekommen und sind geflohen“: wandte der Provokateur ein. „Das ist unmöglich. Es vergingen kaum zehn Minuten bevor sich unser Mob hier bewaffnet hatte und auf die Halle marschierte. So schnell kann man keine Festung evakuieren und außerdem wären sie uns dann direkt in die Arme gelaufen, du Skattelkopf. Mehrere Dutzend Menschen können doch nicht einfach so verschwinden!“: fuhr der Sprecher ihn wieder an. Der Dunmer zuckte nur mit den Schultern. „Vielleicht hat ihnen jemand etwas gesteckt, während wir noch in der Ratshalle waren“: warf er einen Vorschlag ein. „Ach wer sollte sie denn…“: begann Aytor, doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Galos!“: zischte er. Der Provokateur schaute ihn verwirrt an. „Er hat sich vor Ende der Ratssitzung wegteleportiert. Dieser Bastard muss die Fremdländer gewarnt haben. Aber sie können doch trotzdem unmöglich einfach verschwunden sein“: grübelte der Bretone über diesem seltsamen Umstand, als ihn wieder der Dunmer aus den Gedanken riss. „Ich glaube, dass ich weis wo sie sind“: sagte er und deutete die Gasse hinunter auf die Bucht hinaus. Dort konnte Aytor sehen, wie sich ein Schiff voller Menschen langsam von Sadrith Mora entfernte. Ein Galgenlachen entfuhr ihm daraufhin und der Andere schaute ihn an, als sei er verrückt geworden. „ Meister Aryon muss damit gerechnet haben, dass wir es auf eine Eskalation der Angelegenheit zusteuern lassen wollten und hat wohl seinen Sprecher instruiert“: erklärte er sich und gestand damit die Niederlage ein. Vermutlich würde das Schiff die Gildemagier sicher zum Festland oder zu einem Flüchtlingslager bringen. „Kommt mit zur Küste. Ich möchte mich dort umsehen“: bat der Bretone seinen gedungenen Dunmer, der nur mit den Schulter zuckte und ihm unauffällig folgte, während das Volk seine Wut immer noch an den leblosen Mauern ausließ.
„Seht es so. Ihr habt euer Ziel doch erreicht. Die Magier sind auch ohne großes Blutvergießen endlich aus der Stadt verschwunden. Ihr wolltet doch, dass sie verschwinden. Ihr könnt doch froh sein, wenn sie euch diesen Gefallen tun“: meinte der Dunmer als sie einen uneinsichtigen Teil der felsigen Küste erreichten und er den unzufriedenen Blick seines Auftraggebers wahrnahm. „Pah. Es ging nie darum die Gilde hier loszuwerden. Ein Blutbad hätte es geben sollen, um endlich einen offenen Krieg mit der Gilde zu provozieren, wenn das Fürstenhaus sich schon nicht selbst dazu überwinden kann“: spie Aytor regelrecht aus und trat einen Stein ins Meer. „Das verstehe ich nicht“: gestand der Dunmer und der Bretone lächelte milde. „Das müsst ihr auch nicht, denn es ist eh egal. Die Beteiligung Meister Meradanz an diesem Aufstand darf so oder so nicht ans Licht kommen“: sagte er kühl und strich sich eine Strähne seines Haares aus dem Gesicht und holte tief Luft. „Da müsst ihr keine Sorge haben. Ihr habt mich gut bezahlt und ich werde schweigen wie ein Grab“: versicherte der Dunmer. Der Bretone nickte. „Ja das werdet ihr, da bin ich mir sicher“: sagte er und bot seinem Helfer einen Schluck aus einem Flachmann an, den er unter seiner Robe hervorholte. „Wir können den sicherlich beide gut vertragen, nach so einem Tag“: meinte der Bretone, woraufhin der Provokateur zugriff und mehrere kräftige Schlucke nahm. Aytor nahm die Flasche wieder in Empfang und steckte sie unter seinen Mantel zurück. Dann blickte er aufs Meer hinaus, während der sich der Dunkelelf zu seinen Füßen stumm und mit Schaum vor dem Mund unter Schmerzen wand, die sich Aytor nicht vorstellen konnte und wollte. Als der Körper keine Regung mehr von sich gab, rollte er ihn einfach ins Wasser. Als der Zeuge und damit der Beweis beseitigt war, tauchte pünktlich hinter ihm Meister Meradanz auf. „Ich habe versagt. Die Gildemagier und die anderen Fremdländer sind entkommen“: gab Aytor zerknirscht und unumwunden zu. „Ich weis. Ich habe die Wachen angewiesen den Mob zu stoppen, da sich ihr unerfüllter Blutdurst in Gewalt gegen die Stadt selbst manifestieren wollte“: erklärte sein Meister mild und ohne Spur einer Anklage in der Stimme. „Den erhofften Flächenbrand haben wir so zwar nicht entfesselt, aber meine Pläne entwickeln sich auch so bestens. Das Kaiserreich konnte heute vielleicht ohne Opfer aus Sadrith Mora abziehen, aber vor Tel Vos werden die Daedra sie dennoch wie Schlachtvieh in Stücke hacken“: richtete Meister Meradanz seinen Blick in die Zukunft. Aytor nickte. Die Krise war lange noch nicht vorbei und es würde noch mehr als genug Gelegenheiten geben. „Wir sollten nach Tel Uvirith zurückkehren. Mein Spion aus dem Lager bei Andasreth hat heute Morgen einen interessanten Bericht geliefert. Es scheint als sei der kleine Kultist wieder umtriebig. Ich habe bereits Vorbereitungen für eine baldige Reise nach Mar Gaan getroffen“: meinte der Meister und zusammen mit seinem Sprecher und Schüler kehrte er per Rückruf-Zauber in seine Festung nach Tel Uvirith zurück.
Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Balmora / Straße
Was in der Zwischenzeit geschieht... V
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Tirian Morvayn
„Ich danke euch“: bedankte sich Tirian bei dem Ratsherrn, mit dem er sich unterhalten hatte und verabschiedete sich. Der Dunmer verzog sich wieder in die Ratshallen von Balmora, während er selbst den Weg auf den Platz hinaus einschlug. Es regnete und niemand war zu sehen. Er ging zu einem der großen Bäume hinüber und lehnte sich an den Stamm. Die Rinde drückte durch sein Hemd und er fühlte die Maserung, ebenso wie die Regentropfen, die durch das leichte Blattwerk hindurch drangen. Er atmete tief ein. Die Luft war feucht und roch gut, frisch und erfrischte ihn tief. Er nahm sich einen Moment Zeit um zu verarbeiten, was er in dem etwa zweistündigen Gespräch mit dem Ratsherrn erfahren hatte: „Tarrior ist also hier durchgekommen und hat sich um Probleme mit der Shulk-Eiermine gekümmert. Sogar die Familie Rethan, die ihm das Odai-Plateau abgenommen hat, konnte er vertreiben. Allerdings ist es seltsam, dass der Rethan entkommen konnte. So kenne ich Tarrior gar nicht. Bisher war er mit Gegnern nie zimperlich und ich glaube kaum, dass er ihm entkommen wäre. Sehr seltsam. Aber er ist jetzt nicht mehr hier. Wenn er nach Hause wollte, dann müsste er sich jetzt auf seiner Plantage bei Caldera aufhalten. Ich wollte die Jungen dort sowieso in Sicherheit bringen. Dann hat es wohl keinen Sinn hier länger zu verweilen. Ich muss Tarrior einholen, bevor er sich allein mit diesem Mann anlegt, der seine Tochter gefangen hält.“ Es erschien Tirian Wahnsinn zu sein. Nach den Ereignissen, die sie gemeinsam in Cyrodiil ausgestanden hatten und dem Wenigen, das Tarrior ihm erzählt hatte, war dieser Behram Meradanz ein gefährlicher und einflussreicher Mann, mit dem nicht zu spaßen war. Wenn sich sein Freund allein mit ihm anlegte, konnte es ihm das Genick brechen und genau das wollte Tirian unter keinen Umständen zulassen. So stieß sich der Junge Dunmer von dem Baum ab, an dem er gerade noch gelehnt hatte und ging in die tiefer liegenden Stadtteile hinunter, die direkt am Odai lagen. Ohne Balmora weiter eines Blickes zu würdigen, schritt er schnellen Schrittes über eine der Brücken und hielt auf die Südwall-Taverne zu. Zwar genoss diese einen schlechten Ruf und war als Nest der Diebesgilde verschrien, aber er nächtigte früher dort immer, wenn er in Balmora zu Gast war und besaß auch Kontakte zu einigen der Stammgäste dort und konnte sich auch auf seine Freunde verlassen. So war er nicht um die beiden halbwüchsigen Kaiserlichen besorgt, die er dort zurück gelassen hatte, auch wenn die Umgebung dort für den kleinen Justus nicht gerade geeignet war.
Der Wind frischte etwas auf und blies ihm jede Menge feinen Regens ins Gesicht. Die Kühle tat seinem Gesicht gut. Leider war die Luft hier nicht mehr so angenehm. Der rechts von ihm liegende Fluss stank leider erbärmlich. Balmora war zwar die Metropole der Westspalte, aber dennoch nicht auf eine derartige Masse an Personen ausgelegt, wie sich inzwischen inmitten der Mauern drängten, um Schutz vor den Daedra zu finden. Flüchtlinge aus den Gebieten Redorans, etliche Fremdländer, die sich nur noch bei den Hlaalu oder in den kaiserlichen Siedlungen sicher fühlten und vertriebene Grundbesitzer von den Ascadia-Inseln, die vor dem Aufstand der befreiten Sklaven und Bauern flohen. Der Flusslauf wurde der ganzen Abfälle und Fäkalien nicht mehr Herr. Auch Orvas Dren, der Bruder der Herzog, hatte sich inzwischen hierher zurückgezogen und seine Plantage in die Obhut seiner Wachen gegeben. Er und die Familie Arvel, deren Plantage dem Aufstand nun als Hauptquartier diente, logierten nun am großen Platz auf Einladung der Oberschicht Balmoras. Nach Vivec traute sich auch keiner mehr von ihnen, denn auch die Stimmung in der großen Stadt des lebenden Gottes war in gleichem Maße zu Ungunsten der Reichen und Mächtigen ausgeschlagen, wie sich die soziale Situation auf den Wohninseln weiter verschlechterte. Es wurden Schuldige gesucht und all diejenigen, die fürchteten ins Visier des Mobs zu geraten, flohen in sichere Bastionen wie Balmora, Ebenherz oder Gnisis, wo die Präsenz einer starken Wache und die Autorität der politischen Führung den Zusammenhalt und Frieden gewährleisten konnten. Tirian war inzwischen froh, dass er direkt nach Pelagiad weitergereist war und nicht länger in Vivec Halt gemacht hatte. Allein dass er sich mit Kaiserlichen, auch wenn sie noch so jung waren, abgab, konnte ihn schon ins Visier des Mobs rücken. Vermutlich wussten die Leute, dass das Kaiserreich für das Elend nicht verantwortlich war, aber vermutlich war hilfloser Zorn, der sich nirgendwohin richten konnte und zur Untätigkeit verdammte, für die Leute noch schlimmer. Tirian ließ seinen Blick über das fast schon trügerisch friedliche Panorama Balmoras im Regen schweifen und ihn schauderte der Gedanke, dass sich Balmora bei einem Nahrungsengpass oder einer Panik ebenso in ein instabiles Tollhaus verwandeln konnte wie Vivec.
Von diesen unruhigen Gedanken begleitet betrat er die Südwall-Taverne, wo ihn die rauchige und stickige Luft wieder ablenkte. Der Innenraum war dunkel, im besten Sinn vielleicht zwielichtig und wurde von Laternen und Kerzen mäßig erhellt. Viele Leute, vor allem arme Flüchtlinge, die sich die besseren Tavernen der Stadt nicht leisten konnten, fanden sich hier wegen des Regens und tranken, aßen oder spielten Würfelspiele an den Tischen und wurden dabei mitunter von den geschickten Mitgliedern der Diebesgilde um ihr letztes Hemd gebracht. Tirian schüttelte den Kopf. Er hieß das Verhalten der Diebe nicht gut, die beim Spiel geschickt betrogen, aber mit den Spielern hatte er auch wenig Mitleid, wenn sie all ihr Hab und Gut setzten und über den generellen Beruf seiner kriminellen Bekannten wollte er sich auch kein Urteil anmaßen, solange er selbst von ihren Kontakten profitierte. So bekam er ein Zimmer in der ansonsten beinahe ausgebuchten Taverne auch fast zum Nulltarif. Zu diesem Quartier, das mit nicht viel mehr eingerichtet war als mit Bett, Schränkchen und einem Schemel und zudem noch sehr klein war, lenkte er nun seine Schritte. Er hatte Jorus und Justus dort zurückgelassen. In der Nacht hatten er und der ältere der beiden Brüder abwechselnd im Bett geschlafen. Justus ließen sie einfach schlafen. Als er allerdings das Räumchen betrat, war von den beiden Nichts zu sehen, obwohl er ihnen eingeschärft hatte, dass Zimmer nicht zu verlassen. Nun etwas schnelleren Schrittes eilte Tirian die Treppen wieder nach unten und suchte nach den Beiden. Im Schankraum fand er Justus, der allein und ziemlich verloren dreinblickend an der Bar stand und von zwei Männern bedrängt wurde. Der Dunmer eilte umgehend dort hin. „Na Kleiner, möchtest du nicht mit uns kommen?“: sagte ein bärtiger Bretone, der ordentlich beleibt war und mehr als nur zwielichtig aussah. Ein etwas schmalerer Kerl stand neben ihm und schon wohl eine Art Leibwächter zu sein. Justus fühlte sich sichtlich unwohl. „Ich will nicht mit dir mitgehen“: sagte er und da packte ihn der schmierige Fettwanst am Arm. „Du kannst hier schließlich nicht alleine bleiben“: sagte der und wollte den Jungen mit sich mitnehmen. „Lass mich los!“: flehte der Kleine mit schmerzverzerrtem Gesicht, denn der Dicke packte sichtlich ordentlich fest zu, und begann zu weinen. Tirian stellte sich ihm und dem anderen Kerl in den Weg.
„Was willst du Blutauge? Geh mir aus dem Weg“: fuhr ihn der Dicke an. „Du hast den Jungen gehört. Er will nicht mit euch gehen. Lasst ihn los“: sagte Tirian ruhig aber bestimmt. „Pah. Der Junge ist bloß unartig, macht euch keine Gedanken. Ich wird ihm nachher schon beibringen zu gehorchen“: log der Bretone ihm ins Gesicht. Tirian zog die Augenbrauen zusammen. „Tirian, hilf mir bitte“: flehte Justus, als der Junge ihn aus tränennassen Augen erkannte. In diesem Moment begriff der Bretone, dass er wohl versucht hatte, den Falschen anzulügen. „Der Junge gehört zu mir, gebt ihn frei!“: wiederholte Tirian seine Aufforderung. Der Fettwanst schubste ihm Justus in die Arme und verzog sich eilends mit seinem Kumpan in die Menge und vermutlich aus der Taverne hinaus. Der Heiler machte keine Anstalten die Beiden zu verfolgen. Justus war bei ihm in Sicherheit und nur das zählte. Er ging mit dem Jungen auf Augenhöhe und sah ihm mit seinen eigenen Roten tief hinein. „Justus! Ich habe dir und deinem Bruder doch gesagt, dass ihr auf eurem Zimmer bleiben sollt. Ihr habt es mir versprochen. Hast du gesehen, wie gefährlich es hier werden kann? Warum seid ihr raus gegangen“: wurde er streng mit dem Kleinen. Justus wollte sein Gesicht abwenden, doch Tirian ergriff dessen Kinn und fixierte ihn weiter. „Jorus hatte keine Lust mehr auf dich zu warten. Ihm war langweilig. Da kam dann dein Freund ins Zimmer und fragte uns, ob wir nicht Lust hätten etwas Spaßiges zu machen. Jorus ging mit ihm mit, aber sagte mir, dass ich auf dem Zimmer bleiben muss. Allein kriegte ich da oben aber Angst und bin hier herunter gekommen, um ihn zu suchen, aber ich habe ihn nicht gefunden und dann waren da diese zwei Männer und…“: der Rest ging in Tränen unter. „Ist schon gut, Justus. Versprich mir aber, dass du nicht noch einmal einfach so ein Versprechen brichst und ohne deinen Bruder oder mich herumrennst. Versprichst du mir das?“: fragte Tirian. Der Junge rieb sich die Augen und nickte. Tirians Blick wurde weicher und ein Lächeln auf seinen Lippen entlockte auch Justus wieder ein zaghaftes Grinsen. Er strich ihm mit der Hand durch die Haare. „So jetzt lass uns deinen Bruder suchen“: sagte der Dunmer und nahm den Kaiserlichen bei der Hand.
