Ergebnis 1 bis 13 von 13

Thema: Das FUNdament eines guten Rollenspiels

  1. #1

    Users Awaiting Email Confirmation

    Das FUNdament eines guten Rollenspiels

    Hallo alle miteinander. Die folgenden Texte stammen im Original von Kentona, dessen FUNdamentals of RPGs Serie von mir mit seiner Erlaubnis übersetzt wurden. Es sind keine technischen Anleitungen für den RPG-Maker, sondern vielmehr generelle Richtlinien zum Rollenspieldesign. Somit sind sie sowohl für Neulinge als auch für alte Hasen lesenswert.

    Die Serie besteht aus 6 Teilen.

    I. Die Rolle des Spielers
    II. Attribute und Fähigkeiten
    III. Geschichte und Weltenbau
    IV. Quests und Ziele
    V. Belohnungen
    VI. Balancing



    Die Wurzeln des Rollenspiels

    Wenn wir an RPGs denken, denken wir an Attribute, Fähigkeiten, Waffen und Rüstungen, Klassen, Zauber, Monster, Dungeons, Quests und zahlreicher weiterer, voneinander abhängiger, Spielelemente. Aber wenn man all die Tabellen, Klassen, den Weltenbau, die Schätze und das Balancing wegnimmt; wenn man das RPG auf seine Basis herunterbricht, dann hat man ein gutes altes Spiel der Fantasie. Im Zentrum dieses Spiels steht Mein Typ. Der Fortschritt des Charakters den man spielt und sein ultimativer Sieg am Ende. Egal ob man Räuber & Gendarm, Cowboy & Indianer, Space Rangers, Ritter & Zauberer oder Ninja Turtles spielt. Die Geschichte handelt von Meinem Typ und wie Mein Typ gut genug wird, um die Welt, die Prinzessin oder den Kuchen zu retten.

    Wenn wir zurück zu unseren klassischen RPG-Elementen kehren, bedeutet die Rolle von Meinem Typen einzunehmen, in die Rolle des Helden des Spiels zu schlüpfen. Dieser Held kann entweder mittels eines Charakter-Editors individuell erstellt werden; er kann aus einer Reihe verschiedener Avatare ausgewählt worden sein, die jeweils andere Eigenschaften repräsentieren; oder es kann ein vorgegebener Charakter sein, den man im Laufe des Spiels individuell formt. In jedem Fall kommt es zu einer Bindung zwischen dem Spieler und dem Charakter und er kümmert und sorgt sich um den Fortschritt und den Erfolg von Seinem Typen.

    Was das simple Kinderspiel Räuber & Gendarm von einem RPG unterscheidet, ist Struktur. Durch ein konsistentes System von nachvollziehbaren Regeln erlauben es RPGs den Spielern in spaßigen und fairen Situationen zu interagieren, wobei alle Spieler eine vernünftige Chance haben, zu gewinnen. Der Spaß kommt daher, den Charakter (oder die Charaktere) zu entwickeln und sie innerhalb der Spielregeln zum Sieg zu führen.

    Die Rolle des Spielercharakters (SC)

    Du bist, wer du vorgibst zu sein. - Sherry Turkle

    Egal welche sonstigen Features ein RPG hat, in ihrem Kern geht es immer um die Identifikation des Spielers mit einem oder mehreren Charakteren. Der Spieler erlebt und entdeckt die Welt durch die Augen seines Avatars. Er handelt durch seinen Alter Ego und rettet so den Planeten, die Prinzessin oder tötet den bösen Dämonenprinzen. Der Fokus eines jeden RPGs sollte daher darauf liegen, ein Gefühl von Gemeinsamkeit zwischen Spieler und Spielercharakter zu fördern. Ein Weg das zu erreichen, ist es, Charaktere zu entwickeln, die den Spielstil derjenigen Spieler wiederspiegelt, die ihr mit eurem RPG erreichen wollt. Es folgt eine Unterteilung der verschiedenen Spielertypen:

    Der Kämpfer

    Erwartet:
    • Spielziele die hauptsächlich durch Kämpfe erreicht werden
    • Hauptfokus auf die Kampffertigkeiten der Charaktere


    Spiele die auf den Kämpfer zugeschnitten sind, müssen ein ausgefeiltes Kampfsystem bieten. Alle größeren Probleme des Spiels müssen in irgendeiner Art und Weise durch Gewalt lösbar sein. Der Designer muss Wert auf einzigartige Kampffertigkeiten, zahlreiche Zauber und eine Vielzahl herausfordernde Monster legen, um ein Spiel für den Kämpfer zu bauen. Da das Spiel hauptsächlich durch Kampfhandlungen vorangetrieben wird, nimmt das Gegnerdesign und die KI einen hohen Stellenwert in der Entwicklung ein. Jede Begegnung sollte eine einzigartige Bedrohung mit einer einzigartigen Schwäche darstellen.

    Beispiele:
    • Die Diablo-Serie


    Wenn wir uns Diablo II anschauen, können wir feststellen, dass das ganze Spiel darauf ausgelegt ist, die Kampffertigkeiten und -Attribute des Charakters zu entwickeln, um sich einen Weg durch die Monsterhorden zu schnetzeln. Quasi jede Quest erfordert das Besiegen von Gegnern durch Gewalteinwirkung. Meist als primäres Ziel, ansonsten als notwendigen Zwischenschritt.

    Der Problemlöser

    Erwartet;
    • Variierende Spielziele mit verschiedenen Lösungsmöglichkeiten
    • Die Möglichkeit, verschiedene Objekte, Aktionen und Strategien zu kombinieren um zu kreativen Lösungen zu kommen


    Der Problemlöser möchte die vorherrschenden Regeln der Spielwelt nutzen, um seinen Weg durch die verschiedenen Probleme zu finden. Wann immer möglich, möchte der Problemlöser das Spiel überlisten. Um diesen Spielertyp anzusprechen, muss der Designer in der Lage sein, dem Spieler viele verschiedene Objekte und Aktionen anzubieten, um mit verschiedenen Strategien dasselbe Problem zu lösen. Ein Kampfsystem, dass es erlaubt, überlegene Feuerkraft durch cleveres Handeln zu besiegen, ist perfekt für diese Spieler. Puzzles, Rätsel und Labyrinthe sind ebenso willkommen. Der Schlüssel um einen Problemlöser ans Spiel zu fesseln ist es, ihm gerade genug Informationen zu geben, um die Probleme auf seine Art und Weise zu lösen. Auf keinen Fall darf dem Spieler klipp und klar gesagt werden, was er in dieser und jener Situation genau zu tun hat.

