Guten Morgen, liebe Mitposter und Imposter.
Tja. Gibt es hierzu schon einen Thread? Ich glaube nicht. Muss man über solche Filme nicht etwa auch diskutieren dürfen, wenn selbst "Das Todesschwert der Ninja" hier und da mal lobend erwähnt wird? Doch, ich denke schon. Dieser Thread ist in meinen Augen nicht als einer der vielen "Dieser Film startet demnächst/läuft jetzt gerade, nur damit ihr's wisst"-Threads die hier herumschwirren (Und von denen ich, zugegeben, so manch einen verfasst habe). Stattdessen ist das ganze gemeint als der Versuch, andere Spekulationen einzuholen, wieso eigentlich so etwas wie die Comedy Central-Show "New Kids" und nunmehr der erste Kinofilm "New Kids Turbo" so dermaßen erfolgreich sind wie sie sind. Denn das sind sie. Wer nichts zu sagen hat außer "Dieses Zeug ist absolute Scheiße", der kann sich übrigens gleich verziehen.
Ist noch jemand da, alles Weicheier sind weg? Sehr fein.
Zunächst mal ein kurzer Crashkurs für diejenigen, die entgegen dem zweifelhaften Trend wirklich noch gar nichts von "New Kids" gehört haben.
Das ganze dreht sich um fünf Macker aus einem holländischen Kaff namens Maaskantje. Richard, Gerrie, Rikkert, Robbie und Barrie sind asoziale Versager wie sie im Buche stehen, sie bepöbeln Leute, auch sich selbst, saufen (wie es scheint) hektoliterweise 29-Cent-Dosenbier, scheinen sich grundsätzlich nur von Friteusenfraß zu ernähren und wenn sie nicht gerade arbeiten, verbringen ihre Zeit damit, entweder in Rikkert's Opel Manta zu Scooter-Musik durch die Gegend zu heizen oder auf Parkplätzen herumzulungern und Polizisten zu erschrecken. Auffällig ist, dass der Lifystyle der Nieten komplett in den 90er Jahren verwurzelt ist: Üppige Vokuhilas, rosa Pumpjogginghosen, Badelatschen und ungepflegte Schnauzbärte sind Standard. Auch die Ausdrucksweise der Männer ist nur wenig mehr als halbbesoffenes Gestöhne, durchsetzt von derben Flüchen und Beleidigungen, was besonders auffällt da die deutsche Version von den originalen Schauspielern synchronisiert wird und mit einem dementsprechend brutal heftigen holländischen Akzent aufwartet. Tja, und das war es auch eigentlich schon, was es über die Männer zu erzählen gibt, denn um mehr dreht sich die Serie nicht. Grober Unsinn also.
Als das ganze 2007 als Webserie anfing, hätte sich kein Mensch, der noch halbwegs klar im Kopp ist, vorgestellt, dass obengenannter Dummfug derartig erfolgreich würde: Die erste Webstaffel wurde auf Youtube 2,5 Millionen mal gesehen, und damit lag eine zweite und dritte Staffel auf Comedy Central (Zunächst nur in Holland, seit 2010 auch in Deutschland, USA und anderen Ländern) quasi auf der Hand. Die vierte ist nunmehr in der Mache, und jetzt ist der erste Kinofilm in Deutschland erschienen: besagter "New Kids Turbo", im November folgt das Sequel "New Kids Nitro".
Das wirklich (Zumindest für einen Cineasten wie mich) faszinierende an dem ganzen ist dabei, dass es eben so beliebt und demtentsprechend erfolgreich ist. Der erste Kinofilm hat alleine in Holland an seinem Startwochenende die Kosten (1,5 Millionen) wieder reingeholt und avanciert damit zum erfolgreichsten holländischen Film seit was weiß ich. Was für uns Deutsche nichts heißen muss, wiederholt sich hierzulande: Der Film lief vergangenen Donerstag an, und hat schon jetzt knapp 3 Millionen Euro eingespielt, wenn man den Quellen glauben darf. Das bedeutet, eine dreiviertel Million Mücken pro Tag, eine Summe, wie sie manche Big-Budget aus den USA nicht gebacken kriegen.
Und jetzt, nach so viel Gerede, komme ich zu meinem eigentlichen Anliegen: Mit euch über das populärwissenschaftliche Phänomen "New Kids" zu reden. Denn genau das ist es, in meinen Augen. Das liegt ganz einfach daran, dass die "New Kids" so beliebt sind, obwohl der Inhalt von Serie und Kinofilm ganz einfach purer BULLSHIT ist. Bevor falsche Meinungen über meine Wenigkeit laut werden, muss ich den Stein ins Rollen bringen, mich öffentlich outen und sagen:
JA! ICH LIEBE NEW KIDS! ICH FINDE DIESEN UNSAGBAR DUMMEN SCHEISS SO DERMAßEN GUT, DASS ICH MICH ROLLEN KÖNNTE!