Innerlich kochte Tirian und suchte nun den Schankraum nach dem markanten Irokesen seines Bekannten ab und fand ihn auch tatsächlich in einer der hinteren Ecken. Er bahnte sich zusammen mit dem Kind einen Weg durch die Menge und stand schließlich vor einem kleinen Holztisch, wo er Favelas Andus, den Dieb und seinen einen Kontakt in Balmora, Jorus, Tümpelschwimmer, seinen anderen Kontakt und noch einige zwielichtige Gestalten beim Kartenspiel fand. Jorus saß neben Favelas vor einem großen Bierkrug und bekam offenbar die Grundzüge des Spiels beigebracht. Der Dunmer-Dieb bemerkte die Ankunft des Heilers zuerst und sprang freudig auf, um ihn an den Tisch zu bitten: „Ah Tirian, du bist wieder da. Setz dich doch und spiel eine Runde mit uns. Du warst früher doch ziemlich gut darin.“ Der Heiler streifte die Hand des Mannes ab. „Jorus ich habe euch beiden gesagt, dass ihr auf dem Zimmer warten sollt!“: wandte er sich an den jugendlichen Kaiserlichen. „Aber du brauchtest solange und Favelas wollte mir etwas zeigen“: versuchte der Junge sich zu rechtfertigen, doch Tirian fiel ihm ins Wort. „Und deswegen lässt du deinen Bruder allein auf dem Zimmer zurück?!“: warf der Heiler ihm vor. Jorus richtete seinen Blick auf den Boden. „Ich hab ihm gesagt er soll da bleiben“: meinte er kleinlaut. „Und deswegen irrt er hier durch den Schankraum und wäre fast verschleppt worden“: wandte Tirian auch hier streng ein und Jorus riss die Augen auf. „Geht es ihm gut?“: wollte Jorus sofort wissen. Der Dunmer zog den Kleinen durch die Menge ins Gesichtsfeld seines Bruders. „Ich war rechtzeitig wieder hier“: grummelte der Heiler und strafte den Jungen weiter mit strengen Blicken. „He Tirian, jetzt sei doch nicht so streng zu dem Jungen. In dem Zimmer ist es nun einmal langweilig…“: versuchte Favelas einzugreifen, doch auch ihm fuhr er dazwischen: „Halt du dich daraus. Du hast den ganzen Schlamassel erst angerichtet. Komm Jorus. Wir gehen jetzt.“ Er packte auch Jorus an der Hand und zog ihn mit sich aus der Taverne hinaus. Das Getuschel der Leute um ihn herum war ihm egal. „Das hättest du nicht tun müssen“: meinte Jorus, als sie draußen war. Tirian packte in seitlich an den Armen und sah im fest ins Gesicht. „Ich habe eurem Bruder versprochen, dass ich auf euch aufpasse. Ich hätte mir nie verziehen, wenn Justus oder dir etwas geschehen wäre. Kannst du dir vorstellen, wie es mir ging, als ich euch im Zimmer nicht gesehen habe?!“: fuhr er den Jungen an. Jorus schluckte und schaute beschämt zu Boden. „Es tut mir leid“: sagte er dann und scharte mit den Schuhen über den Boden. Tirian tadelte ihn noch einen Moment dann lächelte er wieder und umarmte den Jungen. Justus stand noch ein Stück an der Seite. „Jetzt entschuldige dich auch noch bei deinem Bruder und dann brechen wir auf. Ich möchte noch vor dem Abend in Caldera sein“: wies ihn der Heiler an und holte selbst noch das Gepäck aus dem Südwall, bevor sie aufbrachen.
Es dämmerte bereits als sie am Horizont die Mauern von Caldera ausmachen konnten. Tirian hatte die meiste Zeit seine Umgebung im Auge behalten, denn die Straße lud geradezu zu Überfällen durch Banditen und ähnliches Pack ein und einen solchen Überfall wollte er tunlichst vermeiden, um die Kinder nicht in Gefahr zu bringen. Allerdings führte der Weg kurz vor der sicheren Ortschaft an einigen größeren Felsformationen vorbei. Seine Muskeln spannten sich und er war noch nervöser als sonst schon. Er rief Justus, der bereits ein Stück vorgelaufen war, zu sich zurück und bedeutete Jorus sich ebenfalls wachsam zu halten. Er hatte da einen guten Instinkt und diese Situation roch geradezu nach einer Falle. Langsam bewegten sie sich an der Formation und dann hörte sein überreizter Sinn schon ein Schleifen auf Stein, als würde jemand einen Schritt tun. Im nächsten Moment sprangen zwei Männer ihnen mit gezogenen Waffen in den Weg. Tirian erkannte sie sofort als die beiden Bretonen wieder, die er in Balmora noch in die Flucht geschlagen hatte. „So Blutauge jetzt sind wir hier unter uns. Deine Diebesfreunde können dir hier auch nicht helfen“: sagte der fette Bretone und lachte dreckig. Justus klammerte sich umgehend an sein Bein. Der Dicke schickte zunächst seinen schmaleren Begleiter vor, der mit einer großen, stachelbewehrten Keule auf ihn losging. Tirian wich einem schnellen Schlag aus und sammelte Energie in seinen Händen. Unter einem weiteren Schlag duckte er sich weg und drückte dem Mann seine rechte Hand etwa auf Höhe des Herzens auf die Brust. Er ließ den Schockzauber direkt in den Körper des Bretonen fahren. Spastisch zuckte der Körper unter seiner Hand. Aus dem Augenwinkel sah er wie sich der Arm zuckend verkrümmte und sich die Hand wohl schmerzhaft um die Keule krampfte. Schließlich ließ Tirian von seinem Opfer ab und tot viel der Gegner zu Boden. Ein furchterfüllter Laut war von den Kindern zu hören. Der andere Feind kommentierte das Ende seines Begleiters nur mit einem zornigen Knurren. „Verfluchtes Spitzohr! Dafür wirst du sterben!“: keifte er und griff mit seinen wurstigen Fingern nach einem Kurzschwert, das an seinem Gürtel hing. Im Gegensatz zu seinem Leibwächter umrundete der Dicke Tirian zunächst und schien auf eine günstige Gelegenheit zum Angriff zu warten. Er wusste nun um die magischen Fähigkeiten des Heilers und agierte entsprechend vorsichtig. Doch wenn er sich schon auf einen Kampf mit Waffen einlassen musste, so wollte er sich wenigstens einen Längenvorteil verschaffen und zog nun sein Schwert.
Er benutzte es nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ, aber zum Schutz der Kinder war es nun mehr als notwendig diesen feisten Drecksack zu erledigen. Er schluckte, fasste Courage und ging als erster in die Offensive. Seine Klinge war länger und verlieh ihm einen Vorteil gegen das kleine eiserne Gladius seines Feindes. Die halbe Armlänge mehr, ließ ihn über die Abwehr hinweg stechen, doch ritzte er bloß die Kleidung des Bretonen auf, der sich nun selbst intensiv ins Gefecht warf, sodass sich die beiden Klingen verkeilten und die Kontrahenten sich nun direkt gegenüber standen und sich in die Augen schauten. Die braunen Augen des Bretonen bohrten sich in die roten Pupillen des Dunmers. Er konnte Mordlust darin lesen. Während der Dicke nur mit einer Hand den Gladius nach vorne drücken konnte, gelang es Tirian noch die zweite Hand zur Hilfe zu nehmen und drängte die beiden Klingen auf den Mann zu, dessen Gericht vor Anstrengung knallrot anlief. „Ich werde dich töten, Blutauge“: brüllte er und stieß plötzlich seinen ganzen Körper nach vorne. Die Massigkeit gereichte ihm gegenüber dem schmalen Heiler zum Vorteil, sodass er Tirian aus dem Gleichgewicht bringen und nach hinten stolpern lassen konnte. Der Gladius war nun frei. Dem Dunmer war keine Pause vergönnt, denn sofort schoss der Bretone nach vorne, um ihn mit der erhobenen Klinge zu erdolchen. Geistesgegenwärtige brachte er die Klinge schnell zwischen sich und den Gegner, schloss dabei die Augen und stach selbst zu. Ein Schrei kündete von dem Treffer. Kurz darauf hörte er ein Klirren, wie von Metall das auf den Boden fällt und traute sich wieder hinzusehen. Der Bretone war zurückgeprallt und hielt sich den blutenden Arm. Das Kurzschwert lag im Dreck. Umgehend hob Tirian es auf und präsentierte dem Gegner seine eigene Waffe. „Ihr seid besiegt. Geht mir aus den Augen“: sagte der Heiler, während er die Spitze der Klinge auf die Kehle des Mannes richtete. Jorus und Justus kamen wieder an seine Seite und gemeinsam umrundeten sie den Feind in einem Halbkreis, sodass der Weg nach Caldera nun wieder frei vor ihnen lag. „Geht jetzt und lasst mich in Frieden“: bat Tirian, der niemanden töten wollte, wenn es nicht sein musste. Mit knirschenden Zähnen ließ der Bretone sie ziehen und machte Anstalten zu gehen. In dem Moment, in dem sich der Heiler mit den beiden Kindern jedoch umwandte, hörte er einen Kampfschrei und drehte sich halb um. Der Bretone hatte einen Dolch gezogen und stürzte auf Justus zu. Geradezu reflexartig ergriff der Dunmer das Gladius, dass er sich hinter den Gürtel geschoben hatte und stach, sich umdrehend, zu. Der Bretone hielt mit sich weitenden Augen inne, der Dolch entglitt seinen krampfenden Händen. Ungläubig schaute er nach unten, wo seine eigene Waffe ihm die Brust auf Herzhöhe durchbohrt hatte. Blut lief dem Angreifer aus dem Mund und er brach zusammen. Tirian sah auf den Mann herab. Er rührte sich nicht mehr und war vermutlich tot. Justus der mit schreckensgeweitetem Blick neben ihm stand, zwang er von der Leiche wegzusehen und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er schob ihn schnell vorwärts und von dem Toten weg. „Keine Angst. Ich habe eurem Bruder schließlich versprochen, dass ich auf euch aufpasse“: sagte er, um sie beruhigen. Womöglich wollte er sich auch selbst beruhigen. Seine Hände zitterten und ihm ging durch den Kopf, dass er gerade wieder zwei Leben genommen hatte. Er hoffte, dass es sobald nicht noch einmal nötig werden würde.
Was in der Zwischenzeit geschieht... VI
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Tirian Morvayn
Tirian wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der Weg von Caldera über den steinigen Feldweg war noch einmal eine Herausforderung gewesen, vor allem weil Justus langsam herumquengelte, dass ihm die Füße wehtaten. Ein ums andere Mal vertröstete der Dunmer den Jungen, in dem er sagte, dass es nicht mehr lange dauern würde und endlich schien sich dies zu bestätigen. Am Horizont tauchte ein massives Gebilde auf. Der Heiler war sich sicher, dass es sich dabei um die Plantage seines Freundes Tarrior handeln musste. Er war das letzte Mal vor einigen Jahren hier gewesen und in dieser Zeit hatte es sich deutlich verändert. Früher erstreckten sich die Felder frei vor dem Haupthaus und den Nebengebäuden der Plantage, sodass man vor allem morgens beim Sonnenaufgang einen wunderschönen Blick über Tarriors Ländereien gewinnen konnte. Doch jetzt grenzte eine hohe Mauer mit Türmen und Tor den Wohn- und sonstigen Betriebsbereich von den Feldern ab. Doch es fiel Tirian schnell auf, dass die Befestigungen noch nicht allzu alt sein konnten, denn an einem Turm und einigen Stücken der Mauer wurde noch gebaut bzw. die Bauarbeiten waren zwar fortgeschritten aber noch nicht ganz abgeschlossen. Da Tarrior zuletzt in Cyrodiil weilte, schien ein Anderer die Bauarbeiten in Auftrag gegeben zu haben, doch erinnerte sich der Heiler an keinen wirklichen Vorarbeiter auf dem Grundstück. Vielmehr lebten nur einfache dunmerische Angestellte und eine Vielzahl von Sklaven dort, die Tarrior allerdings weder als solche bezeichnete noch behandelte. Diese Haltung seines Freundes war bei ihm immer etwas auf Befremden gestoßen. Es war nicht so, dass er die Sklaverei befürwortete, eher im Gegenteil, aber da er aus dem Hause Dres stammte, war er von klein auf gewohnt in Echsenmenschen oder Katzenwesen nicht mehr als Sklaven zu sehen. Bei diesen Gedanken wurde er unterbrochen, als Justus sich ein weiteres Mal über den langen Weg beschwerte. Der Heiler beugte sich zu ihm hinunter und zeigte mit dem ausgestreckten Arm direkt neben Gesicht vorbei auf die, sich am Horizont abzeichnende, Plantage Tarriors. „Das ist unser Ziel. Dort können wir uns ausruhen und auch endlich eine Zeit verweilen. Dort sind wir in Sicherheit. Es ist also nicht mehr weit“: erklärte der Dunmer dem Jungen, der nun anstatt zu maulen auf Eile drängte, da er sich so schnell wie möglich ausruhen wollte. Zwar entlockte dieser Stimmungswechsel Tirian ein tiefes Seufzen, denn seinen Füßen ging es eigentlich nicht viel besser, aber auch ihm verlieh die Aussicht auf ein warmes Bett in sicherer und gastfreundlicher Umgebung sowie die Möglichkeit seinen Freund endlich einzuholen neue Kraft. Jorus marschierte sowieso schon seit Stunden ohne das kleinste Murren neben ihnen her. Er schien nachdenklich und hatte seit dem Vorfall am Vortag im Südwall kaum mehr ein Wort mit ihm gewechselt.