    Die Schwierigkeit in einem solchen Design ist, dass eine komplexe Spielmechanik schnell den Punkt der Unübersichtlichkeit erreicht. Wenn jedes Problem auf hundert Arten gelöst werden kann, ist es kaum möglich, jeden Weg einzubauen, geschweige denn zu testen. Wichtig ist es, sich daran zu erinnern, dass es keine komplexen Regeln braucht, um komplexe Ergebnisse zu erzielen. Schach hat nur 16 Spielsteine mit beschränkten Bewegungsmöglichkeiten und kann trotzdem höchste Komplexität erreichen. Legt simple Regeln für euer Spiel fest und baut dann eure Welt so, dass sie diese Regeln nutzt.

    Beispiele
    • Die Zelda-Serie
    • Knights of the Old Republic


    In den Zelda-Spielen findet man Gegenstände wie den Enterhaken und den Bumerang, die simple Regeln nutzen. Aber die Welt ist dermaßen gestaltet, dass man diese Gegenstände clever einsetzen muss, um die Probleme des Spiels zu meistern. In Knights of the Old Republic können die Charaktere Fertigkeiten lernen, die keinen kämpferischen Nutzen haben. Z.B. Hacken und Schlösser knacken. Diese Fertigkeiten erlauben es, Probleme auf verschiedene Art und Weisen zu lösen. Statt die Wachen mit dem Lichtschwert zu töten, kann man z.B. auch die Wachtürme umprogrammieren.

    Der Schatzsucher

    Erwartet:
    • Häufige und wertvolle Beute
    • Eine flexibles, nachvollziehbares Wirtschaftssystem, das Schnäppchen und Arbitrage erlaubt
    • Ein gut organisiertes Inventar, mit der Möglichkeit zusätzliche Informationen über die Gegenstände aufzurufen


    Der Schatzsucher sieht die Spielwelt als riesiges, verzweigtes Einkaufszentrum. Jede Kiste, jedes Fass, jeder Plasteel-Behälter existiert nur für den darin enthaltenen Loot. Zombies und Ladenbesitzer sind lediglich Hindernisse auf dem Weg zu mehr Items. Deshalb braucht es ein wohlorganisiertes Inventarsystem, dass dem gut ausgestatteten Schatzsucher zur Seite steht. Der Nutzen eines jeden Items muss klar sein. Optimal sind zusätzliche Hintergrundinformationen zu jedem Gegenstand. Um einen Schatzsucher bei Laune zu halten, muss man ihm mehr und bessere Beute versprechen, umso weiter er im Spiel fortschreitet.

    Beispiele:
    • Diablo-Serie
    • Baldurs Gate 1&2
    • Knights of the Old Republic
    • Dragon Quest Serie


    Jedes Spiel ist zumindest teilweise für den Schatzsucher geeignet. Jeder Dungeon und jede Höhle enthält mehr oder weniger wertvolle Schätze. Auch Monster sind eine gute Quelle für Loot den der Spieler später selbst nutzen oder verkaufen kann. Diablo ist das beste Beispiel für Monsterloot und ist das Vorzeigespiel für zufällig generierte Gegenstände. Baldurs Gate hingegen, macht sich viel Mühe damit, den Hintergrund und die Nützlichkeit eines jeden Gegenstandes detailliert zu beschreiben. Knights of the Old Republic II verfügt über ein exzellentes Crafting System, während Dragon Quest VIII ein hervorragendes Alchemie System enthält.

    Der Story-Interessierte

    Erwartet:
    • Eine Geschichte die das Spielen lohnenswert macht
    • Gut geschriebene Dialoge und eine interessant erzählte Geschichte
    • Charaktere mit Tiefe, die sich im Spielverlauf weiterentwickeln
    • Fähigkeit einem oder mehreren Storyfäden zu folgen


    Der Story-Interessierte erwartet eine gut gemachte und erzählte Geschichte. Er hat Spaß zuzusehen wie die Charaktere sich entwickeln und miteinander interagieren, sowie an unerwarteten Wendungen in der Geschichte. Zudem erwartet er, dass das Spiel, nach all dem Blut, Schweiß und Tränen, zu einem befriedigenden Ende kommt. Es ist sehr leicht, bei der Kreation eines storylastigen RPGs den Überblick zu verlieren. Erstellt zunächst einen einfachen Ablaufplan, auf dem man einfach Geschehnisse hinzufügen oder entfernen kann, sowie allgemein den Überblick über den Ablauf der Geschichte behalten kann. Schreibt detaillierte Charakter. Notiert ihre Persönlichkeit, ihre Weltanschauung, ihre Verhaltensweisen und Gesinnung. Gebt jedem Charakter glaubwürdige Ziele und Wünsche. Stellt euch vor, ihr wärt der Charakter an dem ihr gerade arbeitet. Wie würde er/sie mit ihren Vorstellungen in dieser und jener Spielsituation handeln? Verwendet nicht nur Text um die Story und die Charaktere zu präsentieren. Zwischensequenzen und Bilder verleihen dem Spiel erst die richtige Würze.

    Beispiele:
    • Final Fantasy Serie
    • Knights of the Old Republic


    Die Final Fantasy Spiele legen großes Augenmerk auf Story, Plot und Charakterentwicklung. Die Spiele erzählen oft abwechslungsreiche Geschichten die teils ernst, teils traurig, teils absurd komisch sein können. Jeder Charakter hat eine detaillierte Geschichte und Persönlichkeit und interagiert auf seine ganz eigene Weise mit den anderen Hauptcharakteren.

    Der Selbstverliebte

    Erwartet:
    • Häufige Gelegenheiten die Fertigkeiten seines Charakters auszubauen
    • Fähigkeiten die dem Charakter klare Vorteile geben
    • Eine übersichtliche Möglichkeit den Fortschritt der Charaktere numerisch oder grafisch zu folgen


    Der Selbstverliebte erwartet, dass sich das Spiel um ihn dreht. Königreiche können aufsteigen und fallen, Planeten vernichtet werden. Der Selbstverliebte interessiert sich für all das nicht, sondern erwartet, dass seine Charaktere am Ende die Besten, Klügsten, Bestausgerüsteten und Reichsten sind. Niemand und nichts ist sonst annähernd wichtig. Ein Spiel für den Selbstverliebten braucht ein System von Attributen und Fähigkeiten, das einen stetigen Ausbau ermöglicht und visuelle Rückmeldung über den Fortschritt gibt. Allerdings muss das Spiel auch zahlreiche Gelegenheiten bieten, diese Fähigkeiten auch einzusetzen. Für Kampffähigkeiten ist dies in den meisten RPGs zweifellos der Fall. Allerdings müssen auch Nicht-Kampffertigkeiten einen sichtbaren und oft nutzbaren Vorteil bieten, da sie ansonsten ignoriert werden.