Was mir hier gewissen Leute darauf vielleicht entgegen wollen, ist mir wirklich vollkommen Sprühwurst. Ich berichte also quasi von der Front. Ich als junger Cineast finde etwas lustig, was ich eigentlich naserümpfend verurteilen und nicht mit dem Arsch ansehen dürfte. Denn Niveau hat "New Kids" nicht, so viel ist klar, und der Kinofilm geht diesbezüglich noch einen ganzen Schritt weiter als die Serie.
Das kann ich sagen, weil ich ihn gesehen habe, letzten Freitag.
Aber gottverdammt nochmal auch
Der Film ist so herrlich platt und dämlich, so unsagbar schlecht und hodenausreißend respektlos, dass ich ihm mindestens 6/10 Punkten geben muss.Wenn ich ihn als Fan beurteile, dann kriegt er locker nochmal zwei Punkte drauf.
Kurz zuvor hatte ich im Netz in einer unabhängigen Rezension gelesen, dass der Film doppelt so viel Spaß macht, wenn das richtig Publikum im Saal sitzt. Mit den Freunden vor dem Kino angekommen - die allesamt durch und durch "New Kids"-Fans der ersten Stunde sind - wurde mir schnell klar, dass dieses Statement vollkommen zutrifft. Ich habe noch nie so viele Vokuhila-Perücken, Bauarbeiter-Uniformen, versiffte Unterhemden und Badelatschen auf einem Haufen gesehen wie an diesem Abend. Und erst recht nicht im Kino, was die Tatsache gleich noch mal so geil machte.Das Kino selbst hatte wohl erkannt, wieviel Geld hier zu machen war und hatte alle anderen Filme, gleich welchen Genres oder welchen Budgets (Ja, auch Sucker Punch war dabei) in die kleinen Kinosäle verwiesen, um "New Kids Turbo" im einzigen doppelt so großen Saal zeigen zu können. Wir selbst hatten uns draußen vor dem Kino mit einer Palette REWE-Bier postiert und bereiteten uns auf diese Weise schon mal seelisch auf das Kommende vor. Wildfremden eintrudelnden Fans gaben wir großzügig mit den Worten "NIMMAL, JUNGE!" oder "SO EIN FEUERBALL!" ab. 8) Das Kino war restlos ausverkauft, in der Schlange zur Snacktheke spielte alle paar Minuten irgendjemand das "New Kids"-Theme und auch sonst war die Stimmung schlichtweg ultimativ. Faszinierend hierbei war aber, dass nicht nur wir, sondern auch die meisten anderen aus normalen bis besseren Kreisen zu stammen schien.
Der Film selber ist, wie gesagt, die Serie, nur auf 90 Minuten gestreckt. Komplett hirnverbrannter Dummschiss eben, hier und da durchzogen von einigen echten Lachern "gewöhnlichen" Humors.
Deswegen gibt es ab hier jetzt meine Kritik zu dem Kinofilm, wobei ich versuche das ganze auch ein wenig neutral zu betrachten. Da ich eine Inhaltsangabe gebe, sollte wer sich den Film noch anschauen will, den nächsten Absatz überspringen.
Die Story ist mindestens genauso bescheuert wie es die Episoden der Serie sind:
Die fünf Hauptcharaktere Richard, Gerrie, Rikkert, Robbie und Barrie verlieren gleich zu Anfang des Films ihre Jobs. Weil bei seinen Freunden der Haussegen schiefhängt, finden die fünf Idioten sich schnell als Männer-WG in Richards Bude wieder. Allerdings trudeln bei ihm auch weiterhin fröhlich Rechnungen ein, was Richard und seine Kumpels nicht im geringsten akzeptieren wollen: Als ihnen nach einem "leicht" gewalttätigen Übergriff auf die Agentur für Arbeit auch noch das letzte bisschen Arbeitslosengeld gestrichen wird, beschließen die fünf, fortan einfach für gar nichts mehr zu bezahlen. Egal ob Manta-Sprit, Dosenbierpaletten, oder Gas- und Wasserrechnungen - die erste Viertelstunde des Films zeigt anschaulich, wie's laufen tät wenn Anarchie im Lande herrschen würde. Dann jedoch rücken ihnen Inkassofahnder und die Bullerei unter Leitung eines labilen, komplett unfähigen Komissars zuleibe. Zudem verfolgen ein schräger Reporter und sein Kamermann die Jungs für ein paar Mäuse auf Schritt und Tritt, und berichten ganz Holland live und in Farbe, zu welchen "Untaten fünf Männer aus der Region Brabant gezwungen werden, wenn der Staat ihnen trotz der Wirtschaftskrise jegliche Unterstützung verweigert". Klar dass das ganze den Zorn des Verteidigungsministeriums auf sich zieht, welches mit den Worten "Ne Bombe drauf, oder?" Maaskantjes Nachbarstädtchen in Schutt und Asche legt. Woraufhin sich die New Kids widerum Unterstützung bei einem Bauern holen, der in seiner Scheune Weltkriegswaffen und Nazi-Kulturgut aufbewahrt, und so ausgerüstet gegen anrückende SWAT-Einheiten in den Kampf ziehen, sodass der Film in einem Blutbad sondergleichen gipfelt, und damit alle Klischees der Serie auf das feinste bedient.