Tirian überlegte, ob er vielleicht zu hart zu dem Jungen gewesen war. In seinem Alter hatte er auch nicht unbedingt auf seinen Vater hören wollen und hatte lieber die Umgebung von Tränenstadt erkundet, obwohl dies durchaus sehr gefährlich sein konnte. Jorus schien ihm seit Grarius Tod generell ruhiger und nachdenklicher, doch zusammen mit Justus hatten sie sich abends bisher immer unterhalten, was für Tirian inzwischen zum Alltag gehörte. Deshalb fiel ihm besonders das hartnäckige Schweigen des Jungen auf, auch wenn Justus am vergangenen Abend so viel redete, dass es für beide gereicht hätte. Er nahm sich vor mit dem Jugendlichen zu reden, sobald sich ein ruhiger Moment fand. Dieser Moment bot sich aber offenkundig nicht zu dieser Zeit, denn als sie die Feldgrenze überschritten und dem Weg zwischen reifenden Pflanzen weiterfolgen wollten, wurden sie von den arbeitenden Kajhiiten und Argoniern bemerkt, wobei Justus lautstarker Ausruf sicherlich dazu beitrug sie anzukündigen: „Schau mal Tirian, da sind ganz viele Argonier und Kajhiit. So viele auf einem Haufen habe ich noch nie gesehen.“ Es dauerte daher auch nicht lange, bis die Wächter der Plantage auf den Plan traten, bei denen es sich um zwei schwer vernarbte Echsenmenschen handelte. So langsam drängte sich dem Dunmer die Befürchtung auf, dass die Sklaven in Tarriors Abwesenheit die Herrschaft übernommen hatten. „Was will ein Dunmer mit zwei kaiserlichen Jungen hier in der Ödnis der Westspalte?“: fragte einer der beiden Argonier mit einer kratzigen Stimme, die bestens zu seinem vernarbten Äußeren passten.
„Ich bin Tirian Morvayn. Ich bin ein Freund von Tarrior Gildres, dem diese Plantage gehört“: erklärte der Heiler sich schnell. Die beiden Echsen sahen sich an schienen nachzudenken. „Wir müssen vorsichtig sein, damit wir nicht unwissentlich Daedra-Anbeter auf das Gut lassen. Und ihr scheint uns sehr verdächtig zu sein. Könnt ihr beweisen, dass ihr mit Serjo Gildres befreundet seid?“: forderten die Argonier einen Beweis. „Ich trage natürlich immer ein Freundschaftsmedaillon mit mir herum. Nein. Natürlich kann ich nicht beweisen, dass wir befreundet sind. Holt ihn doch einfach her und er kann bestätigen, dass wir uns kennen“: gab Tirian ihnen eine Antwort. Die Echsen fühlten sich offensichtlich beleidigt und zeigten ein Stück ihrer scharfen Zähne. Die Situation wurde dadurch entschärft, dass plötzlich aus Richtung der Plantage ein weiterer Argonier hinzutrat: „Das wird leider nicht möglich sein, Herr Morvayn. Tarrior hat uns bereits vor einer Weile wieder verlassen, um einige Angelegenheiten zu klären.“ Tirian kannte den Argonier nicht, aber scheinbar schien er ihn zu kennen. Auf den fragenden Blick hin stellte sich die Echse vor: „Ich bin Gilluk, ein Freund Tarriors. Mir gehört eine Plantage weiter nördlich, aber ich führe die Geschäfte hier in Tarriors Abwesenheit. Außerdem halte ich es für sicherer, wenn wir die Verteidigung gegen die Daedra hier konzentrieren“: stellte sich der Echsenmann vor. „Wohin ist er aufgebrochen?“: wollte der Heiler umgehend wissen. „Ich weis es nicht. Allerdings instruierte er mich, für den Fall eurer Ankunft. Ich möchte euch daher bitten, mir in das Haus zu folgen“: wich er seiner Frage aus. „Aber woher wusste er, dass ich…“: wollte der Dunmer wissen, doch der Argonier wies seine Frage ab: „Alles zu seiner Zeit. Folgt mir bitte nach drinnen.“ Tirian wusste nicht, was er davon halten sollte. „Wenn Tarrior aufgebrochen ist, dann habe ich keine Zeit und sollte ihm folgen. Es könnte um Leben oder Tod gehen. Ich muss ihm helfen“: wandte er ein. Er durfte keine Zeit damit verlieren, einem Argonier zu folgen. „Sagt mir wo er hin ist“: verlangte er. Der Argonier zuckte mit den Schultern. „Ich weis nicht, wo Tarrior hin ist. Es bringt euch also nichts, wenn ihr einfach in irgendeine Richtung loslauft und hofft ihn einzuholen, zumal er bereits einige Zeit Vorsprung hat“: gab sich die Echse ahnungslos und deutete ihm nochmals zu folgen. Tirian seufzte. Er hatte das Gefühl, das der Argonier sehr genau wusste, wo sein Freund hin wollte, doch eine Diskussion half hier offenbar nicht weiter. So gab er sich eben geschlagen und folgte dem Tiermensch. Den beiden Kaiserlichen befahl er, in seiner Nähe zu bleiben, denn die ganzen Echsen, die ihn neugierig musterten, waren ihm nicht ganz geheuer.
Als sie nach einigen Metern das Tor der Plantage durchschritten, glaubte er kurz auf der Mauer einen Schopf schwarzen Haares gesehen zu haben, doch als er noch einmal genauer hinschaute, war davon nichts mehr zu sehen. Er schob den Gedanken beiseite und folgte dem Argonier über den Innenhof zum Hauptgebäude des Geländes, das er noch mit weniger umliegender Befestigung von einem früheren Besuch her kannte. Im Speisesaal ließ der Echsenmann sie erst einmal Platz nehmen. „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass ihr in Begleitung und noch dazu so junger erscheinen würdet“: meinte dieser und rief irgendetwas in einer kehligen Sprache, die Tirian für argonisch hielt. Eine Argonierin kam aus einem Nachbarraum und nickte nach einer ebenso geführten Unterhaltung und verschwand, um kurz darauf mit zwei Tellern voll geschnittenen Obstes zurückzukommen, die sie den beiden Jungen vor die Nase stellte. „Sie wird sich um die Kinder kümmern. Ich möchte euch bitten jetzt in die Bibliothek zu gehen. Ihr werdet dort schon erwartet“: sagte Gilluk und deutete auf einen Durchgang. „Den Gang entlang und dann die erste Tür zu eurer Linken“: erklärte er. „Aber wer…“: wollte Tirian zu einer Frage ansetzen. Der Argonier schüttelte den Kopf: „Eure Fragen werden in der Bibliothek beantwortet werden.“ Schicksalsergeben lenkte Tirian seine Schritte, wie es ihm angewiesen wurde und erreichte bald die Bibliothek. Als er sie betrat konnte er sich an einen Abend erinnern, die er mit Tarrior hier drin verbracht hatte. Er hatte seinem Freund bei Wein von den letzten Handelsreisen erzählt, während Tarrior von seinen Geschäften in Vivec und Molag Mar berichtete und den neuesten Stücken in seiner Seelensammlung, die er in dem großen Fächerschrank aufbewahrte, der sich auch in diesem Raum befand. Doch im Moment interessierte sich Tirian mehr für die Person, die ihn hier treffen wollte. Er konnte sie noch nicht sehen, da sie sich vermutlich in der Sitzecke befand und diese durch ein Regal vom Bereich direkt hinter der Tür abgetrennt war. Fieberhaft überlegte er, wer ihn wohl hier auf Tarriors Plantage erwarten könnte, doch ihm fiel wirklich niemand ein, der wusste, dass er hierher wollte und auch sonst keinen von Tarriors Bekannten, die ihn kannten und ihn deshalb hier hätten erwarten können. Aber was hätten sie auch mit ihm zu besprechen gehabt. Es war sehr mysteriös und er war damit völlig überfragt. Umso überraschter war er dann, als er um die Ecke bog und sah, wer ihn da erwartete.
„Mutter!“: keuchte er und erinnert e sich an den schwarzen Haarschopf auf der Mauer. Verasa Morvayn schaute ihren Sohn aus roten Augen an. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht. Sie sprang auf und umarmte ihren Jungen stürmisch. „Ich wusste doch, dass du es warst, der da am Horizont auf die Plantage zukam“: freute sie sich. Tirian hing sprachlos in ihren Armen. „Ich habe Gilluk gesagt, dass er dich zu mir herein schicken soll“: erzählte sie einfach weiter und ihre Stimme drückte mehr als deutlich die Freude darüber aus, das er nun in Sicherheit war. In diesem Moment schob er sie von sich und schaute sie weiterhin entgeistert an. Noch konnte er nicht wahr haben, dass sie tatsächlich hier war und mit ihm sprach. Neue Fragen formten sich in seinem Kopf: Wie konnte sie wissen, dass er hier her kommen würd? Wie war sie hierhergekommen? Was wollte sie hier und von ihm? „Ich bin so froh, dass du wohlbehalten hier angekommen bist“: sagte sie und suchte nach einer Reaktion in seinem überraschten Gesicht. „Du bist sicher verwirrt darüber, was ich hier mache“: sagte sie und in diesem Moment gewann Tirian die Kontrolle über seine Stimme zurück. „WAS machst du hier?!“: rief er die Frage aus, die ihn in diesem Moment am meisten bewegte, aus. „Setz dich doch zuerst“: bat sie, doch der Dunmer schüttelte mit dem Kopf. „Ich kann nicht fassen, dass du mich verfolgt hast. Jetzt trittst du sogar an meinen Freund heran, um mich zur Umkehr zu bewegen. War Tarrior hier. Ist er allein gegangen, weil du ihn dazu überredest hast? Wie hast du überhaupt herausgefunden zu wem ich will. Ich hatte seinen Namen nicht einmal genannt. Hast du mir nachspioniert? Wie bist du überhaupt vor mir hier angekommen?“: strömten die Fragen aus ihm heraus. „Setz dich doch erst einmal hin“: sagte sie bestimmend und wieder fügte sich Tirian und nahm auf einem gemütlichen Stuhl Platz. „Als du trotz der Daedra hierher nach Morrowind wolltest, um deinem Freund zu helfen, wollte ich die Hilfe eines Mannes in Anspruch nehmen, mit dem ich mich vor vielen Jahren einmal befreundet war. Er sollte auf dich aufpassen. In der Hoffnung ihn auf seiner Plantage anzutreffen, kam ich hier auf diese Plantage“: erzählte sie. Beim letzten Satz schluckte Tirian. „Soll das heißen, dass du Tarrior kennst?“: wollte der Dunmer nun wieder fassungslos wissen. „Ich wusste nicht, dass ihr befreundet seid“: sagte sie und wirkte selbst noch immer etwas durch den Wind über diese Erkenntnis. „Das kann doch nur ein schlechter Witz der Götter sein“: stieß Tirian hervor.
„Das ist allerdings noch nicht alles. Denn ich wollte Tarrior nicht einfach so um diesen Gefallen bitten. Da ich nicht wusste, dass er dein Freund ist. Wir sind damals nicht als Freunde auseinander gegangen, um es vorsichtig auszudrücken. Ich konnte mich natürlich nicht darauf verlassen, dass er mir einfach so helfen würde und ich hätte seine Hilfe auch gar nicht erst in Anspruch genommen, wenn es nicht um dich gegangen wäre und damit auch ihm um eine Menge. Ich hatte die Hoffnung, dass er trotz der Differenzen zwischen uns wenigstens für…“: sie brach ab. Sie versuchte offenbar verzweifelt die Worte wiederzufinden, doch es gelang ihr nicht. „Was? Für was?“: wollte Tirian wissen. Verasa quälte sich offensichtlich und musste schwer schlucken, bevor sie weitererzählte: „Nun ja Tarrior war damals ein junger Händler der Hlaalu, der sich auf einer Erfahrungsreise in Süd-Morrowind befand, um Geschäftskontakte zu knüpfen. Wir lernten uns damals in Tränenstadt kennen und waren ein Paar. Dein Großvater war allerdings gegen meine Verbindung mit einem Hlaalu-Händler. Ich hätte ihn in der Stadt damit völlig bloßgestellt und ich war gezwungen die Beziehung zu beenden, was er mir bis heute nicht verzeihen konnte. Er verließ Tränenstadt schon bald danach und kehrte dann auch bald hierher in seine Heimat nach Vvardenfell zurück. Ich erfuhr erst nach seiner Abreise davon, dass ich ein Kind erwartete.“ „Soll das etwa heißen, dass ich…“: fuhr er sofort auf und dazwischen. Verasa nickte müde. „Ich hoffte er würde mir zum Wohle seines Sohnes helfen“: gestand sie ein und offenbarte Tirian damit, wer sein Vater war: „Er wusste selbst nichts davon, dass er einen Sohn hat und schon gar nicht, dass du es sein könntest. Er sah in etwa genauso aus, wie du jetzt.“ Tirian schaute entsetzt zu Boden. „Das kann ich mir gut vorstellen. Ich habe meinen wirklichen Vater immer gehasst, da du mir erzählt hast, dass er dich mit mir hat sitzen lassen, als er es erfuhr“: ließ er einen leichten Vorwurf anklingen. „Ich ahnte ja nicht, dass ihr euch getroffen und befreundet habt. Ich hielt es für besser, damit du nicht versuchst ihn zu finden, wo unser Verhältnis doch so zerrüttet ist. Außerdem waren wir ja auch so eine glückliche Familie“: rechtfertigte sie sich. „Außerdem erzähl doch bitte, was dich nun eigentlich hierher geführt hat, wenn Tarrior der Freund ist, dem du helfen wolltest“: wollte sie nun ihrerseits wissen. „Er erzählte mir von einem Telvanni-Hexer, der ihn erpresst und zwingt Sachen zu tun, die er nicht tun möchte. Der Telvanni hat seine Tochter entführt und drohte ihr etwas anzutun, wenn er sich seinen Anweisungen nicht fügt. Doch jetzt möchte er ihm entgegentreten und das allein. Ich hielt es für zu gefährlich und da bin ich ihm heimlich gefolgt“: erklärte er seine Anwesenheit. Verasa schüttelte den Kopf. „Tarrior hat keine Tochter“: begann sie zu erzählen.
Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile über Tarrior. Auch Tirian hatte noch Fragen zu der Beziehung seiner Mutter mit dem Hlaalu und so erfuhr Tirian auch, dass eine Entführung nicht der Grund war, warum der Telvanni Macht über seinen Vater besaß. „Gilluk weis auch nichts Näheres darüber. Ich habe ihn gefragt, doch konnte er nichts dazu sagen. Dein Vater war dem Hexer wohl das erste Mal vor einigen Monaten kurz vor seiner Cyrodiil-Reise in Balmora begegnet. Man hatte ihn dorthin bestellt. Gilluk war im Schankraum geblieben, während Tarrior sich mit diesem Mann auf einem der Zimmer traf. Er kann deshalb nichts über den Gesprächsinhalt sagen. Er wisse nur noch, dass der Telvanni ein seltsames Amulett vorgezeigt hatte, um deinen Vater von einem Privatgespräch zu überzeugen. Er hat auch keine Kenntnis von einer Tochter. Es muss also um etwas anderes gegangen sein.“: gab sie sich ahnungslos. „Es muss etwas Verfängliches sein, wenn Tarrior sich so benutzen lässt. Und er will allein gegen diesen Mann antreten. Ich muss ihm deshalb unbedingt nach. Gilluk wollte mir nicht sagen, wo er hinwollte, aber du musst es doch sicherlich wissen“: bat er seine Mutter ihm den Aufenthaltsort mitzuteilen. Wieder konnte die Dunmerin nur den Kopf schütteln. „Auch Gilluk weis bloß, dass er nach Maar Gan will, aber ich habe keine Ahnung wie er dort hinkommen möchte. Fahrende Händler, die sich bei uns mit Vorräten und Nahrungsmitteln für den Handel eindecken sprechen von einer Sperre des gesamten Aschlandes. Eigentlich ist es unmöglich dort hinzukommen. Auf jeden Fall ist er nach Norden unterwegs“: erzählte sie, was sie wusste. Tirian machte Anstalten aufzuspringen, doch seine Mutter griff nach seinem Arm und er hielt inne. „Ich weis du willst deinem Vater nach, um ihm gegen diesen Hexer zu helfen und ich fürchte, dass ich dich nicht hier in der Sicherheit der Plantage halten kann, aber heute noch aufzubrechen, ist viel zu gefährlich, denn es wird bald dunkel sein. Außerdem hat Tarrior bereits einige Tage Vorsprung ein Tag mehr oder weniger macht da auch nichts mehr aus. Ruh dich lieber aus, Tirian, und sammle neue Kräfte. Die letzten Tage müssen anstrengend gewesen sein“: redete sie auf ihn ein und Tirian gab klein bei. Seine Mutter hatte Recht und er wusste es. Jetzt blind seinem Vater, der bis vor kurzem nur sein Freund Tarrior gewesen war, brachte ihn nicht weiter. Er wollte ihm zwar jetzt umso mehr hinterher, denn ihn quälten nun erst Recht viele Fragen, doch die Vernunft gebot ihm zu verweilen und die Gastfreundschaft das Argoniers, der sich nun um die Plantage seines Vaters kümmerte, anzunehmen.