    Beispiele
    • Final Fantasy Serie
    • Knights of the Old Republic
    • Diablo Serie


    Wie gesagt, sind eigentlich die meisten RPGs gut darin, den Selbstverliebten anzusprechen. Dennoch gibt es einige, die das noch besser machen. Final Fantasy Tactics z.B. erlaubt es, eine Vielzahl von Klassen und Techniken zu erforschen und diese durch das ganze Spiel hindurch einzusetzen. Knights of the Old Republic hingegen, ist sehr gut darin, Nicht-Kampffertigkeiten anzubieten, die das ganze Spiel, selbst im Endkampf, relevant und nützlich sind. Und Diablo ist der feuchte Traum eines jeden Min/Maxers.

    Der Tourist

    Erwartet:
    • Eine große, erforschbare Welt
    • Eine detaillierte Umwelt, die Spielerinteraktion fördert
    • Eine Möglichkeit, den Fortschritt in der Spielwelt zu messen


    Der primäre Wunsch eines Touristen ist es, eine exotische oder grausame Welt zu erforschen und dadurch tiefer in Mysterien, Schönheit oder Schrecken einzutauchen. Sie erwarten eine hochdetaillierte und interaktive Umwelt, die so viele Sinne wie möglich anspricht. Kleine Details machen die Welt glaubwürdig und erlauben es dem Touristen in dieser Fantasie-Welt zu versinken. Die Atmosphäre und das Setting haben einen großen Anteil daran, ob der Tourist ein Spiel spielt oder nicht.

    Um den Touristen anzusprechen, muss es ihm möglich gemacht werden, sich ständig fortzubewegen. Das Spiel benötigt daher einen recht niedrigen Schwierigkeitsgrad, der es erlaubt, mehr oder weniger ungestört auf Entdeckungstour zu gehen. Aber auch das eine oder andere zunächst unüberwindbare Hindernis ist nötig, um der unternommenen Reise überhaupt einen Wert zu geben.

    Beispiele
    • Baldurs Gate 1&2


    Die Baldurs Gate Spiele spielen in der riesigen, gut ausgearbeiteten Fantasywelt der Vergessenen Reiche. Daher haben sie eine reichhaltige Geschichte und eine konsistente Weltdynamik zu bieten.

    Kein Spieler ist nur einer der beschriebenen Typen. Jeder Spieler mixt diese Elemente zu einem einzigartigen Cocktail. Allerdings werden diese generellen Typen bestimmen, wie ihr euer Spiel designt und welche Dinge Einzug in euer Spiel finden. Im Ergebnis wird das Feeling eures Spiels dadurch bestimmt, wie ihr die verschiedenen Elemente der einzelnen Spielertypen mischt und einbaut.

    Den Spielercharakter erstellen

    Es gibt viele verschiedene Wege, einen Spielercharakter zu erstellen. Hier werden die drei wichtigsten vorgestellt: Die Charaktergenerierung von Null, die Klassenauswahl und der vorgegebene Charakter.

    Die Charaktergenerierung von Null

    Noch bevor das Spiel eigentlich losgeht, hat der Spieler die Möglichkeit seinen Charakter nach seinen Wünschen zusammenzustellen. Dabei bestimmt er den Namen, das Geschlecht, das Aussehen, die Rasse, den Beruf, die Eigenschaften und tausend anderes. Der Spieler erhält eine bestimmte Anzahl an Punkten um diese auf seine Attribute und Fähigkeiten zu verteilen, manchmal wird auch gewürfelt um zu bestimmen, wie stark oder schwach der Charakter ist.

    Beispiel:
    • Baldurs Gate 1&2


    Vorteile:
    • Der Spieler kann sich einen individuellen Charakter zusammenstellen
    • Sehr beliebt bei Spielern die vertraut mit Rollenspielen an sich sind


    Nachteile:
    • Kann den Spieler gleich am Anfang überfordern
    • Verhindert einen schnellen Einstieg ins Spiel
    • Kann teilweise an mangelhafter Charakterentwicklung während des Spiels leiden



    Klassenauswahl

    Der Spieler hat die Wahl aus einer von mehreren vorgegebenen Klassen und kann seinen Charakter dann nur noch benennen.

    Beispiel:
    • Diablo Serie


    Vorteile:
    • Der Spieler hat sehr schnell die Möglichkeit, den Charakter auszuwählen, der seiner Spielweise am ehesten entspricht
    • Es dauert nicht lange, bis man nach dem Spielstart tatsächlich spielt


    Nachteile:
    • Man ist typischerweise an ein Klassen- und Levelsystem gebunden
    • Deshalb hängt man mit den Fertigkeiten fest, die für die gewählte Klasse vorgegeben sind



    Der vorgegebene Charakter

    Hier erhält der Spieler sofort die Kontrolle über einen vorgegeben Charakter. Der Spieler hat nur beschränkten Einfluss auf die Entwicklung dieses Charakters.

    Beispiel:
    • Final Fantasy


    Vorteile:
    • Der Spieler muss sich keine Gedanken über komplexe Spielmechaniken wie Klassen, Attribute und Fähigkeiten machen
    • Das Spiel springt direkt zur Action


    Nachteile:
    • Der Spieler hängt mit einem Charakter fest, den er sich nicht gewählt hat und der vielleicht nicht den bevorzugten Spielstil des Spielers widerspiegelt


    Zusammenfassung von Teil I

    Wenn ihr sonst nichts aus diesem Artikel mitnehmt, solltet ihr doch verstehen, dass der Spieler zentral für jedes Spiel ist. Wenn ihr euer Spiel mit den Bedürfnissen des Spielers im Hinterkopf programmiert, seit ihr der Masse der Entwickler bereits einen Schritt voraus. Erinnert euch daran, dass die Spieler versuchen, Spaß mit dem Spiel zu haben, dass sie gerade spielen. Wenn ihr eure Ideen mit den Vorstellungen der Spieler vereinbaren könnt, werden beide Seiten am Ende viel mehr Spaß haben.

    Geändert von Gurkengelee (02.08.2013 um 12:35 Uhr)

  2. #2

    Users Awaiting Email Confirmation



    Der einfachste und auch allgemein beschrittene Weg, den Fortschritt der Charaktere darzustellen ist, alles was den Charakter ausmacht in Zahlen darzustellen und diese dann nach und nach zu erhöhen, je weiter der Charakter im Spiel vorankommt.

    Normalerweise werden die dem Charakter eigenen physischen Werte in Form von Attributen dargestellt. Das sind so bekannte Werte wie Leben, Mana, Stärke, Verteidigung, Geschicklichkeit, Intelligenz, Schnelligkeit und andere. Meistens gibt der Wert Leben (oder Hitpoints oder HP) an, wieviele Schläge ein Charakter einstecken kann, bevor er stirbt. Er ist daher oft das wichtigste Attribut.