So weit, so nur für Fans. Alle anderen greifen sich Picard-like an die Glatze oder wenden sich entsetzt würgend ab. Tatsache ist, dass mir der Film wahnsinnigen Spaß gemacht hat, und ich steh dazu. Es war herrlich, die Helden einer meiner Lieblings-Independant-Trash-Shows auf der großen Wand zu sehen. Da ein solches Urteil von einem Fan wie mir aber zu erwarten war, jetzt das ganze etwas distanzierter:
Selbstverständlich ist "New Kids Turbo" KEIN guter Film. Sicher, Regie und Kamerführung sind solide wie man es von ausgebildeten Machern erwartet. Das Drehbuch dagegen gehört nicht zu den Stärken des Teams hinter der Kamera, was aber auch zu erwarten war. Der Großteil des Films besteht aus dummen Sprüchen einerseits der Hauptpersonen, sinnfreier und sehr blutiger Action oder skurrilen Momenten. Dazwischen findet man ulkigerweise tatsächlich immer mal wieder Szenen, die wirklich jeden zum Lachen bringen. Gleich darauf beweist der Film dann aber wieder, dass er ausschließlich für Fans und solche die es zu werden sich trauen, gemacht ist.
Schön ist allerdings zu sehen, dass die Erfinder der Serie trotz ihres sehr platten Humors ihren Ursprüngen treu geblieben sind: Einerseits konsequent KEINE Furz-, Kack-, oder Piss-Witze (Bis auf einen einzigen, nicht ganz jugendfreien), ohne die bekanntlich nicht einmal American Pie ausgekommen ist (OMG! Ist das jetzt sowas wie ein Qualitätssiegel?!
) und andererseits KEINE Witze über Randgruppen wie etwa Behinderte. Klar, in der Serie gibt es auch die ein oder andere Szene mit geistig Behinderten, aber nie werden diese Menschen wirklich respektlos behandelt. Im Kinofilm avanciert ein junger Down-Syndrom-Mann zum respektierten Runningag, indem er begeistert sein Hobby, das "Lastwagenfahren" auslebt und damit die New Kids mehr als einmal in Bedrängnis bringt. Überhaupt ist der Film vollgestopft mit Szenen und Augenblicken, die der Fan schon aus der Serie kennt und liebt: Ständig wird irgend ein Mensch oder Tier grundlos überfahren, stirbt durch einen Kopfschuss oder sonstiges krasses Zeug. Zudem ist der Film wirklich ausgesprochen blutig, die beliebtesten Sprüche der New Kids wie etwa "SO EIN FEUERBALL, JUNGE! BAM" oder "LALL NICHT, RIKKERT" fanden ebenso Verwendung.
Alles in allem ist der New Kids-Kinofilm also das mit abstand sinnfreieste und dümmste, was das deutsche Kino seit langer langer Zeit zu sehen bekommt, wenn man mal von Transformers 2 absieht. Ein Trashfest sondergleichen, der einen feuchten Dreck auf Sitte und Anstand gibt. Jeder, der sich jetzt noch ganz grob vorstellen kann, ihn sich anzusehen, der sollte es vielleicht lassen.
ODER VERDAMMT NOCH MAL DICKE EIER BEWEISEN UND ES DOCH TUN! HELL YEAH!
So, und jetzt will ich wie eingangs erwähnt, eure Meinung zum "populärwissenschaftlichen Phänomen" New Kids hören. Imho ist "New Kids" nicht das, was Deutschlands Humorszene will - sondern das, was sie braucht. Und wie gesagt: Pseudomarkige Oneliner, die uns sagen wie schlecht das ganze ist, und die hier bekanntmaßen sehr beliebt sind, brauchen wir nicht. Denn wir wissen es ohnehin schon - spätestens nach der Lektüre dieses Startposts.
Der Trailer.