So in Gedanken verloren bemerkte er zunächst nicht, dass Verasa erneut zu ihm sprach. Erst beim zweiten Anlauf bekam er ihre Worte mit: „Wer sind eigentlich diese beiden Jungen, die dich begleiten. Du hast doch nicht etwa mit einer Kaiserlichen…“. Der Dunmer lief in einem Moment auf den anderen rot an. „Nein, ich habe nicht mit einer Kaiserlichen. Die beiden Jungen waren auf dem Handelsschiff, auf dem ich zuletzt arbeitete. Ich habe ihrem Bruder vor seinem Tod versprochen, mich um die Beiden zu kümmern. Das ist eine längere Geschichte. Ich habe Hunger. Vielleicht erzähle ich sie dir beim Abendessen“: gab er schleunigst eine Antwort. Sein Körper drängte tatsächlich nach etwas zu essen und da bis auf weiteres die Suche nach Freund, nein Vater, verschoben war, wollte er diesem Bedürfnis nun nachkommen. Verasa nickte und gemeinsam verließen Mutter und Sohn die Bibliothek, auch wenn Tirian gedanklich schon längst wieder bei einer Möglichkeit war, wie sein Vater nach Maar Gan gelangt sein könnte.
Was in der Zwischenzeit geschieht... VII
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Behram Meradanz
Nach einer Kaskade aus verschwimmenen Lichtern fanden sie sich inmitten von Maar Gan wieder. Behram Meradanz klopfte sich imaginären Staub von der Robe und unterzog seine Umgebung einer eingehenden Musterung. „Die Bastion scheint noch ganz gut zu halten. Die Liga scheint gute Arbeit zu leisten“: meinte er beiläufig. „Ja durchaus Meister. Aber sicherlich tut dieser Stein im Tempel sein Übriges, um die Daedra daran zu hindern, diese Stadt einfach zu überrennen und niederzubrennen“: gab Aytor zu Bedenken. Behram setzte ein nachdenkliches Gesicht auf. „Welch Macht die Götter und selbst das Tribunal besitzen, dass irgend so eine religiöse Reliquie Kräfte entwickelt das Böse fernzuhalten. Es ist schon interessant, wie dies ohne Magie bewältigt wird. Allerdings ist so etwas eben nicht immer zuverlässig und wenn die Reliquie oder der heilige Boden verschwinden, dann war es das mit dem Schutz“: sagte Behram und musste darüber lachen. „Aytor spute dich und bring in Erfahrung, wie weit unser kleiner Dagoth bereits gekommen ist“: wies Behram seinen Schüler an und wandte sich dann ab. Es eilten bereits die Honoratioren herbei, um ihn zu begrüßen. Die vier Wächter und fünf Zenturio-Sphären, die er zu seiner Begleitung mitgebracht hatte, erweckten zunächst einmal genug Ehrfurcht beim einfachen Volk, das den Neuankömmling interessiert umringte. Behram prüfte noch einmal seine braun-gelben Prunkgewänder, strich den Stoff glatt und stellte sich dann dem Begrüßungskomitee. „Seid gegrüßt werter Herr… an eurer Kleidung erkenne ich, dass ihr Mitglied im Rat der Telvanni sein müsst“: begrüßte ihn der kleinere der beiden Dunmer, die ihn empfangen wollten. Er war in eine rote Robe mit goldenen Stickereien gehüllt. Der breitschultrige Kerl neben ihm steckte in einer pompösen Knochenrüstung, die von redoranischen Symbolen geziert wurde. „Ich bin Alkama Deryth örtlicher Hohepriester des Tribunals und dies ist Brasarin Morvayn , ein Cousin von Brara Morvayn der zuständigen Ratsherrin für Maar Gan, Kommandant der Stadt und der redoranischen Truppen, solange die Krise andauert“: stellte sich der Mann in der Robe vor und der Redoraner knurrte nur vernehmlich. „Er mag anscheinend keine Telvanni“: vermutete Behram. „Ich bin Behram Meradanz, Magierfürst von Tel Uvirith und Mitglied im Rat der Telvanni, wie ihr bereits richtig erkanntet“: stellte er sich seinerseits vor. „Es ist schön zu sehen, dass die anderen Häuser sich für die Lage vor Ort interessieren, aber wir waren über eure Ankunft nicht informiert. Von der Liga war nur die Lieferung angekündigt, die wir von wenigen Stunden erhielten“: wunderte sich der Priester. „Das liegt daran, dass ich nicht durch das Wirken der Liga hierhergekommen bin“: dachte Behram, aber antwortete stattdessen: „Ich habe die Liga um diesen Gefallen gebeten, denn ich wollte unbedingt persönlich die Situation vor Ort begutachten, um meinem Rat entsprechende Hilfsmaßnahmen empfehlen zu können. Schließlich müssen die Häuser in dieser Krise zusammenhalten.“
Der Stadtkommandant spuckte aus, schob sich vor ihn und schaute ihm herausfordernd ins Gesicht. „Pah. Zusammenhalt! Ihr Magier habt doch nicht einen einzigen Finger krumm gemacht, um uns zu helfen, seit die Daedra mordend durch unser Land ziehen“: warf er ihm vor. „Und genau deshalb habe ich fünf meiner wertvollen Animunculi, die ich in mühevoller Arbeit wieder instandgesetzt habe, mitgebracht, um sie euch für die Verteidigung der Siedlung zu überlassen. Drei von ihnen, Herr Kommandant, könnt ihr sofort mit euch nehmen, um sie an Positionen eurer Wahl aufzustellen. Die anderen Beiden würde ich gerne für den Schutz des Tempels abstellen wollen, denn ich finde gerade der Tempel und seine Priester und Pilger, die für das Volk getan haben und tun, müssen besonders geschützt werden“: ging Behram sofort darauf ein und die Zenturio-Sphären rollten auf einen Fingerzeig heran. „Wir brauchen keine Hilfe von verdammten Totenbeschwörern!“: rief Brasarin aus. „Umso mehr sind wir euch dankbar dafür, dass ihr uns eure starken mechanischen Diener zukommen lassen wollt, anstelle von beschworenen Kreaturen. Ich denke, dass dürfte ein Anfang für bessere Beziehungen zwischen dem Haus Redoran und dem Haus Telvanni sein“: mischte sich Alkama umgehend ein. „So sah ich das auch“: stimmte Behram zu. Der Kommandant wollte offenbar widersprechen, doch Alkama strafte ihn mit einem Blick, der zu sagen schien, dass sie jede Hilfe annehmen sollten, die sie bekommen konnten. Es war allerdings offensichtlich, dass die Maschinen auch dem Priester nicht wirklich schmeckten. Der Kommandant entfernte sich zähneknirschend und nahm drei der fünf Zenturio-Sphären mit sich. „Es wäre schön, wenn ihr mich etwas herumführen könntet, damit ich mir einen eingehenden Eindruck von der Situation hier verschaffen kann“: bat Behram. „Ich muss mich leider entschuldigen. Ich würde dies morgen gerne tun, aber ich habe heute noch eine Menge Sachen zu erledigen. Ein neuer Pilger ist vorhin im Tempel angekommen, ein Hlaalu-Händler auf Pilgerreise, der vielleicht meiner Führung bedarf und ich muss den Schrein säubern. Es tut mir wirklich leid“: musste sich der Priester entschuldigen. Bei der Erwähnung des Hlaalu-Händlers zog Behram interessiert die Augenbrauen hoch. „Dies ist gar kein Problem. Ich wollte mir die beiden Animunculi für den Tempel sowieso noch einmal ansehen und die Mechanik überprüfen, damit sie auch tadellos funktionieren. Wie wäre es, wenn wir die Führung morgen früh nach Verrichtung eurer Morgenaufgaben beginnen?“: gab sich der Telvanni einsichtig und tatsächlich stimmte der Priester zu, der sich dann auch schnell verabschiedete. In diesem Moment kam Aytor zurück.
„Es wird schwierig werden eine Unterkunft zu finden, Meister Meradanz“: berichtete er frei heraus. „Die wird wahrscheinlich auch nicht nötig werden. Was hast du über unseren Dagoth in Erfahrung gebracht?“: wollte der Telvanni stattdessen wissen. „Sie sind vor wenigen Stunden hier eingetroffen. Der Transportzauber ging schief, sodass sie vor der Mauer landeten. Ein Teil der Karawane wurde erwischt, aber Gildres hat es wohl in die Stadt geschafft. Ich konnte allerdings nicht herausfinden, wo er vorerst untergekommen ist“: fuhr der junge Bretone mit seinem Bericht fort. „Durch Zufall habe ich erfahren, dass er im örtlichen Tempel logiert. Vermutlich wird er keine Zeit verlieren und morgen sofort aufbrechen, um den Nord zu finden. Ich weiß nicht, wie er den Aufenthaltsort von diesem Magier herausbekommen hat, wo wir daran gescheitert sind, aber er wird uns dann direkt zu ihm führen. Ich möchte, dass du mit unseren Wächtern vor dem Tempel versteckt ausharrst, die ganze Nacht wenn es sein muss. Wenn er die Stadt verlässt folge ihm. Der Rest dürfte dir ausreichend bekannt sein, wir haben es in Tel Uvirith hinlänglich besprochen“: trug Behram seinem Schüler auf. „Jawohl, Meister Meradanz“: bestätigte Aytor. „Ich habe veranlasst, dass an der Küste des nördlichen Aschlandes das Luftschiff auf euch wartet. Und Aytor - enttäusch mich nicht“: schärfte er ihm noch ein. Der Bretone nickte zackig und instruierte die Wachen, die sie mitgenommen hatten. Behram nahm sich den Sack mit seinem Gepäck von den Packguars, die sie mitgenommen hatten und holte drei Schriftrollen heraus. Er warf sie zu seinem Schüler hinüber. „Ich glaube nicht, dass die nötig werden“: kommentierte Aytor dies. „Er ist ein Dagoth. Du solltest ihn nicht unterschätzen. Nimm sie mit dir“: ließ Behram keine Widerrede zu. Der Bretone fügte sich und steckte sie an seinen Gürtel. Zufrieden wandte sich der Telvanni ab und ging mit geschultertem Gepäck auf das Handelshaus zu. Er brauchte keinen Schlaf, er brauchte nur etwas Zeit, um den morgigen Tag gebührend vorzubereiten.
Es war bereits spät in der Nacht oder sehr früh am Morgen, als sich jemand an Behrams Tisch in einer der hinteren Ecken des Handelshauses setzte. Die beiden Animunculi, die zunächst die Blicke der Leute auf sich gezogen hatten, wirkten inzwischen abschreckend auf die Leute, was ihm auch lieber war. Der Hexer schaute kurz auf und sah sich einem Kaiserlichen mit runzeligem Gesicht gegenüber. Dann widmete er sich weiter seiner Arbeit. Er mischte gerade ein paar instabile, alchemistische Substanzen zusammen. „Es ist wirklich mutig, dass ihr eure Verbrechen direkt unter der Nase der Menschen hier vorbereitet“: meinte der Kaiserliche. „Die Leute sind so sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass sie nicht merken, was um sie herum geschieht. Sie sind paranoid und dennoch blind für die Gefahr. Überall mischen hier in Maar Gan Leute Tränke und dergleichen zusammen, um den Widerstand zu unterstützen. Ich falle im hiesigen Alltag nicht auf. Doch unter den Augen der Öffentlichkeit zu operieren, müsstet ihr doch auch eine Menge Erfahrung haben. Ein Anhänger der Mythischen Morgenröte ist da sicher auch ein gebranntes Kind“: reagierte Behram lustlos auf diese Unterhaltung. „So seid doch still, was wenn euch jemand hört“: zischte er. Behram lächelte. „Niemand interessiert sich hier für uns. Also was habt ihr mir zu sagen?“: fragte der Telvanni. „Eure Ankunft hier war kaum zu übersehen und wir fragten uns, was ihr hier wollt“: gab der Kaiserliche eine Antwort. „Geschäfte. Aber ihr werdet davon profitieren. Ich habe mich nämlich dazu entschlossen, euch diese lästige Garnison vom Hals zu schaffen, wie es vereinbart war. Geht hinaus zu euren Kriegern und sagt ihnen, dass sie auf das Zeichen hin angreifen sollen. Die Stadt wird euch dann ausgeliefert sein“: erklärte Behram seine Anwesenheit. „Was für ein Zeichen?“: wollte er wissen. „Ihr werdet es erkennen und nun solltet ihr euch auf den Weg machen. Es dürfte bald hell werden und dann könnte es schwierig sein, unbemerkt aus der Stadt zu kommen“: gab Behram ihm nur zu verstehen und der Kaiserliche wollte sich entfernen, hielt aber kurz inne. „Euch wird damit ein Platz in der Geschichte des neuen Tamriel sicher sein“: fabulierte der Kultist. Behram fuhr auf und packte den Kaiserlichen am Kragen und zog ihn zu sich heran. „Mich interessiert weder euer Meister Dagon noch eure kleine Sekte. Erinnert euren Meister an die Vereinbarung“: gab er ihm eindringlich mit und ließ ihn dann los. Der alte Mann entfernte sich und Behram beendete seine Arbeit. „So alles dürfte vorbereitet sein“: murmelte er und lehnte sich einen Moment zurück.