    Attribute können am Anfang des Spiels festgelegt werden und dann auf diesen Werten bleiben. Oft werden sie jedoch durch Leveln und/oder das Verteilen von Attributpunkten im Laufe des Spiels gesteigert. Auch die Ausrüstung wie Schild, Schwert und Laserkanone nehmen typischerweise Einfluss auf die Attribute.

    Das ist alles schön und gut, aber wenn die Charaktere nicht mehr wären als die Summe ihrer Attribute, würden sie doch oft zu einem unerquicklichen Ende kommen. Zudem wäre es unglaublich langweilig. Zum Glück können Charaktere in Rollenspielen Fertigkeiten lernen, die es ihnen erlauben, sich auf verschiedene Situationen einzustellen. Ein Schurke könnte so z.B. Taschendiebstahl begehen und Schlösser knacken. Ein Magier könnte sich unsichtbar machen, Runen identifizieren oder riesige Feuerbälle in eine Gruppe von Zombies schleudern. Ein Barbar kann vielleicht Türen einschlagen, über Klippen springen und sich in Raserei steigern, um dann seinen Zorn an den Gegnern zu entladen. Die Fertigkeiten die der Spieler für seinen Charakter wählt, bestimmen, wer dieser Charakter ist und was seine Rolle im Spiel sein wird.

    Das Summe der (potentiellen) Fertigkeiten eines Charakters nennt man sein Skillset. Das sind z.B. die dem Charakter eigenen Fertigkeiten, die Fertigkeiten die er potentiell lernen kann, passive Fertigkeiten, temporäre Fertigkeiten durch Ausrüstung und alles andere was der Charakter tun kann. Die meisten Fertigkeiten sind für den Kampf bestimmt.

    Prozentbasierte vs. Grenzwertbasierte Fertigkeitensysteme

    In einem prozentbasierten System werden die Fähigkeiten des Charakters mit einem Wert zwischen 0 und 100 dargestellt. Dies gibt die prozentuale Chance ein, die ein Charakter hat, um eine bestimmte Aktion erfolgreich durchzuführen (zum Beispiel einen Angriff zu blocken, einen Zauber zu lernen, eine Wand hochzuklettern). Hat zum Beispiel Karl der Mutige eine Pfeil-Fang-Fertigkeit von 20, hat er eine 20%-ige Chance den in Flammen stehenden Pfeil zu fangen, der gerade auf sein Herz zurast. Wenn der Computer zufällig eine 13 würfelt, greift Karl der Mutige den Pfeil aus der Luft. Würfelt der Computer einer 34 verfehlt Karl der Mutige den Pfeil und wird zu Karl dem Toten. Das prozentbasierte System hat somit starke Elemente des Zufalls.

    In einem grenzwertbasierten System wird der Fertigkeitswert eines Charakters mit dem Schwierigkeitsgrad einer bestimmten Aktion verglichen. Ist der Schwierigkeitsgrad höher als der Fertigkeitswert, gelingt die Aktion nicht.

    Beide System haben ihre Nachteile. In einem Computerspiel können prozent- und alle anderen zufallsbasierten System durch Speichern umgangen werden. Wenn ein Spieler eine zufallsbasierte Aufgabe erfüllen muss, kann er vorher einfach speichern. Misslingt der Wurf, kann er einfach laden und es nochmal probieren. Selbst bei einer Chance von nur 1% wird der Spieler mit ausreichend Geduld und Zeit früher oder später Erfolg erzielen.

    Das grenzwertbasierte System eliminiert den Speichern & Laden Zyklus. Allerdings wird die Spielwelt dadurch unnatürlich steif. Der inkompetente Dieb wird niemals zufällig über die richtige Kombination für ein Zahlenschloss stolpern, der unfähige Waldläufer wird niemals einen glücklichen Zufallsschuss in das Auge des Drachen treffen. Spieler die nur um Haaresbreite zu schlecht für eine bestimmte Aufgabe sind, haben es unnötig schwer mit dem Spiel.

    Um die Effektivität des Speichern & Laden Zyklus zu mindern, kann man die Stellen einschränken, an denen gespeichert werden kann. Kämpfe sind üblicherweise Zeitfenster in denen man nicht speichern kann. Eine andere Möglichkeit wäre es, das Spiel kontinuierlich zu speichen. Diablo II und III sind hierfür gute Beispiele. Macht der Spieler einen Fehler, kann er nicht zu einem früheren Savegame zurückkehren, da dieses bereits überschrieben ist.

    Charakterdifferenzierungen

    Ein nicht gut durchdachtes Skillsystem kann leicht dazu führen, dass alle Charaktere in der Gruppe sehr homogene Fertigkeiten entwickeln. Wenn alle Charaktere im Spiel unlimitiert alle Fertigkeiten lernen können, haben Spieler die Eigenschaft, wie überbesorgte Eltern zu handeln. Sie wollen ihre Alter Egos auf alle möglichen Situationen vorbereiten, was zur Folge hat, dass alle Fertigkeiten maximiert werden. Im Spiel führt dies dann zu Klon-Charakteren die sich in ihren Fertigkeiten durch nichts voneinander unterscheiden. Dieses Problem wird als Problem der Charakterdifferenzierung bezeichnet.

    Hier ist eine kurze Liste einiger mögliche Lösungswege für dieses Problem:

    1. Klassensystem
    Die Charaktere haben eine Klasse zugewiesen bekommen oder der Spieler hat eine Klasse gewählt. Diese Klasse hat Zugriff auf eine bestimmte Auswahl an Fertigkeiten, während ihr alle anderen Fertigkeiten verschlossen sind. Levelt man auf, kann der Spieler je nach Klasse Attribute steigern und Fertigkeiten lernen. Die Fertigkeiten werden entweder auf einem vorgegeben Weg verteilt oder können aus einem Fertigkeitsbaum gewählt werden.

    Viele Spiele wählen diese Art der Charakterdifferenzierung, so z.B. viele Dragon Quest Spiele, frühe Teile der Final Fantasy Serie und alle Diablo Spiele.

    2. Limitierter Fähigkeitenplatz
    Die Charaktere haben eine bestimmte Anzahl an Fähigkeitenslots, die dann mit jeglichen Fähigkeiten belegt werden können, die der Spieler wählt. Die Fähigkeiten werden durch verschiedene Handlungen verfügbar gemacht. Potentiell hat aber jeder Charakter Zugriff auf jede Fähigkeiten.

    Spiele wie Guild Wars und Final Fantasy V und VII folgen diesem Weg. Die Fähigkeiten die ein Charakter einsetzen kann, bestimmen sich danach was er gewählt oder ausgerüstet hat. Allerdings ist das System flexibel genug, um aktive Fertigkeiten durch andere Fähigkeiten auszutauschen.