Später am Tag ging Behram noch einmal alles durch. Die Vorbereitungen waren abgeschlossen. Aytor hatte bereits die Stadt verlassen, als er sich mit dem Priester traf und in Maar Gan war alles voll mit Flüchtlingen, die es nicht mehr rechtzeitig aus dem Aschland geschafft hatten und natürlich war die blutgierige daedrische Horde vor der Siedlung bereit zuzuschlagen. Er kehrte gerade mit Alkama von seinem Rundgang zurück und sie betraten den Tempel. Die beiden Zenturio-Sphären verrichteten wie gewünscht bereits ihren Dienst neben den Ordinatoren. Er hatte sie vorhin abgegeben, als er den Priester für den Rundgang abholte und betrat nun zum ersten Mal die Niederlassung des Tempels in dieser Stadt und natürlich auch den Aufbewahrungsort des Turm-Schreins. Umgehend meldeten sich die Ordinatoren und baten ihn, eine seltsame Halskette anzulegen. Er war vorgewarnt worden. Er hatte mit den Daedra nicht solch einen Kontakt gehabt wie die Mythische Morgenröte, aber er war sich nicht sicher, ob das Amulett etwas anzeigen würde, doch tatsächlich nahm ihm der Hohepriester diese Schwierigkeit ab. „Dies wird nicht nötig sein. Wir wollen einen so wichtigen Gast nicht mit so etwas belästigen“: pfiff Alkama die Ordinatoren zurück und führte Behram in seine privaten Kammern. „Es ist gut, wenn sich die Häuser endlich zusammenraufen könnten, um diesem Feind gemeinsam zu begegnen, daher ist euer Besuch besonders wichtig“: setzte der Priester die zuvor unterbrochene Konversation wieder fort. „Die Stimmung im Rat ist schlecht und jahrhundertealte Konkurrenz und Rivalität zwischen den Häusern kann man wohl auch niemandem verübeln“: spielte der Telvanni mit, obwohl ihn diese Unterhaltung alles andere als interessierte. Er überspielte es gekonnt. „Es ist ein Jammer das der Tempel seit dieser Sache mit dem Nerevarine seine Macht eingebüßt hat. Welchen Grund Almalexia und Sotha Sil gehabt haben mögen, sich dauerhaft aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen, hoffe ich bloß, dass sie demnächst zusammen mit Vivec wieder zu alter Stärke finden, um Morrowind und die Dunmer unter ihrer egalitären Herrschaft gegen die Invasion ins Feld zu führen“: lamentierte der Priester. Behram verdrehte unmerklich die Augen. „Deine Götter sind vermutlich seit Jahren tot! Warum sehen diese Tempelspinner das nicht langsam ein?!“: schrie er in Gedanken. „Viele Leute haben den Glauben daran verloren, dass sie sich wieder zeigen werden, man hält sie sogar frevelhafter Weise für tot und Vivec, der bis zuletzt noch öffentlich auftrat, soll angeblich von den Daedra entführt worden sein. Ketzerei. Leider schreitet die Zersetzung immer weiter voran, kein Wunder wenn man bedenkt, wie stiefmütterlich gerade mein Haus den Tempel behandelt hat, anstatt ihn stärker zu fördern“: zeigte er nach außen hin seine Katzenmaske. „Es ist erfrischend einem Telvanni-Zauberer mit solch religiösem Gemüt zu begegnen. Das ist wirklich ungewöhnlich“: dachte Alkama laut und Behram setzte ein sanftes Lächeln auf. „Man ist damit allerdings im Rat auch ziemlich allein. Deswegen war es mir auch ein besonderes Vergnügen hierher nach Maar Gan zu kommen, denn ich hoffte vor dem Turm-Schrein beten zu können“: lenkte Behram das Thema auf das eigentliche Objekt seines Begehrens. „Natürlich wie unhöflich von mir. Ihr seid schon seit gestern hier und hattet noch keine Gelegenheit für innere Einkehr. Ich habe die Gebetskammer frisch hergerichtet. Wir können umgehend dort hingehen“: schlug der Priester vor. „Das wäre wirklich grandios“: stimmte der Telvanni mit ein und gemeinsam verließen sie die Kammer, um in den Raum zu gehen, in dem der heilige Stein, der Kern des Turm-Schreines, aufbewahrt wurde.
Behram sah ihn nun vor sich liegen. Es war ein unscheinbarer Fels in einem Aschebecken. Eigentlich kaum der Rede wert. Neben dem Felsen hielt ein Dremora Wache. Er wusste, dass dieser Daedra ein essentieller Teil der Pilgerprüfung war, die an diesem Ort stattfand. Er schenkte dem Dämon einen Blick, den dieser auffing. Das kurze, unmerkliche Nicken spiegelte Erkennen wieder. Schnell jedoch versuchte der Hexer wieder dem Gespräch zu folgen, dass er ausgeblendet hatte, weil es sich nur um religiöse Belanglosigkeiten drehte: „Dies ist der ganze Stolz der Stadt und im Moment auch sein Schild. Dieser Stein schützt uns vor den Daedra, wie uns einst Fürst Vivec vor der Wut Mehrunes Dagons geschützt hatte. Wie wäre es, wenn wir zusammen beten würden?“ Behram schüttelte nach einer kurzen Bedenkzeit den Kopf. Ich möchte lieber alleine sein, denn ich muss über einige Dinge nachdenken. Alkama nickte. „Ich respektiere euren Wunsch. Ich werde euch allein lassen“: sagte er und wandte sich zum Gehen. „Es ist interessant, aber ihr erinnert mich irgendwie sehr an den Hlaalu-Händler von gestern“: meinte der Priester noch, bevor er den Raum verließ und die Tür schloss.
Der Telvanni wartete noch einen Moment und dann zog er sein zusammengeknülltes Gepäck unter der weiten Robe hervor. Er hatte das Material genau abgemessen, sodass er die leeren Fläschchen und Säckchen in der Taverne lassen konnte. Nun befanden sich in dem Sack die sauber verschnürten Päckchen mit ihren Lunten, die er herausholte und vor dem Stein ausbreitete. „Seid ihr der Zerstörer?“: fragte der Daedroth, der noch immer neben dem Fels stand. „Der Kult eures Meisters hat mich gesandt, wenn du das wissen möchtest“: gab er dem Dremora knapp zu verstehen. Die Kreatur entblößte mit einem diabolischen Lächeln scharfe Zahnreihen. Behram warf ihn einen Ring zu. „Streif ihn über“: wies er ihn an. Der Dämon beäugte misstrauisch das Schmuckstück, steckte es dann aber auf den Finger. Es gab nur ein kurzes, intensives Leuchten. „Was war das?“: fragte der Diener Mehrunes Dagons verwirrt. „Eine Vorsichtsmaßnahme. Du wirst es verstehen, sobald es soweit ist“: erklärte der Magier und war bereits damit beschäftigt, die Päckchen rings um den Stein herum anzubringen und sie alle mit einer langen Lunte zu verbinden. „Die Dwemer waren diesen sogenannten zivilisierten Völkern um Jahrhunderte voraus. Die Wirkung ihrer Sprengladungen übertrifft sogar die meiste Zerstörungsmagie. Wie lange es gedauert hat die Mischung der richtigen Ingredienzien nachzuahmen, aber es wird sich lohnen, sobald dies hier vorbei ist“: überlegte er, während er gerade die letzte Sprengladung anbrachte. In diesem Augenblick kam der Priester herein: „Ich habe mir gedacht, dass ihr vielleicht eine Kerze anzünden wollt.“ Er blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen, als er Behram entdeckte. „Was macht ihr da?! Wachen!“: schrie er. Behram herrschte den Dremora an: „Pack ihn!“ Und tatsächlich war der Daedroth nun frei von seinen magischen Fesseln, ergriff den Priester und warf ihn mit voller Wucht vor dem Stein auf den Boden. „Wachen! Zu Hilfe“: schrie der Mann, doch es kam niemand. Nur Kampflärm ertönte aus dem Vorraum und der Telvanni verschwendete auch keine Zeit daran, sonder präparierte die Zündschnur, während der Dremora mit seinen Klauen Alkama auszuweiden begann. Behram zog die Lunte bis in den Vorraum hinaus. Inzwischen hatten seine Animunculi die Ordinatoren getötet. „Ein Angriff mit dem die Tempelwächter wohl nicht gerechnet haben“: dachte der Telvanni erfreut und rief den Dremora zu sich. „Ich werde dir die Möglichkeit geben ins Reich des Vergessens zurückzukehren. Ich möchte, dass du deinen Prinzen an den Namen Behram Meradanz erinnerst, wenn du ihn von der Zerstörung dieser Siedlung und des von ihm gehassten Schreins berichtest“: sagte Behram herrisch. Der Dremora nickte. „Geh in den Schrein zurück und deine Seele wird befreit“: wies er ihn an und der Daedroth tat wie geheißen. Behram ließ mit einem Schnippen eine Flamme zwischen seinen Fingern entstehen und steckte die Lunte an. Zischend und brennend arbeitete sie sich langsam durch den Vorraum zum Schrein-Raum hinüber. Derweil verließ Behram mit seinen Zenturio-Sphären den Tempel.
Er schickte sie zu den Mauern. Die Anweisungen waren klar. Mochten die Animunculi die Daedra bei ihrem Zerstörungswerk unterstützen. Er selbst schlenderte gemütlich zum Platz, an dem er am gestrigen Tage angekommen war, hinüber. Als er dort ankam, erschall ein ohrenbetäubender Knall, in diesem Moment, so wusste Behram, waren die Sprengladungen explodiert und hatten den Schrein, samt Fels in tausende Stücke gesprengt. Ein lautes Brüllen von jenseits der Mauer hob an und er hörte das Donnern, dass von hunderten Füßen stammte, die sich gegen die Stadt in Bewegung setzten. Alarmrufe erklangen, doch wurden sie von Seufzern und Ausrufen des Entsetzens ersetzt, als die daedrische Horde, den Punkt passierten, an dem sie normalerweise vor der unsichtbaren Barriere halten mussten. Behram lächelte. Alles lief nach Plan. Seine Maschinen würde er zu gegebener Zeit abholen, bis dahin konnten sie den Verteidigern unverhofft in den Rücken fallen. Seine Arbeit hier war getan. „Das ist das Ende von Maar Gan“: dachte er, als er sich in der magischen Kaskade eines Rückkehrzaubers auflöste.
Was in der Zwischenzeit geschieht… VIII
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Aytor von Brasselin
Der junge Bretone schnaubte verächtlich, wenn er an den im Kerker sitzenden Dagoth dachte. "Wieso muss er nur so stur sein?": fragte er sich und schnaubte dann erneut. Aufwendig hatte er den Dunmer gefangen genommen und nun das. Ein anderer Grund wütend zu werden, kam ihm bei diesen Gedanken ebenfalls wieder in den Sinn. Er hatte ihn unterschätzt. Nicht nur, dass es die Wächter erwischt hatte, sondern es war notwendig gewesen die Zenturionen zu beschwören. Meister Meradanz hatte dann in nachsichtigem Tonfall gesagt, dass ja alles noch einmal gut gegangen sei. Aytor hatte verstanden. "Du warst unvorsichtig und überheblich und nur Dank meiner Maschinen hast du es geschafft": war das, was der Meister ihm gegenüber damit eigentlich ausgedrückt hatte. Und es ärgerte ihn. Es ärgerte ihn, dass dieser Hausknecht ihm hatte gefährlich werden können. In den Augen seines Meisters musste es ihn herabgesetzt haben. Und er erkannte auch den Respekt in Meradanz' Augen. Er betrachtete Gildres tatsächlich als jemanden, den man ernst nehmen musste. Vermutlich saß der Dagoth nur im Kerker, damit ihm keine falschen Illusionen über seine Lage oder seine Optionen befielen, dass er seinen Platz kannte. Doch all dies und nicht einmal die Aussicht auf die Folter hatten ihn gefügig gemacht. Noch immer verweigerte er dem Meister die Mitarbeit. Ein absolut unmögliches Gebaren, dass er, so Aytors Überzeugung, nur solange Aufrechterhalten würde, bis die Folterknechte zu arbeiten begannen.
Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war er froh, dass Gildres dem Meister verweigert hatte. Wenn er sich dem Willen Meister Meradanz' gebeugt oder vielleicht freiwillig am Plan mitgearbeitet hätte, wäre ihm womöglich die Rolle zugefallen, die eigentlich ihm - Aytor von Brasselin - zustand. Der Dagoth war mächtig und gewitzt, dass hatte Aytor erkennen müssen und Meradanz wäre dumm gewesen, wenn er ihn nicht in seine Dienste genommen hätte. Und wieder ärgerte er sich. Der Stolz des Anderen hatte Schlimmeres verhindert. Doch es sollte bald eine Gelegenheit geben, um seinen Wert zu beweisen.
Der junge Bretone erklomm gerade eine Treppe nah an der Turmspitze und schwebte dann zu einer großen Rundtür hinauf. Ein Wink und ein Pulk von Wurzeln, der den Durchgang verschlossen gehalten hatte, wand sich zur Seite. Seine Hand schwebte über der Klinke. Zögernd betrachtete der Magier den Messingknauf. Die Vorbereitungen für den nächsten Schritt des Plans waren fast abgeschlossen. Die letzten Waren würden heute eintreffen und würden dann verladen werden. Meister Meradanz hatte die letzten Wochen intensiv damit zugebracht die Funktionen des neuen Prototypen noch drei weitere Male zu überprüfen. Sämtliche alten Baupläne und die jüngeren Berechnungen hatte er in den vergangenen Nächten immer und immer wieder gewälzt. Dies würde nicht nur die große Jungfernfahrt sondern es würde ein Belastungstest in Form eines quasi unsichtbaren Angriffs werden. Und er durfte nicht versagen. Das stand nicht zur Debatte. Schon gar nicht durfte der Prototyp verloren gehen. Einige der Teile konnten nicht ersetzt werden und mussten damals auch erst aus dem ersten funktionsfähigen Prototypen ausgeschlachtet werden, nachdem Aurek es wider Erwarten geschafft hatte, diesen doch nach dem Absturz wieder flott zu machen. Der Bretone runzelte die Stirn. "Der arme Aurek. Jetzt wird er für die Operationen nicht mehr gebraucht": dachte Aytor vergnügt und fragte sich wie lange es der Nord-Magier wohl auf seinem neuen Posten aushalten würde. "Meister Meradanz hätte ihn damals entlassen sollen": fand der Bretone. Tatsächlich war die besondere Fähigkeit des Magiers gefährlich. Wer wusste schon, was er vielleicht im Turm aufschnappte. Nach einigem kurzen hin und her zuckte Aytor jedoch mit den Schultern. "Seine größte Stärke ist seine Arglosigkeit. Solange er bezahlt wird und wir ihm nichts geben, dass ihn zwangsläufig ins Grübeln bringt, wird er sich nicht weiter in unsere Geschäfte einmischen": meinte der Bretone dann und drückte die Klinke und drückte die Tür auf.
Kühle, trockene Luft wurde geradezu in den Turm gesaugt, so als würde der ganze Organismus, der der Turm tatsächlich war, tief Luft holen. Schnell trat der Bretone ins Freie und schoss den Durchgang hinter sich wieder. Er befand sich auf der große Terrasse im oberen Teil. Vom Rand aus hatte man einen sehr schönen Ausblick auf die gesamte Stadt oder wie der Meister sonst meinte: "Von hier aus, habe ich alles unter Kontrolle." In der Ferne verlor sich der Blick irgendwann auf dem Meer. Davor lagen die Scherbeninseln der Zafirbel Bucht. Und dort befand sich auch das Ziel und da kehrten die Gedanken zurück. Meister Meradanz überließ ihm nicht nur den wertvollen Prototypen sondern auch einen wichtigen Schritt seines Plans zur Wiederauferstehung der Dwemer. Es ging um einen integralen Bestandteil und er sollte sich darum kümmern. In Anbetracht des Gegners, um den er sich kümmern sollte, befiel ihn ein leichtes Grausen und die Hände begannen zu schwitzen. Es ging hier schließlich nicht nur um einen kleinen Dagoth. Diesen Gegner musste man ernst nehmen.
"Ah Aytor": erklang die vertraute Stimme von Meister Meradanz. Leicht erschrocken stellte Aytor fest, dass er gedankenverloren auf den Horizont gestarrt und den Magierfürsten gar nicht bemerkt hatte. Behram hatte ihm den Kopf leicht zugewandt, während er sich leicht mit den Händen am Geländer der Turmterrasse abstützte. "Herr": begrüßte er den älteren Magier mit einem Nicken und trat näher. Meradanz hielt nicht viel von sinnlosen Förmlichkeiten. Manchmal konnte sich Aytor seinen Meister gut als Abkömmling der Dwemer vorstellen. Er wirkte so manches Mal so rastlos wie die ewig tuckernden Maschinen, die seine angeblichen Vorfahren gebaut hatten. Er glaubte zwar nicht daran, dass Meradanz wirklich Dwemer-Blut in seinen Adern hatte, aber es kannte sich so gut wie kein anderer mit den alten Tiefelfen und vor allem ihren maschinellen Geheimnissen aus, wie er das tat. Ob er da dieser Wahnidee, selbst ein Dwemer zu sein, verfallen war oder nicht, spielte für Aytor keine Rolle. Unter den hiesigen Telvanni-Magierfürsten war er, was Wahnsinn anging, ohnehin keine Ausnahme, obwohl er sich sonst von seinen Kollegen im Telvanni-Rat doch sehr unterschied. Was auch der Grund war, warum er überhaupt die Stellung seines Sprechers bekleiden durfte.
Der Bretone war inzwischen neben ihn getreten und folgte dem Blick des Meisters über Mora Uvirith hinweg. Kopf und Blick wanderten schließlich in Richtung Landebuchten und verharrten dort. "Hast du die Vorbereitungen abgeschlossen?": fragte Meradanz dann. "Die Wachen sind instruiert und regeln den Einlass. Die Besatzung ist soweit bereit und wartet nur darauf an Bord zu gehen. Ich werde die Diener nachher gleich persönlich beaufsichtigen, während sie die letzten Vorräte an Bord nehmen. Wenn die Waffen des Schiffes erst einmal bestückt sind, werden wir damit den ersten Widerstand brechen. Und für den Rest haben wir schließlich unsere ausgebildeten Söldner": erstattete der Bretone Bericht. Der Meister lächelte.
Das gleiche Lächeln hatte er an dem Tag, an dem er Aytor als seinen Schüler aufnahm und auch an dem Tag, an dem er ihn zum Sprecher kürte, was der Tag war, an dem er selbst zum Magierfürsten bestimmt wurde. Es war sehr von Vorteil gewesen, dass der Meister selbst auch nicht von Vvardenfell stammte und kein hiesiger Zögling des Hauses war. Aytor wusste eigentlich nicht, ob Meradanz eventuell von den Inseln stammte und zu den Hausbrüdern hier auf Vvardenfell gezogen war. Es war dem Bretonen auch egal. Kennengelernt hatten sie sich seinerzeit in einer kleinen Stadt in Süd-Morrowind. Vergebens hatte er versucht in verschiedenen Filialen der Magiergilde aufgenommen zu werden. Sohn eines kleinen Adligen aus Hochfels mit bescheidenem Talent zu sein, war selbst in einer fernen, unzivilisierten Provinz wie Morrowind mit chronischem Mitgliedermangel kaiserlicher Institutionen schwierig. Der Meister hatte ihn war damals dabei gewesen, als er geprüft wurde. Eine Person unter den vielen magisch begabten Schweinehirten, die sich nicht einmal einen gesonderten Prüfungsraum in ihrem kleinen Verschlag, den sie als Gildenhalle bezeichneten, leisten konnten. "Er war damals nur dort um eine nahegelegene Ruine studieren und nahm mich schließlich mit sich": erinnerte sich Aytor: "Er meinte, dass ihm mein Ehrgeiz gefallen habe… mein Potenzial."
Aytor war fasziniert von Meradanz gewesen, der ihm einen Weg zur Macht zeigte und selbst so unaufhaltsam in der Haus Hierarchie nach vorne drängte, nicht etwa aus reinem Machtwillen sondern aus dem Kalkül heraus die Position für seine Ziele zu nutzen. Das Wissen um die Dwemer und die Nutzbarmachung dieses Wissens hatten dem jungen Bretonen seinerzeit sehr imponiert. Aytor konnte sich noch gut an den Tag erinnern, an dem er in der Ratshalle von Sadrith Mora seinen Dienst antrat und die Sprecher doch mit einigem Missfallen registrierten, dass der Fremdländer, den sie auf Mora Uvirith, einen unbedeutenden und wirtschaftlich abgehängten Außenposten abgeschoben hatten, die Stadt nicht nur umgekrempelt sondern auch aufgerüstet hatte und durchaus Einfluss in vielen Bereichen geltend machen konnte und im Konflikt der Häuser stets oben schwamm, da er offenkundig über fundierte Kontakte in alle Lager verfügte. Mit einiger Genugtuung registrierte er ihre Herablassung ihm, dem Menschen, gegenüber der nun die wertvolle Stelle eines Sprechers bekleiden sollte. Und er hatte das Vertrauen seines Meisters nicht enttäuscht und er hatte es auch jetzt nicht vor.
"Sei dir nicht zu sicher, schließlich wissen wir nicht genau, was uns erwarten wird": warnte der Hexenmeister. Aytor widersprach: "Ich habe die Gefangene noch einmal ausgeforscht. Sie verschweigt uns nichts. Das, was sie schon auf der Folter offenbart hat, war die Wahrheit. Und sie muss es schließlich am besten wissen. Die Festung ist nur mäßig gesichert. Kaum Wachen, denn der Hausherr schätzt seine Abgeschiedenheit und…" Behram mischte sich ein: "Und er selbst ist nur ein alter Mann? Er bekleidet diese hohe Position nicht ohne Grund. Und auch wenn er allein ist, so solltest du dich nicht darüber hinwegtäuschen, dass er mehr von der Beschwörung versteht, als wir beide zusammen. Von den Kräften, für die er in seiner Jugend wohl einmal berüchtigt gewesen war, ganz zu schweigen." Aytor schaute trotzig in die Ferne. "Und dennoch wird er vor der schieren Wucht des Angriffs kapitulieren müssen": wandte der Schüler ein. Behram drehte sich um und schaute ihm tief in die Augen. "Vergiss nicht, dass wir ihn lebend brauchen. Ich kann mich nicht auf die womöglich nur fragmentarischen Notizen eines alten Mannes verlassen. Wir müssen den genauen Produktionsprozess kennen. Außerdem wäre es hilfreich, ihn in Gewahrsam zu haben, um die Formel zu extrapolieren. Vier sind schön und gut aber für meine Pläne brauchen wir ein Verfahren, mit dem wir deutlich mehr in der gleichen Zeit erzeugen können. Damit steht und fällt alles": schärfte Meradanz seinem Schüler noch einmal deutlich ein. "Aber die Animunculi…": wollte Aytor wiederum einwenden. "Die Dwemer besaßen im Großen Krieg eine Vielzahl von ihnen und haben dennoch verloren. Sie sind weniger empfindlich gegen Magie das ist richtig, aber auch sie sind nicht unbesiegbar, zumindest noch nicht…": machte Behram klar, schwieg kurz als wäre er ganz woanders, um kurz darauf Luft zu holen und fortzufahren: "Sie können dich nicht jedes Mal retten, Aytor. Sorge dafür, dass du gar nicht erst auf sie angewiesen bist, dann ist ihr Einsatz am effektivsten": riet Meradanz.
Aytor ballte die Fäuste. Seine Stirn kräuselte sich. "Tarrior": zischte es durch seine Gedanken. "Ich werde euch nicht enttäuschen": sagte der junge Mann sehr ernst, trat zackig mit dem Hacken auf und wandte sich um zum gehen. "Ich werde meinen Wert beweisen!": entschied er für sich selbst und verließ die Terrasse. Er hatte eine gut ausgebildete Truppe von Söldnern, dazu seine Magier und die Animunculi und eine Waffenplattform, wie man sie seit Jahrhunderten auf Tamriel nicht mehr gesehen hat. Er konnte nicht verlieren. Der Meister würde seinen Wert wieder anerkennen und er selbst würde sich all dies Wissen eines Tages zu Nutze machen, um auch der Herr eines Turmes zu werden. Womöglich würde er, wenn die Pläne sich so verwirklichten, wie der Meister und er es in die Wege geleitet hatten, selbst in Tel Naga herrschen. Doch nun hieß es erst einmal diese Etappe des Plans abzuschließen. Dazu eilte er nach unten, selbst das Schweben glich mehr einem abgebremsten Fallen und kaum war er unten, war er auch schon auf den Weg in die Tunnel. Einen Teil davon hatte der ehemalige Turmherr bereits anlegen lassen. Meister Meradanz hatte sie noch sehr viel mehr ausgebaut, um die wichtigen Anlagen der Umgebung direkt an den Turm anschließen zu können und zu einer solchen war der junge Bretone nun unterwegs. Aytor ging alles noch einmal in seinem Kopf durch. Alles war bis auf das kleinste Detail geplant. Nichts konnte schiefgehen, wenn er sich genau an den Ablauf hielt. Das Einholen von Informationen und Gerüchten und deren glaubhafte Bestätigung, die Entführung der Frau und ihre Befragung, das Auf- und Ausrüsten des Schiffs, der Angriffsplan und schließlich würden sie es wie einen Angriff der Daedra aussehen lassen, da sich in der Bucht ohnehin in letzter Zeit viele Tore öffneten. Um den alten Mann würde ohnehin keiner der Ratsherren mehr als eine Krokodilsträne vergießen. Und danach waren sie im Besitz fast aller wichtigen Komponenten für den großen Plan. Nur noch der Dagoth musste seine Geheimnisse offenbaren. "Es wird mir ein besonderes Vergnügen sein, sie ihm zu entlocken, wenn ich zurückkehre": rieb sich Aytor schon die Hände.
Schließlich hatte er die Tunnel erreicht und war bereits ein Stück hineingegangen. Er entflammte sein magisches Licht. Eine Sphäre umkreiste nun zurückhaltend seinen Kopf und erleuchtete den dunklen Gang, der von einem feinen Konstrukt aus Wurzeln gestützt wurde, die dem ganzen den Eindruck verliehen, als würde man sich durch ein röhrenförmiges Gerippe bewegen. Vor ihm drang Licht von der Seite her. Er beschleunigte seine Schritte und hatte den Abzweig erreicht, wo eine größere Höhle mit einer nicht allzu tiefen Lavagrube in der Mitte an den Tunnel heranzweigte. Man konnte geschäftiges Murmeln und aufgeregtes Flüstern vernehmen. Aytor ließ seinen Blick über die im roten Lavaschein dahin kriechenden Gestalten in ihren dunklen Kutten schweifen und schnaubte verächtlich. "Was für jämmerliche Kreaturen": dachte er und betrachtete sie, wie sie auf dünnen Ledermatten halb im Dreck schliefen oder sich manchmal auch vor Krämpfen geschüttelt schwerfällig an Felsen abstützten. Dem Geruch nach z urteilen, wurde an den Kesseln im hinteren Teil der Höhle gekocht. Meister Meradanz ließ den Wesen immerhin frische Vorräte zukommen. Das war mehr als diese Kreaturen überhaupt zu erwarten hatten. "Sie können überhaupt froh sein, dass Meister Meradanz sie damals im Aschland aufgesammelt und am Leben gehalten hat": dachte der Bretone und verschaffte sich mit einem energischen "Hört her" Aufmerksamkeit. Sofort verstummte das geistlose Geflüster. "Das Schiff muss heute bestückt werden. Die Vorräte treffen gleich ein. Ihr werdet sie abholen und aufladen und das schnell. Sehr schnell. Wir gedenken in wenigen Stunden abzulegen. Also kommt": befahl Meradanz' Sprecher und die Wesen setzten sich geradezu mechanisch in Bewegung und sammelten sich um den Bretonen. Mit seiner Meute eifriger Sklaven im Schlepptau verließ der die Höhle wieder und setzte den Weg durch die Tunnel fort.
Aytor lächelte. Ein Schicksal wie das dieser Kreaturen wäre genau das Richtige für den Dagoth. Wenn sie mit Tarrior fertig waren, könnte er ihn vielleicht in die Dienerschar einreihen. Einen Moment schwankte der Bretone darin, ob der Tod oder die Sklaverei des verhassten Dunmers ihm mehr Befriedigung verschaffen würde, aber ließ diese Frage schließlich unbeantwortet, als er und seine Gefolgschaft Stufen erreichten. Am oberen Ende lagen die Landebuchten. Es wurde nun Zeit die letzten Vorbereitungen zu treffen. Er verbannte Tarrior aus seinen Gedanken und wandte sich dem Aufgang und seinen eigentlichen Pflichten zu. Schnell folgten ihm die Kuttenträger ebenfalls noch oben. Da die Dunkelheit hier noch immer nicht von ihnen wich, war es für Aytor nicht schwer festzustellen, dass das Dach noch immer geschlossen war. Nach der Mission bei Mar Gaan sollte nichts, auch kein Aschesturm, die letzten Umbauten stören. Das Licht würde also auf ein völlig überarbeitetes und funktionsfähiges Schiff fallen, das seinem Vorbild so nah kam, wie kein anderes Schiff seit Jahrtausenden und das alles dank des enormen Wissens des Meisters und der Entschlüsselung alter Baupläne. Die Sphäre enthüllte die Arkaden und die Bögen. Aytor hielt direkt darauf zu. Schließlich fühlte er die festgestampfte Erde und trat energisch in die von der Wurzelkuppel überspannte Halle hinaus. Es wurde Zeit dafür, dass Meister Meradanz Meisterwerk das Licht der Welt erblickte.
Der Bretone stellte sich auf und verstärkte das Licht der Sphäre noch einmal. Die Kuttenträger wuselten um ihn herum und sammelten sich schließlich. "Die Vorräte und Ausrüstung, die noch an Bord gebracht werden müssen, sind in der Halle nebenan. Bringt sie hierher und verladet sie umgehend. Und beeilt euch": wies Aytor sie an und die Menge gehorchte und wuselte los. Er wandte seinen Kopf zur Decke, legte ihn in den Nacken und zog aus der Robe ein bronzenes Instrument. Ein kleiner Kristall darin begann zu leuchten und plötzlich ging ein starkes Vibrieren, wie ein leichtes Beben, durch das Gebäude. Lose Asche rieselte von oben herunter. "Von den Stürmen der letzten Zeit muss wohl einiges oben auf den Wurzeln liegen geblieben sein": vermutete Meradanz' Schüler. Doch das Rieseln nahm ab umso heller es schließlich wurde. Aus einem schmalen Spalt, wurde bald ein Riss, bald ein großer Riss. Die Wurzeln öffneten sich und schoben sich zur Seite. Das gesamte Dach faltete sich regelrecht auf und Licht flutete schließlich die sonst arenaförmige Landebucht. Es fiel herab und ließ schließlich die golden-bronzene Haut der gewaltigen "Dwemeran I" erstrahlen. Die polierten Platten, die den Körper des Luftschiffes bedeckten und schützten glänzten im Licht der Sonne wie Gold, ebenso wie der gewaltige Ballon, der das Konstrukt zum Himmel heben würde. Auch in diesem Moment würde es dank der leichten Gase im Inneren bereits schweben, würde nicht gewaltige Felsanker es am Boden halten. Noch überwältigender jedoch war der martialische Eindruck der beiden großen Ballisten, mit denen die Bordwände der Gondel, wie Meister Meradanz, das prismatische Konstrukt unterhalb des Ballons nannte, in dem Mannschaft und Ausrüstung Platz fanden, ausgestattet waren.
Aytors Augen gingen über. Das Schiff in seiner ganzen Pracht und nicht nur im Schein von Fackeln und Laternen zu sehen, war eine völlig neue Erfahrung. Dieser Anblick ließ einen Teil des Glanzes erahnen, den der Meister wiederherstellen wollte. Er würde ihn nicht enttäuschen, nicht noch einmal. Sobald er damit zu seiner Mission aufbrach, würde er es am Turm vorbeisteuern, damit auch der Meister seine Schöpfung in Aktion erleben konnte. Aytor würde sich beweisen.
Der Pfeil löste sich auf und der alte Gelehrte rutschte mit dem Rücken langsam die Wand hinab.