    3. Fertigkeitenobergrenzen
    In so einem System bestimmt sich die maximale Kompetenz die ein Charakter in einer bestimmten Fähigkeit haben kann, nach der Anzahl der Fähigkeiten die er bereits hat. Entweder wird ein maximaler Wert für eine Fertigkeit vorgegeben, oder es steht nur eine bestimmte Anzahl an Fähigkeitspunkten zur Verfügung.

    In Ultima Online z.B. kann nur eine bestimmte Anzahl an Fertigkeitspunkten erreicht werden. Daher muss der Spieler sich entscheiden, welche Fähigkeiten er steigert und welche er in der Versenkung verschwinden lässt.

    Auch in Diablo II wird das Klassensystem durch eine Fertigkeitenbegrenzung ergänzt. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Fertigkeitspunkten, so dass der Spieler sich entscheiden muss, ob er einige wenige Fertigkeiten maximiert oder alle gleichmäßig steigert.

    Zusammenfassung von Teil II

    Als reines Gameplay-Element sind Charaktere nicht mehr als eine Ansammlung von Attributen und Fähigkeiten. Um ein spannendes und herausforderndes System zu bieten, muss ein besonderes Augenmerk auf das Design von Fertigkeiten und die Art und Weise wie diese erlernt werden, gelegt werden.

    Geändert von Gurkengelee (02.08.2013 um 12:12 Uhr)

  3. #3

    Users Awaiting Email Confirmation

    Teil III - Weltenbau und Storytelling

    Eine epische Geschichte

    Obwohl RPGs natürlich in erste Linie Spiele sind, ist es doch die Story die das Genre für die meisten Spieler zu etwas Besonderem macht. Die Spieler wollen unterhalten werden. Und das bedeutet für RPGs dass sie ein Ziel haben und sich auf dem Weg da hin in einer fesselnden Geschichte verlieren.

    Es mag für eine Weile unterhaltsam sein, sich an einem exotischen Ort wiederzufinden. Aber wenn es dort nichts für den Spieler zu tun gibt, wird er sehr schnell wieder das Interesse verlieren. In einem Einzelspielerspiel - und das ist was die meisten von euch erstellen werden - ist es wichtig, dass es einen glaubwürdigen Grund für den Spieler und die Spielfigur gibt, aktiv zu werden. Das muss nicht heißen, dass das Schicksal der Welt am seidenen Faden hängt - aber die Geschehnisse die dafür sorgen, dass der Spieler aktiv wird, müssen für die Spielfigur irgendwie von Bedeutung sein. Darüberhinaus ist es wichtig, dass der Spieler sich mit der Spielfigur identifizieren kann. Nur so hat er ein Interesse daran, ihre Probleme zu lösen.

    Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen dem Geschichtenerzählen in einem Spiel und in einem sonstigen Medium: Interaktivität.

    Die Geschichte eines Rollenspiels muss spannend und faszinierend sein, aber das Heft der Handlung muss beim Spieler liegen. Sobald klar wird, was im Rahmen der Geschichte als nächstes zu tun ist, muss es am Spieler liegen, auch tatsächlich zu handeln. Es ist schließlich ein Spiel und in einem Spiel liegt es am Spieler, ob und was er wann tut oder lässt.

    Die Struktur einer mythischen Geschichte

    Gehen wir für einen Moment über die Story eines RPGs hinaus und schauen uns klassische Geschichtenschreibung an. Basierend auf den Arbeiten über vergleichende Mythologie von Joseph Campbell, können wir das Muster identifizieren, dass sich in jeglichen Fantasiegeschichten wiederholt. Es zeigt eine Struktur, die seit ewigen Zeiten dazu genutzt wird, die Zuhörer mit der Geschichte zu verbinden. Wenn ihr euch hinsetzt und euch das erste Mal grob die Story eures RPGs überlegt, orientiert euch ruhig an den 12 folgenden Punkten:

    1. Die normale Welt
    Wir sehen den Spielercharakter in seiner gewohnten Umwelt, umgeben von bekannten Dingen und Gesichtern.

    2. Ruf zum Abenteuer
    Irgendwann ändert sich etwas im gewohnten Lauf der Dinge: Ein Krieg zieht auf, der König lässt den SC rufen, ein Freund taucht auf und verstirbt unter mysteriösen Umständen etc.. Es ist ein Weckruf, die Aufforderung hinauszuziehen und ein Problem zu lösen.

    3. Den Ruf ignorieren
    Der potentielle Held zweifelt an seinen Fähigkeiten und daran, ob es weise ist, dass gerade er das Problem lösen soll. Er kann aus allen möglichen Gründen zögern. Sei es aus ehrlichem Selbstzweifel oder aus egoistischen Motiven. In Filmen und Geschichten ist dieser Schritt recht kurz. In Spielen verschwindet er meist vollständig, da der Spieler so schnell wie möglich in die Action geworfen wird.

    4. Den Mentor treffen
    Ein Lehrer steht dem Spieler mit Rat und vielleicht auch magischen Geschenken zur Seite. Der Mentor kann z.B. ein mächtiger Zauberer, ein Botschafter des Übernatürlichen oder ein Kriegsveteran sein. Einen Mentor gibt es in fast jedem RPG.

    5. Die Grenze überschreiten
    Der SC traut sich in die große weite Welt hinter seiner Heimat. Das ist der Aufbruch aus Kerzenburg in Baldurs Gate. Das ist der Moment in dem Luke Tatooine verlässt. Der Held erkundet eine ihm unbekannte, große und gefährliche Welt.

    6. Verbündete, Gegner, Prüfungen
    Auf dem Weg zur Lösung des Problems begegnet der Held vielen Personen die ihm helfen oder schaden wollen. Überall lauern Herausforderungen und stets ist das Leben oder die Sache des Helden in Gefahr.

    7. Weg zum großen Finale
    Nachdem die Lösung für das Problem ausfindig gemacht wurde, begibt sich der Held auf den Weg zu seiner großen Nemesis.

    8. Die letzte Prüfung
    Der Held muss sich durch die Festung des Endgegners kämpfen. Sein Leben, sein Verstand und seine Seele stehen auf dem Spiel.

    9. Die Belohung
    Wenn der Endgegner besiegt ist, erreicht der SC sein Ziel. Entweder wurde eine Bedrohung für sein Land beseitigt oder er hat einen besonderen Gegenstand erhalten.

    10. Die Straße nach Hause
    Der Held begibt sich auf den Weg zurück nach Hause wo er Freunde und Familie wiedersieht.

    11. Wiedergeburt
    Nachdem er alle anderen Hindernisse überwunden hat, wartet noch eine letzte Herausforderung auf den Helden. Oft gibt es dabei eine symbolische Wiedergeburt des SCs. Die Hobbits die ins Auenland zurückkehren und es von der Herrschaft Sarumans befreien (Buch lesen!) sind ein Beispiel hierfür.