„Guter Schuss, Calirim.“
„Danke, Herr.“
Valiel betrat nun mit festen Schritten vollständig das Zimmer, die Hände immer noch hinter dem stolz gestreckten Rücken gekreuzt. Hinter im entließ Calirim seinen beschworenen Bogen wieder. Die Waffe löste sich, wie der von ihr verschossene Pfeil auch, in bloße Luft auf. Ein Paar Härchen auf der rechten Seite von Valiels Kopf glimmten noch leicht, aber das beunruhigte ihn nicht. Ohne Magie, die sie nährte, würden auch diese kleinen Flämmchen ausgehen.
Ja, er hätte dem Feuerball des alten Dunmers ausweichen können, statt aufrecht in der Tür herumzustehen und dann seine Schutzzauber die Arbeit machen zu lassen, aber dem ganzen hätte der Stil gefehlt.
Er liebte es zu sehen, wie seine Gegner ihn wie dumme Kühe mit offenem Mund anstarrten, nachdem der Feuerball oder der Kugelblitz, in den sie so viel Magica geladen hatten, nutzlos an seinem höflich lächelnden Gesicht zerschellte.
Auch auf seine Untergebenen machte es einen wunderbaren Eindruck. Diese verbreiteten sich jetzt in der armseligen Bibliothek, die der Gelehrte sich zusammengekratzt hatte. Allesamt trugen sie die dunkelvioletten Roben der Thalmor, und es erfüllte ihn mit Zufriedenheit zu sehen, wie sie ohne Worte zu benötigen genau das taten, was er von ihnen wollte. Unheimlich fortschrittlich. Die Bücher wurden, ohne dass es seinen Befehl brauchte, aus den Regalen gerissen, kurz durchgeblättert und dann achtlos in die Mitte des Raumes geworfen, wo sich langsam ein unordentlicher Stapel bildete.
Valiel selbst bewegte sich, dicht gefolgt von Calirim, mit langen und festen Schritten auf den Schreibtisch zu, neben dem die Leiche des Hausbesitzers an der Wand lehnte. Der Hochelf blickte auf den toten Dunmer hinab. Glasige rote Augen starr geradeaus, das Gesicht eine Maske des Schreckens, ein definitiv ungesund aussehendes Loch in der Mitte der Stirn. Es war wirklich ein guter Schuss gewesen.
Aber was für eine Verschwendung. Zwar kein Altmer, aber immer noch Mer. Warum verstanden es manche einfach nicht? Alles, was der Gelehrte hatte tun müssen, war es, den Brief, der durch Zufall an ihn geraten war, an die Thalmor-Botschaft zu überbringen, statt ihn zu öffnen und zu lesen. Das hatte man nun davon, wenn man wichtige Aufgaben einem Bosmer überließ. Die Waldelfen waren trotz ihres elfischen Ursprungs im Grunde ihres Wesens zu primitiv, um gebildete Entscheidungen zu treffen.
Valiel ließ seinen Blick nun über den Schreibtisch wandern. Das standardmäßige Tintenfässchen war in ein kleines Loch in der Oberfläche eingelassen und nicht umgekippt, als der dahingeschiedene Dunkelelf gegen die Wand gekracht war. Klever. Äußerst modern.
„Calirim. Erinner mich bitte später, mir für meinen Schreibtisch auch so etwas anzuschaffen.“
„Ja, Herr.“
Calirim fragte nicht, was er mit „so etwas“ meinte. Sie würden es ohnehin beide vergessen, unwichtige Details entschwanden schnell Valiel's Erinnerung.
Was aber wichtiger war, als die Sonderausstattung des Schreibtisches, waren die fünf auf ihm ausgebreiteten Blätter.
Jedes von ihnen war an der linken Seite zerrissen, also offensichtlich aus einem Buch gerissen worden, und mit eiliger Hand beschrieben. Auf jedem stand das gleiche.
Valiel nahm sich einen der Zettel zur Hand und begann zu lesen, begleitet von dem Rascheln und Rumpeln der aus den Regalen geworfenen Bücher. Sein Adjutant wartete geduldig hinter ihm.
Geistesabwesend entließ Valiel Calirim mit einem Winken, und dieser schritt davon, um sich ebenfalls ans Werk zu machen. „Mein Name ist Neldan Moloth,“ las Valiel, „und dies Papier hier ist mein Testament. Ich besizte besitze nichts, und ich habe auch niemanden, dem ich etwas vermachen könnte. Stattdessen habe ich eine letzte Bitte an jenen, in dessen Hände dieses kleine Zettelchen seinen Weg gefunden hat.“
Der Altmer schnaufte belustigt und las dann weiter, überflog unwichtige Zeilen. „Meine Verfolger sind ohne Zweifel die Thalmor vom Dominion,“ ließ Valiel sogar laut auflachen, doch keiner der anderen Altmer im Raum schenkte dem viel Aufmerksamkeit.
Der Dunmer schrieb ausschweifend von den Türmen, die Nirn zusammenhielten, ganz klar darauf erpicht, selbst dem ungebildetsten - wahrscheinlich Menschlichem - Leser sein Wissen zu vermitteln. Ein Charakterzug, ein Zwang sogar, der manchen Gelehrten innewohnte.
Anschließend schrieb er über etwas, von dem eigentlich nur die oberen Ränge des Dominons wussten: Die Beseitigung des Talos-Kultes, dieser widerwärtigen Anbetung eines Sterblichen, ja, sogar eines sterblichen Menschen, würde einen der Türme – vermutlich sogar den letzten – zu Fall bringen, und Nirn damit auflösen.
Der alte hatte also definitiv den Brief gelesen. Und er verstand nicht, dass dies der sicherste Weg war, die widerspenstige Plage namens Menschheit völlig auszulöschen und die Mer wieder an die Seite der Götter zu bringen, dem wunderbaren Ort, dem sie entsprungen waren. Das verdammte Rotauge maßte sich sogar an zu behaupten, dass diese Methode nicht funktionierte, sondern zum Ende der Existenz führte.
Aber was wusste er schon? Seine Leiche lag neben ihm, Valiel, und war noch nicht einmal ganz kalt. Behauptete er mehr zu wissen, als Valiels Vorgesetzten in Summerset?
Es entsprach wohl kaum der Richtigkeit. Die Thalmor-Elite würde nicht die Gesamtheit der göttlichen Schöpfung riskieren, wenn sie sich nicht absolut sicher wäre. Das zu hinterfragen stand Valiel in seiner Position nicht zu. Überhaupt war er der einzige im Raum, der über diese Information verfügte, und seine Einheit wusste es besser, als nach Geheiminformation zu schnüffeln. Jedenfalls nicht nach Geheiminformation, die ihnen selbst gehörte. Seine Untergebenen waren sehr geübt darin, nicht zu lesen, was sie nicht lesen sollten. Es zu verbrennen, hingegen, darin waren sie zu Valiels Stolz wahre Meister.
Mit einem Seufzer zerknüllte der Thalmor-Offizier vier der Blätter und warf sie, ohne hinzusehen, auf den Haufen hinter sich. Den letzten steckte er ein, dann drehte er sich zur mittlerweile entleerten – oder zumindest drastisch umdekorierten - Bibliothek um. Es waren nur einige wenige Bücher in den Regalen übrig, und ihre Arbeit war fast getan.
Valiel streckte die Hand aus, und Calirim, der unvermittelt neben ihm auftauchte, reichte ihm zwei Bücher.
„Zwei diesmal?“
„Ja, Herr. Das eine für Eure Sammlung, dem anderen unbeschriebenen fehlen neun Seiten.“
Valiel sah sich die beiden Schriftstücke an und schob dann das beschriebene von beiden diskret durch den geöffneten Kragen seiner Robe in eine Tasche auf der Innenseite. Eine seltene ketzerische Schrift, von einem längst verstorbenen ketzerischen Autor, die absurderweise das Existieren von Talos als Gott beweisen wollte. Valiel sammelte solche Werke, weil ein Altmeri-Philosoph, dessen Name ihm gerade entfallen war, behauptet hatte, dass das Ausüben von Hobbys die geistige Stärkte förderte.
In der politischen Welt der Thalmor war es ein sehr gefährliches Hobby, aber sein hochrangiger Vetter hatte bisher immer dafür gesorgt, dass Valiel aus der Schusslinie gieriger Untergebener oder paranoider Vorgesetzter blieb. Natürlich würde er seine Sammlung am ende verbrennen, wie jede andere ketzerische Schrift, aber bis dahin war es ein aufregender Zeitvertreib, den er mit seiner Arbeit verbinden konnte. Valiel fühlte sich dadurch sehr fortschrittlich und modern.
Nun durchblätterte der Altmer das andere Büchlein. In der tat war jede Seite unbeschriebenen. Auch waren die gezackten Überbleibsel der Seiten zu sehen, die der Gelehrte herausgerissen hatte. Ein typisches Tagebuch, wie es bei Abenteurern und experimentierfreudigen Magiern sehr beliebt war. Er schlug es lautstark zu.
„Nun denn. Gute Arbeit, Calirim. Vier Seiten hat er wohl schon in der Stadt verteilt.“
Sie aufzuspüren würde ein leichtes sein. Ihr einziger Gegner dabei war das kaiserliche Penitus Oculatus, doch diese fantasielosen Stümper würden kein Problem darstellen. Sie konnten sich also Zeit lassen.
Ihr letztes großes Hindernis waren die Klingen gewesen, und seit ihrer Beseitigung verursachten ihre eigenen Leute mehr Probleme, als die Kaiserlichen. Valiel musste schmunzeln, als er an den Vorfall dachte, bei dem eine Gruppe der Thalmor sich als Ketzer-Kult ausgegeben hatte, um Ketzer anzulocken, und dann von einer anderen Gruppe verhaftet wurde, die vorgegeben hatte, Ketzer zu sein, um einen Ketzer-Kult zu unterwandern. Beide wurden dann auch noch von einer dritten Gruppe für Ketzerei verhaftet, die beide Gruppen seit kurz nach Beginn ihrer Operationen beobachtet hatte und gedacht hatte, einen großen Fang zu landen. Am Ende war kein einziger echter Ketzer anwesend gewesen, und die Gruppen gingen nach einer Flut aus Papierarbeit, Flüchen und deutlich gesenkten Schultern und Köpfen wieder auseinander.
Das letzte Buch landete mittlerweile in der Mitte des Raumes und rutschte etwas den kleinen Haufen aus verschiedensten Werken herunter, wie ein Bergsteiger, der den Halt verloren hatte und verzweifelt versuchte, sich noch irgendwo festzukrallen, bevor der Abgrund ihn verschlucken konnte. Valiel nickte seiner nun aufmerksam bereitstehenden Truppe ermunternd und voller Elan zu. „Estyon, du darfst heute das reinigende Feuer entfachen.“
„Danke, Herr.“
„Arkvuar, du warst am schnellsten mit deinem Regal durch. Du hast heute das Privileg, beim heutigen Abendessen zu meiner linken zu sitzen.“
„Vielen dank, Herr.“
Wie es seiner rechten Hand zustand, würde Calirim zu seiner rechten sitzen, aber das stand außer Frage.
„Nun denn, meine Herren. Unsere Arbeit hier ist erledigt. Zurück zum Hauptquartier. Hop, hop!“
Was in der Zwischenzeit geschieht… IX
(als Ergänzung zu Tarrior im RPG)
hier: Aytor von Brasselin
Zufrieden nahm Aytor den Vorratsraum in Augenschein. Verbandsmaterial, Vorräte und Munition waren an Bord. Ebenso Material für Reparaturen. Die Notwendigkeit dafür hatte sich auf der Expedition des kleinen Dagoth gezeigt, der jetzt tief unter ihm im Kerker befand. Sollte das Schiff wider Erwarten beschädigt werden, dann hatten sie genug Ersatzteile, um es wieder flugtauglich zu bekommen, ohne das Hüllenintegrität massiv nachgab. Es sei denn sie wurden allzu schlimm erwischt, aber diese Gefahr bestand hoffentlich nicht. Nur Magie wäre in der Lage entsprechende Wunden in den Metallleib des Gefährts zu reißen, doch das Material des Metallleibs bot Widerstand gegen Magie. Die Gefahr einer nachhaltigen Schädigung war also entsprechend gering. Der Adjutant lächelte, ließ den Vorratsraum hinter sich. Seine Schritte, in den eisenbeschlagenen Schuhen halten auf dem Metallboden wieder, als er durch die sich anschließende Rüstkammer schritt. Fein säuberlich aufgereiht war die Ausrüstung der Kampfbesatzung.
Links hingen die Knochenrüstungen des Angriffstrupps und deren Ausrüstung an Schwertern, Speeren und Schilden für den Nahkampf. Rechts die leichteren Lederklüfte und die wertvollen Armbrüste im Stil der Dwemer. Es waren keine Originale sondern Nachbildungen aus Stahl. Nach wie vor knauserte Meister Meradanz mit Dwemer-Metall. Die Konstruktion jedoch war fast gleichwertig, allerdings ließ die schwere Stahllegierung sich deutlich schwerer stemmen und die Sehnen aus Feineiesen hatten nicht die gleiche Elastizität, wie die ihrer Vorbilder. Es war ein Kompromiss aus überlegener Konstruktion und sparsamer Fertigung. Und wie alle Kompromisse an irgendeinem Punkt ungenügend. Doch die Kampftruppe war im Umgang mit den Waffen und insbesondere ihrem Gewicht geschult und würde schon damit umgehen können. Die Durchschlagskraft als solche jedoch wog all dies auf und war bestens geeignet, um gepanzerte Wachen auszuschalten.
Aytor war auch damit zufrieden. Sein Meister hatte die Planungen entsprechend durchgeführt und das Ergebnis würde den Erfolg seiner Mission sicherstellen. Es gab zwar noch einige Unwägbarkeiten, aber die ließen sich nicht vermeiden. Zur Not konnte er wieder auf die Animunculi zurückgreifen. Die hatten schon Tarrior den gar ausgemacht und ein abgehalfterter, alter Hexenmeister konnte wohl kaum noch mehr Widerstand leisten.
Soweit zu kommen und die Verteidigung zu durchbrechen, das war das eigentliche Problem am Plan bisher gewesen. Der Zugang aus der Luft mochte einige Probleme umgehen, aber nicht alle. Ein Turm würde nur ungern seinen Herren preisgeben, drum war es notwendig die Substanz selbst anzugreifen. Er erinnerte sich noch sehr gut daran, dass Meister Meradanz dieses Problem noch sehr lange umgewälzt hatte. „Nächtelang hat er über den Folterberichten, den Beschreibungen gebrütet, nach Mitteln und Wegen gesucht, auch nach weniger auffälligen, bis wir doch zu einem direkten Angriffsplan zurückkehrten“: erinnerte sich Aytor, während er von den hinteren Lagerräumen endlich in den Bug des Schiffes zurückgekehrt war und sich nun in der großen Ladebucht befand. Zu seiner linken lag das große Ladeschott an dem die Planke anlag, über die das Schiff betreten werden konnte. Rechts von ihm übte das Kampfpersonal noch einmal das Öffnen der Schießluken ein. An jeder Luke konnten simultan zwei Männer verteilt über die ganze Länge des zentralen Laderaums mit Armbrüsten auf Gegner herab feuern. Für Magie oder Bögen waren die Luken aber eher ungeeignet, aber dafür gab es das obere Deck, das während des Fluges selbst relativ gefährlich war, aber in Kampfstellung eine ausgezeichnete Schützenposition abgab. Man konnte mit einer Flaschenzugskonstruktion eine Plattform von hier aus nach oben fahren. Entweder beladen mit Männern oder …. anderen Dingen.