    12. Rückkehr mit dem Elixir
    Endlich kehrt der Held in seine normale Welt zurück. Er hat etwas Besonderes oder Magisches bei sich. Entweder im Wortsinn wie z.B. das Heilmittel für eine Krankheit oder im übertragenen Sinne wie größere Weisheit oder die Fähigkeit sich gegen den Schulhofschläger durchsetzen zu können.


    Die 12 eben genannten Punkte repräsentieren mehr oder weniger die ideale Geschichtsstruktur. Natürlich sind sie nicht in Stein gemeißelt. Punkt 3 wird oft ausgelassen, da es keinen Sinn macht dem Spieler die Möglichkeit zu geben, das Abenteuer einfach abzubrechen. Die letzten drei Schritte werden oft am Ende in einer Cutscene zusammengefasst. Den Hauptteil des Spiels bildet Punkt 6.

    Natürlich müsst ihr euch nicht streng an diese Schritte halten. Dennoch ist es der klassische Aufbau einer Fantasiegeschichte, wie sie im Laufe der Geschichte der Menschheit entwickelt wurde. Herr der Ringe ist ein Beispiel, in dem alle Punkte beachtet werden.


    Die Standardstory

    RPGs wurden lange Zeit für ihre großartigen Geschichten gelobt. Ihr story-zentrierter Aufbau macht es möglich, spannende, innovative und kreative Geschichten zu erzählen. Leider kommen diese kaum noch vor. Die meisten RPGs nutzen einen 08/15 Storyaufbau und bemühen sich lediglich darum, diese möglichst ansprechend zu präsentieren.

    Ihr müsst entscheiden ob das gut oder schlecht ist, aber die meisten RPGs haben folgende Struktur:

    1. Der Protagonist
    2. Das Mädchen
    3. Die Sidekicks
    4. Der Verrat
    5. Das verborgene Böse

    Der Protagonist (für gewöhnlich männlich) hat seit seiner Geburt Eigenschaften, die ihn von der grauen Masse abhebt. Er ist oft eher der stille Typ (wenn nicht gar komplett stumm) und seine Persönlichkeit ist so herausstechend wie die eines Goldfisches. Dahinter steht die Annahme, dass ihr dieser Spielcharakter seid und dass es eure Geschichte ist.

    Der Hauptcharakter wird schon bald seine bessere Hälfte kennenlernen. Dieser für gewöhnlich weibliche Charakter ist entweder eine Zauberin, eine Heilerin, eine Beschwörerin oder ein anderer Typ zauberwirkende Heldin. Auch sie hat eine Eigenschaft, die sie aus der breiten Masse heraushebt. Obwohl beide Charakter eindeutig verliebt sind, werden sie ihre Gefühle bis zum Ende des Spiels nicht offenbaren.

    Im Laufe der Zeit stoßen weitere Charaktere zur Party die viel zu oft Stereotypen sind. Der schweigsame, starke Kämpfer, das hitzköpfige Mädchen, der Dieb mit einem überraschend gutem Herzen etc.

    Irgendwann gibt es einen Verrat. Wirklich. Immer. Meist verrät euch ein Partymitglied, ab und an auch ein NPC.

    Der Bösewicht ist meist nicht ganz der, für den man ihn hält. Es gibt immer etwas noch Böseres dahinter. Während die Geschichte sich entspinnt merkt der Spieler, dass der böse König, Zauberer, Prinz, wasimmer nur die Spielfigur eines noch böseren Dämons, Gottes, Königs oder Lovecraftschte-Monstrosität ist. Oftmals zieht sich dieses Muster über mehrere Glieder in der Kette, bis die Helden endlich den Drahtzieher stellen und besiegen. Credits.

    Ist diese Struktur gut? Nunja, sie muss etwas für sich haben, schließlich wird sie so oft verwendet. Es ist recht leicht, sie zu implementieren. Allerdings führt sie oft zu Klischees. Das mag für ein Amateur-Spiel durchaus reichen. Aber vergleicht trotzdem mal die Story die euch vorschwebt mit der hier beschriebenen 08/15 Struktur. Falls sich beides zu sehr ähnelt, solltet ihr vielleicht noch einmal nachbessern.

    Geschichtenerzählen in einem interaktiven Medium

    Der Wert einer Geschichte in eurem Spiel liegt darin, Ereignisse und Quests zu organisieren und zu einem großen Ganzen zusammenzufügen. Das gibt dem Spieler das Gefühl, dass seine Aktionen nicht umsonst sind, sondern einem höheren Ziel folgen. Die Geschichte hilft dem Spieler auch dabei, sich in einer neuen und fremdartigen Welt wiederzufinden. Sie ist Anleitung für den Spieler und dient dazu, dass er die Situation im Spiel versteht.

    Eine unbekannte Fantasy-Welt. Der Spieler wird sich hoffentlich mit dem Hauptcharakter identifizieren. Aber natürlich hat er keine Ahnung von all den Dingen, die eine Person in der Spielwelt gewöhnlicherweise weiß. Es muss also viel Wert darauf gelegt werden, dem Spieler alle nötigen Informationen in angemessener Zeit zukommen zu lassen.

    Nützliche Mittel dafür sind:
    - NPCs
    - Zwischensequenzen
    - Dialoge zwischen den Hauptcharakteren
    - Ingame Texte wie Bücher, Gegenstandsbeschreibungen oder Tutorials

    Spieler werden negative Ereignisse mit dem Gameplay in Verbindung bringen. Wenn dem Spieler irgendetwas schlimmes zustößt, zum Beispiel die Tötung eines Gruppenmitglieds, wird er sich unweigerlich fragen, ob er früher im Spiel etwas falsch gemacht und ob das Ereignis hätte abgewendet werden können. Es ist vielleicht weise, dem Spieler ein wenig Einfluss auf die Situation zu geben. So könnte er sich z.B. entscheiden, welches Gruppenmitglied sterben muss. Wenn das nicht in Frage kommt, müssen negative Konsequenzen zumindest ausführlich und nachvollziehbar erklärt werden.

    Schlechte Enden sind einfach nur schlecht. Geschichten die schlecht ausgehen, sind selten genug. Und obwohl es in anderen Medien durchaus funktionieren kann, sind sie in einem Spiel völlig fehl am Platz. Der Spieler hat hart gearbeitet und sich durch alle Probleme gekämpft, die ihm das Spiel gestellt hat. Er verdient ein befriedigendes Ende. Ein gutes Beispiel ist Baldurs Gate - Thron des Baal. Ein schlechtes Beispiel ist Mass Effect 3.

    Spieler wollen entscheiden, nicht folgen. Der Spieler ist keine Stopfgans den ihr mit eurer Welt und Geschichte füttern müsst. Das Spiel ist kein Sklaventreiber, der den Spieler auf einen bestimmten Weg peitscht. Es ist vielmehr ein Touristenführer, der dem Spieler interessante Personen und Orte zeigt, die dieser dann in eigener Geschwindigkeit erkunden kann. Gebt dem Spieler Dinge die er tun kann und nicht etwa hier und jetzt tun muss.

    Das wichtigste an interaktiver Geschichtenerzählung ist, dass der Spieler gezogen und nicht gestoßen wird. Anstatt dass NPCs dem Spieler alles erzählen und ihm so die ganze Arbeit und den ganzen Spaß abnehmen, muss der Spieler dazu angehalten werden, sich Fragen zu stellen, damit er dann nach Antworten suchen kann. Warum hat sie das getan? Woher kommen die Monster? Wer ist der maskierte Fremde? Hat Han Solo zuerst geschossen?

    Plotstruktur

    Hier eine kurze Übersicht über die drei Art und Weisen, nach denen RPGs üblicherweise strukturiert sind.

    Das lineare Spiel
    Die Geschichte des Spiel hat einen Hauptstrang und es gibt nur einen Weg diesem Strang zu folgen. Man kann sich ein lineares Spiel als eine Perlenkette vorstellen. Jede Perle hängt am Hauptstrang, ist aber für sich genommen ein eigenes, nicht-lineares Spiel. Der Spieler kann innerhalb jeder Perle nach eigenem Gusto erkunden und handeln, aber um die Story voranzustreiben, muss er auf den Hauptstrang zurück.

    Das multilineare Spiel
    Das multilineare Spiel hat mehrere Geschichtsstränge; oft mit verschiedenen Enden. Am Übergang zwischen den verschiedenen Perlen muss der Spieler eine Entscheidung treffen, die bestimmt, welchem Weg zur welchen Perle er als nächstes geht. Manchmal kommt er so auf den “idealen” Weg, manchmal nicht. Manchmal muss er auch jede Perle besuchen und nur die Reihenfolge liegt in seiner Hand.

    Das offene Spiel
    Das offene Spiel findet sich eigentlich nur in MMORPGs. Diese Spiele haben keinen Anfang und kein Ende sondern nur das Hier und Jetzt. Der Spieler ist konstant damit beschäftigt, seine Spielfigur zu verbessern. Das Spiel an sich hat nur weiche Grenzen und der Spieler kann die Welt nach Lust und Laune erkunden.


    Zusammenfassung von Teil III

    RPGs sind vor allem für die Geschichten berühmt, die sie erzählen. Die Geschichte ist ein integraler Bestandteil des Spiels und ihr solltet viel Zeit und Mühe darin investieren, eine interessante, kreative und spannende Geschichte zu entwickeln. Dabei müsst ihr aber daran denken, dass ihr ein Spiel entwickelt. Wollt ihr ausschließlich eine Geschichte erzählen, gibt es dafür sicherlich bessere Medien.

    Geändert von Gurkengelee (14.08.2013 um 10:55 Uhr)

  4. #4

    Users Awaiting Email Confirmation

    Platzhalter 3

  5. #5

    Users Awaiting Email Confirmation

    Platzhalter 4

  6. #6

    Users Awaiting Email Confirmation

    Platzhalter 5

  7. #7

    Users Awaiting Email Confirmation

    So genug Platzhalter. Von jetzt an kann diskutiert werden. Die restlichen Übersetzungen werden erst später, vermutlich erst nächste Woche erfolgen, da ich zunächst wohl keine Zeit habe.

  8. #8

    AmigaMix Gast
    Ich würde mal sagen: "Danke fürs Übersetzen Gurkengelee!"
    Auch wenn ich ich schwer tue, Menschen einer Gruppe zuzuordnen und immer von festen Szenarien auszugehen, ist das hier doch ein interessanter Thread.

  9. #9
    Mir fehlt ein Fazit bzw. eine Konsequenz für den Entwickler, die sich aus den unterschiedlichen Spielertypen ergibt. Klar, wenn man ein RPG im Stil von Skyrim macht, dann werden die Fans von Spielen wie Final Fantasy damit nicht so viel anfangen können und umgekehrt, aber daran kann der Entwickler ja nichts ändern. Muss er auch nicht. Es gibt ja keinen qualitativen Unterschied zwischen den Spielertypen, höchstens einen quantitativen.

    Ich würde der Klassenauswahl keine so hohe Stellung einräumen, wie es der Autor macht. Die Charakter-Konstruktion ist eine einzelne Skala - auf der einen Seite befindet sich der Selbstbau-Charakter, auf der anderen der vorgegebene Charakter. Dazwischen gibt es unzählige Abstufungen.

    Ich weiß nicht mal, ob die unterschiedlichen Charakterkonzepte wirklich Vor- und Nachteile haben, sie sprechen in erster Linie unterschiedliche Spielertypen an. Der Selbstbau-Charakter richtet sich an die Spieler, die gerne volle Kontrolle über die Charaktereigenschaften haben. Mit Rollenspiel-Erfahrung hat das wenig zu tun. Ich glaube nicht, dass Spieler so leicht von den Selbstbau-Systemen überfordert werden, es sei denn sie spielen wirklich zum ersten Mal ein Rollenspiel. Wenn man erst den Charakter bauen muss, muss man vielleicht 10 Minuten länger warten, bis es losgeht, doch als Nachteil würde ich das nicht bezeichnen. Die einzige wirkliche Gefahr, die ich bei Selbstbau-Charakteren sehe, ist die Möglichkeit, sich zu "verskillen", obwohl ich sie für recht gering halte. Bei allen Open-World-RPGs, die ich zuletzt gespielt hab, Skyrim, Fallout 3, Dragon's Dogma, muss man sich schon sehr anstrengen, das Spiel unspielbar zu skillen. Es gibt immer mehrere Wege zum Ziel. Vorgegebene Charaktere sind dann wieder eine Konsequenz aus dem Spielzuschnitt, ich finde nicht, dass man sie für sich selbst betrachten kann.

  10. #10
    Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
    Mir fehlt ein Fazit bzw. eine Konsequenz für den Entwickler, die sich aus den unterschiedlichen Spielertypen ergibt
    [..]
    Ich weiß nicht mal, ob die unterschiedlichen Charakterkonzepte wirklich Vor- und Nachteile haben, sie sprechen in erster Linie unterschiedliche Spielertypen an.
    Ich finde, dass diese Charakterkonzepte einen ganz entscheidenen Teil der Spielentwicklung, nämlich das Writing, maßgeblich beeinflussen oder es (mMn) im Idealfall zumindest sollten.