„Im Anschluss hat er nächtelang über alten Bauplänen gebrütet, was für eine Verschwendung von Nerven, wenn man die deutliche Frustration bedenkt, in der sich der Meister dabei erging“: erinnerte sich Aytor weiter: „Der Gebieter ist Perfektionist und natürlich geht es um die Technologie, die er durchschauen und verstehen will und die es ihm nicht so recht glückte.“ Aytor musste bei dem Gedanken schmunzeln. Er bewunderte den Telvanni dafür, allerdings wenn Perfektionismus dem Plan im Weg stand, war er der Ansicht, dass er über Bord geworfen werden musste. Etwas das Meradanz schließlich auch tat. Aytor trat aus dem dunklen, kühlen Inneren des Metallungeheuers hinaus auf die Landebrücke.
Die Möglichkeiten einer Rekonstruktion waren fehgeschlagen, weil es kein entsprechendes funktionsfähiges Exemplar irgendwo gab, anders als bei den kleineren Animunculi in den Dwemer-Ruinen. Ein Rollen aus der Ferne war zu hören. In den engen Wurzelgängen zwischen den drei großen Landebuchten wurde der Schall weit getragen. Derzeit war nur eine der Landebuchten, diese hier, mit einem Schiff besetzt. In der zweiten Bucht wurde aus den Überresten von Aureks Schiff gerade eine weitere Himmelsbarke gefertigt. In der dritten Bucht jedoch hatte sich Meister Meradanz eine eigene Werkstatt für die größeren Projekte eingerichtet, obwohl er auch Werkräume in den Verliesen besaß und ein geheimes Labor etwas außerhalb der Stadtgrenze. Von dort kam nun die Lösung für das Problem mit dem Turm. Aus dem Schatten der Tunnel schoben unter Keuchen und Ächzen und dem Knarzen der großen Rollen, die Bemantelten eine riesige Balliste in die Landebucht hinein. Sowohl die Landebrücke als auch das Schott waren breit genug, um sie aufzunehmen. Die Schiffe waren ursprünglich dazu konstruiert, ein bis zwei von diesen Geräten beherbergen zu können.
Aytor verließ die Landebrücke und trat zur Seite, damit die Schieber Platz hatten, um jetzt mit einer noch größeren Kraftanstrengung die Waffe die leichte Steigung hinauf zu schieben. Ein Unterfangen das immer wieder scheiterte und den Bretonen, der langsam genervt mit dem Fuß wippte dazu veranlasste die Kämpfer zur Hilfe zu beordern, um weitere Kraft hinter die Armbrust zu bringen und tatsächlich schob sie sich jetzt Stück für Stück auf die Öffnung im Bauch des Schiffes zu.
„Der Meister hatte mit seinem Perfektionismus vielleicht doch Recht“: überlegte Aytor und verzog das Gesicht. Die Rollen waren zum Bewältigen von Steigungen nicht gut geeignet und für einen Kampeinsatz auf unwegsamen Gelände noch viel weniger. Außerdem musste die Armbrust künstlich gestützt werden, damit sie nicht zu nah am Boden auflag und ließ sich deshalb schlechter justieren. Ein weiterer unschöner Kompromiss, den sie eingehen mussten, um überhaupt Zugriff auf die Waffe zu haben. Die Dwemer, die Aytor dank der Vermittlung durch den Telvanni-Hexer inzwischen fast genauso hoch schätzte, wie er selbst, hatten natürlich eine viel bessere technische Lösung. Ballisten waren an sich nichts Ungewöhnliches. Sowohl die Altmer als auch später das Kaiserreich benutzen diese Gerätschaften ähnlich wie Katapulte schon lange. Doch die stabile Metallkonstruktion sorgte einerseits für eine hohe Standfestigkeit, andererseits für eine deutlich verbesserte Zugkraft und damit dafür, dass ähnlich massive Geschosse abgeschossen werden konnten. Zumindest hatte der Telvanni-Hexenmeister es so erklärt und auch das die Tiefelfen das Problem mit dem Gewicht und der mangelnden Beweglichkeit auf die Art und Weise löste, mit der sie sich am besten auskennten: über Animunculi.
Man montierte die Balliste ähnlich wie bei einer Zenturio-Sphäre auf ein Laufgestell mit Beinen, das besser geeignet war unwegsames Gelände zu passieren. Die Balliste konnte also selbst laufen und selbst an Bord eines Luftschiffes gehen. All die Probleme also, die die Männer jetzt damit hatten die Balliste an Bord zu bringen, hätten sich so gar nicht ergeben. „Da wir die Funktionsweise der des Animunculi jedoch nicht rekonstruieren konnten, blieb uns nichts anderes übrig als die Balliste von den Beinen zu trennen und auf ein Stützgestell zu setzen“: dachte Aytor an die Entscheidung zurück, die Meradanz notgedrungen treffen musste. Doch Meister Meradanz plante bereits größer, für die Zukunft. Jede Expedition, die der Meister finanzierte, jedes Buch, jedes Stück Technik, das er in die Hand bekam, verwandelte sich in rückgewonnenes Wissen. Aytor glaubte zwar nicht daran, dass der Telvanni wirklich von den Dwemern abstammte, wie er behauptete, da war er so verrückt oder exzentrisch wie alle Magierfürsten und leistete sich diese fixe Idee, aber das war auch egal. Er hatte eine ganz eigene Begabung für die Technik der alten Tiefelfen, die es völlig belanglos machte, ob er nun wirklich von ihnen abstammte oder sich das nur einbildete.
Der Bretone hatte lange geglaubt, dass Magie der einzige Weg wäre Macht zu erlangen, um seine Ambitionen zu verfolgen und war deshalb dem Haus beigetreten, weil sie anders als die Magiergilde sowohl seine Ambitionen anerkannten und sie nicht mit lächerlichen Restriktionen zu hemmen versuchten. Etwas das er an Behram bewunderte, dass der sich nämlich auch nicht um Konventionen und schon gar nicht das Haus scherte, um seine Pläne voranzutreiben und der nach Begriffen eines Magiers vermutlich ein schlechter Magierfürst gewesen wäre, da er sich eben viel mehr mit Technik als mit Magie abgab, auch wenn seine Fähigkeiten an sich nicht zu unterschätzen waren, ganz anders als Meister Aryon für den die Beschäftigung mit den Dwemern nur ein dekadentes Vergnügen, kein wirkliches Studium war. Dieser Wahn das Haus Dwemer wieder auferstehen zu lassen, war Aytor zwar in gewisser Weise fremd, doch er hatte es auch zu seinem Ziel gemacht, für Meradanz und den Zugriff auf das alte Wissen, das diese Auferstehung versprach.
Und nun würde er sich endgültig beweisen. Bisher war die Arbeit von Auswertigen erledigt worden, von Söldnern oder anderen Gestalten. Aytor spürte, dass der Meister ihn zwar weiterhin als nützlichen Diener betrachtete, aber ihn zunehmend nur noch nach seinem Gebrauchswert einschätzte. Diese Mission war die Gelegenheit sich zu beweisen. Der junge Mann war sich sicher, dass es eine Prüfung war, um seine Fähigkeiten zu testen. Außerdem konnte der Meister niemand anderen beauftragen, da er sonst niemanden vertrauen konnte, was das eigentliche Ziel hinter ihrer Aktion anbetraf. Und Aytor wollte ihn gewiss nicht enttäuschen.
Und vielleicht würde er dann auch in die anderen Einzelheiten des Plans eingeweiht werden. Das Bündnis mit den Daedra, ihm waren nur wenige Details bekannt. Der Meister verschwand zudem regelmäßig, führte geheime Unterredungen und Verhandlungen und erklärte weiter nichts. „Es muss so sein, wie ich denke. Er vertraut mir nicht mehr ganz“: dachte Aytor über diesen unschönen Zustand nach, den er unbedingt ändern wollte.
Das Schiff war soweit vorbereitet. Die Kuttenträger verließen das Schiff und die Kampftrupps bezogen zusammen mit der ausgewählten Mannschaft Stellung. Es waren nicht alles Dunmer. Eigentlich bestand die Mannschaft nur zur Hälfte daraus. Der Rest waren altgediente Söldner aus dem Rest von Tamriel. Gut bezahlt, fähig und vor allem verschwiegen. Diejenigen, die eben noch die Balliste an Bord gerollt hatten, konnten sich noch auf dem kurzen Flug ausruhen. Soweit war alles für den Abflug bereit. Neben Aurek und Meister Meradanz war er der Einzige, der so ein Schiff steuern konnte. Er hatte sich extra darauf vorbereitet.
In diesem Moment trat der Meister selbst noch einmal aus den Schatten der Tunnel. Er nahm die Versammlung noch einmal selbst in Augenschein. Eine Rede hielt er nicht. Das hier war alles andere als ein offizieller Auftrag und sollte möglichst klandestin abgewickelt werden. Keine Überlebenden, keine Zeugen und die Schuld konnte man an die Daedra weiterreichen. Sie musste sich nur rechtzeitig wieder zurückziehen.
„Ein Aschesturm zieht auf“: trat der Meister unumwunden an ihn heran. Aytor nickte. Ein Aschesturm würde ihr Ablegen verschleiern. „Die Straßen leeren sich also schon?“: fragte er zurück. „Ja ich habe der Stadtwache entsprechende Anweisungen erteilt. In der Entfernung ist der Sturm bereits zu erkennen, er zieht in Richtung Küste und wird vermutlich auch eine Weile über der Scherbenbucht hängen. Ich rechne aber nicht damit, dass er allzu lang anhält. Rechne also nicht damit“: erklärte der Hexenmeister. Aytor hörte aufmerksam zu. Dann fuhr er fort: „Es muss glatt ablaufen. Wir wären zwar in der Lage uns gegen einen Angriff zu wehren und uns einzuigeln aber all das beschränkt unsere Möglichkeiten und solange die Daedra nicht erfolgreicher sind oder die Mythische Morgenröte die Verteidigung weiterer Städte umgeht, will ich vermeiden, dass wir in so eine Situation kommen. Unterschätz dein Ziel also nicht. Er mag zwar nur wie ein alter Mann wirken, aber er hat dafür die Gerissenheit von fünf Dunmer-Leben, die er gegen dich ausspielen kann.“
Wieder glaubte Aytor einen versteckten Verweis auf seine Mission gegen Tarrior herauszuhören, fühlte sich an seiner Ehre gepackt. Seine Fingernägel gruben sich in seine Handflächen, doch er blieb ruhig. „Habt keine Sorge. Das Weib hat mir alles verraten, was ich wissen und beachten muss. Ich werde nicht versagen“: stellte der junge Bretone klar. Meradanz‘ Gesicht blieb starr. „Dieser Teil ist für meinen Plan essentiell. Ich brauche die Forschungsergebnisse und Ihn am besten lebendig, damit er uns aushelfen kann, sollten seine Schriften zu schwer verständlich sein“: schärfte der Hexer seinem Adjutanten noch einmal ein. Innerlich spürte Aytor einen Peitschenhieb. Äußerlich blieb er selbstbewusst. „Nur keine Blöße geben“: dachte er. Ohne eine weitere Antwort wandte er sich um und dem Schiff zu. Es gab nichts mehr zu besprechen. Alles war gesagt. Nun kam es zum Schwur und er war fest entschlossen seinen Beitrag zu leisten.
Der junge Magier erklomm den Landgang, zwei Wächter klappten ihn ein und zwei weitere Wächter schlossen unter allgemeinen Lärm das Schott, in dem sie es auf einer Schiene seitwärts gelagert vor dem Öffnung schoben und dort einhakten, sodass es fest und sicher saß und den Rumpf so glättete, dass die Luft schön an ihm vorbei fließen konnte. Aytor nahm seinen Weg zum Kapitänsstand. Er war im Inneren mit Holz verkleidet. Dieses Luftschiff hier war zwar noch eine Versuchsstudie aber etwas Luxus, wie auch ein Teppich, mussten trotzdem drin sein. Das zweite Luftschiff entstand schon unter dem Eindruck deutlich repräsentativer angelegt zu sein.
Die Kanzel war noch vorne mit Glas versehen, das den Blick deutlich verzerrte als würde man durch Wasser gucken. Die Qualität war auch hier noch nicht sonderlich gut. Für feines Steuern nicht unbedingt geeignet. Aber diesen dicken Metallkoloss durch den Himmel zu steuern, erforderte keine größere Präzision und die Landebuchten waren extra breiter angelegt.
Dazu konnte man im inneren eine dicke Metallblende vor der Kanzel herunterfahren für den Fall, dass die Kanzel selbst unter Beschuss geriet. Dann wäre es nur noch möglich durch schmale Sichtschlitze zu steuern.
Aytor trat an das hölzerne, mit metallenen Beschlägen befestige und verzierte Steuerrad heran. Das Steuerpersonal war auf ihren Posten, wie ein Blick um ihn herum verriet. Die Leute hatten ihre Position an den Hebeln und Schaltern eingenommen, die dazu dienten, verschiedene Teile des Schiffes, wie die Dampfzufuhr, das Höhenruder und die Schotten zu steuern.
„Sprachrohre testen“: befahl Aytor. Ein Dunmer rief verschiedene Aufforderungen in mehrere bronzene Trichter an der Wand. Sie staken auf Rohren, die durch das ganze Schiff führten und in den verschiedenen Bereichen in ebensolche Trichter mündeten. Wie in einem langen Bogengang, übertrug sich irgendwie die Stimme der Leute dadurch über eine gewisse Entfernung. Die Stimmen waren blechern, weshalb laut und deutlich gesprochen werden musste, aber man konnte sie von der Kanzel aus Befehle in die anderen Teile des Schiffes übermitteln und Rückmeldungen, zum Beispiel zu Beschädigungen erhalten.
„Alle Bereiche erreichbar“: vermeldete der Kommunikationsoffizier. Aytor nicke. „Gebt Befehl die Maschinen zu starten. Auftriebsgas erwärmen und Dampf auf die Kolben leiten. Geschäftigkeit brach aus. Es dauerte einige Minuten, in denen ein Brummen und pulsieren durch den ganzen Schiffsleib ging, als hätte sich ein Herz zum Schlagen in Bewegung versetzt und pumpte nun mit voller Kraft Dampf und Gase durch den Metallleib des Flugschiffes, trieb andere Maschinen, Kolben und Gewinde an, versetzte Achsen in eine Drehbewegung und ließ die Propeller schließlich die Luft verwirbeln, bis schließlich ein gewaltiger Ruck durch das ganze Schiff fuhr. Der Dwemer-Koloss hatte abgehoben. Zunächst noch unmerklich, stieg die Barke jetzt immer schneller. Die Wand der Landebucht vor der Kanzel flog vorbei. Bis schließlich staubgeschwängerte Luft sichtbar wurde. Der Aschesturm war inzwischen über Mora Uvirith hereingebrochen. Ganz dicht am Glas hörte man das Pochen kleiner und größerer Sandkörner und Ascheklümpchen gegen die Außenwand. Die meisten Geräusche jedoch verschwanden unter dem dumpfen Brummen, das das Luftschiff erfüllte.
Aytor trat nun wieder ans Steuerrad heran, schlug es nach Backbord ein, das Luftschiff wandte sich nun der Zafirbel-Bucht und damit dem Meer zu. Der Steigflug war beendet, auf Anweisung des jungen Bretonen, wurde die Energie nun auf den Vortrieb gerichtet. Die Rotoren am Heck setzen sich mit einem ebenso spürbaren Rucken in Bewegung und trieben nun die Himmelsbarke nach vorne. Ihrem nicht allzu weit entferntem Ziel zu.