    Ich glaube es gibt gar nicht mal so wenige Spieler, die sich, wenn sie die Wahl haben, ihren Charakter frei zu gestalten, nicht nur eine Kombination aus Statuswerten, möglichen Fähigkeiten, Rasse, Geschlecht o.Ä. zusammenstellen, sondern tatsächlich einen Charakter im eigentlichen Sinne erstellen. Ich zumindest überlege mir bei Spielen wie Skyrim immer schon während der Charaktererstellung, wie meins Spielfigur so drauf ist. Bin ich z.B. mehr so der strahlende Held der immer hilfsbereit mit anpackt oder bin ich der verschlagene Opportunist, der auch mal den Partner von der Klippe stößt, wenn sich dadurch der Anteil an der Beute verdoppelt? Natürlich definiert sich dieser Charakter v.a. im Spiel selbst durch sein Handeln, aber ich lege mir idR schon eine grobe Rolle zu Recht, die ich dann auch so gut es geht einhalte (vorausgesetzt natürlich ich möchte eine Rolle spielen und nicht einfach immer so handeln, wie ich es persönlich tun würde).
    Da kommt dann aber das Writing ins Spiel, denn ich finde es relativ schade, wenn mir zwar z.B. die Möglichkeit gegeben wird, eine bestimmte Klasse zu erstellen, dann aber in Dialogen etc keine Möglichkeiten zur Auswahl habe, die der Mentalität entsprechen, die man mit dieser Klasse verbinden würde. Ein Dieb der immer nur ehrlich und aufrichtig "Ja" und "Amen" sagen kann, passt nicht so richtig.
    Wer als Entwickler dem Spieler die Möglichkeit gibt, einen eigenen Charakter zu erstellen, ist mMn auch in der Pflicht, dem Spieler die Möglichkeiten zu geben, diesen Charakter "auszuleben". Und das geht sogar noch etwas über das Writing hinaus. Um beim Bsp Dieb zu bleiben, wie unspaßig wäre es wohl, die Möglichkeit zu haben, die Klasse Dieb zu spielen, wenn es dann im ganzen Spiel nichts zu klauen gibt und sich diese Klasse nur dadurch definiert, dass sie im Kampf schnell unterwegs ist und z.B. Dolche und Wurfwaffen benutzt.
    Die angesprochenen Pflicht bringt natürlich wieder mehr Aufwand mit sich, und das kann, wenn man nicht aufpasst, schnell auf Kosten der Tiefe der Spielwelt und der Immersion gehen, da man dazu verleitet wird, dem Spieler einfach generische Möglichkeiten vorzusetzen, damit halt für jeden was dabei ist.
    Auf der anderen Seite des Spektrums hat man dann den absolut festen Charakter und der ist für >Rollenspieler< zwar nicht so interessant wie der Baukastenchar, aber hier kann sich der Entwickler darauf konzentrieren, den Charakter so zu schreiben, dass er sich glaubwürdig und konsequent verhält und nicht mal so, mal so handelt. Klar kann er sich im Verlauf der Geschichte verändern, aber so etwas passiert ja idR nicht grundlos.

    Ich denke viele fällen einfach die Designentscheidung, dass es ja richtig cool ist, wenn der Spieler seinen Charakter selbst zusammenbauen kann und vergessen dabei, was da für ein Rattenschwanz dranhängt. Ich glaube der "klassische" Ein-Mann RPG-Maker (wie es wohl nicht so wenige unter uns sind), ist besser damit beraten, bei einem fest vordefinierten Charakter zu bleiben auch auf die Gefahr hin, dass dieser dann vllt nicht jedem sympathisch ist (es aber sein soll).
    Das bezieht jetzt natürlich auf die Art von Spiel die eigentlich mehr in Richtugn Adventure geht (UiD etc), bei einem Open World Grindfest sieht es natürlich schon wieder anders aus.

    Wie seht ihr das? Seid ihr da ähnlich wie ich, also versucht ihr in so Spielen wirklich eine Rolle zu verkörpern oder denkt ihr das von mir angesprochene Problem ist mehr so ein Nischending, das nur einen kleinen Teil der Spieler betrifft?

    PS: Danke für's übersetzen, unabhängig davon ob man jetzt mit dem Inhalt d'accord geht, kann man ja trotzdem würdigen, dass du dir die Arbeit machst.

    Geändert von Koragon (03.08.2013 um 01:01 Uhr)

  11. #11
    Das stimmt, aber ich finde, dass die Entscheidung, wie viel Einflussmöglichkeiten der Entwickler dem Spieler einräumt, nicht so sehr mit Spielertypen, als mit dem Spielzuschnitt zu tun hat. Möchte man ein westliches (bzw. Open World) Rollenspiel entwickeln oder ein JRPG (bzw. lineares)? Das ist die Frage, die ganz an der Spitze steht. Vielleicht gibt es dann noch den Sonderfall "rogue-like", bei dem man den Charakter zwar auswählen kann, bei dem es aber keine Fantasy-Welt-Simulation gibt.

    Zitat Zitat
    Seid ihr da ähnlich wie ich, also versucht ihr in so Spielen wirklich eine Rolle zu verkörpern oder denkt ihr das von mir angesprochene Problem ist mehr so ein Nischending, das nur einen kleinen Teil der Spieler betrifft?
    Ich selbst hab nicht das Gefühl, dass ich eine Rolle spiele. Ich handle meistens nach meinen eigenen moralischen Grundsätzen und wenn ich mal etwas "Böses" mache, dann nur aus Spaß und ohne den Spielzustand danach abzuspeichern. Ich spiele auch ziemlich oft Frauen, weil ich die anziehender als Männer finde.

  12. #12
    Ich denke, wenn man die Spielertypen oben alle miteinander verbindet, hat man einen ganz guten spielerischen Grundaufbau an dem, was ein Spieler allgemein erwartet.

    Ich finde es braucht von allem etwas. Eine gute Mischung. Damit läuft man am wenigsten Gefahr, dass es keinen interessiert.
    z.B.:
    - Ein festgelegter Charakter, aber die Änderung der Ausrüstung am Helden macht sich optisch bemerkbar
    - Teilweise Open World, das ganze Spiel folgt einem roten Faden besitzt aber (wie bei UiD/Reise ins All) einzelne, voneinander unabhängige Landkarten/Regionen die erst nach dem erspielen der vorherigen erkundet werden können.

  13. #13

    Users Awaiting Email Confirmation

    Endlich Zeit. Ich habe mal Teil 3 übersetzt. Die anderen Teile kommen in unregelmäßigen Abständen, spätestens zum Ende nächster Woche. Ich persönlich finde die Artikel bis jetzt sehr interessant. Gerade über die verschiedenen Spielercharaktere und welchen (alle?) man davon ansprechen möchte, ist eine sinnvolle Überlegung. Der Storyteil hingegen, kann gerade Neulingen am RPG Maker helfen, nicht die nächste 08/15 Geschichte, die auch noch schlecht erzählt ist, ins Vorstellungsforum zu posten.

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •