Cartoon Saloon ist ein um die Jahrtausendwende gegründetes, irisches Animationsstudio, das inzwischen ein kleinwenig Bekanntheit durch die beiden zu Recht bejubelten und jeweils Oscar-nominierten Filme The Secret of Kells (2009) und Song of the Sea (2014) erlangt hat, aber auch nebenher eine Handvoll Serien und Kurzfilme (co-)produzierte. Die Sachen fürs Kino sind absolut atemberaubend schöne, mystische, emotionale und visuell einzigartig-faszinierende Geschichten mitsamt tollen Soundtracks. Gewiss nicht nur für Kinder. Nachdem der Diskussionsbedarf hier jetzt nicht notwendigerweise übermäßig hoch sein mag, aber ich das dringende Bedürfnis habe, jeden Infoschnipsel zukünftiger Projekte aufzusaugen und mich darüber mitzuteilen, hielt ich es für sinnvoll, einen allgemeineren Thread für dieses Studio zu eröffnen (wie ich es zuvor schon bei Laika getan habe), das echt noch mehr Aufmerksamkeit verdient hat
Ganz generell begeistert es mich, dass es heutzutage noch ein Unternehmen gibt, welches sich weitgehend traditioneller 2D-Animation verschrieben hat und damit einigermaßen erfolgreich ist, insbesondere nachdem Disney das zu meinem Entsetzen und Unverständnis zugunsten von böse formuliert imho gleichförmiger Fließband-Sterilitäts-CGI-Optik komplett aufgegeben hat und gar nicht mehr plant, wenigstens gelegentlich noch zu früheren Herangehensweisen zurückzukehren.
Wobei Erfolg im Falle von Cartoon Saloon natürlich relativ ist. Mit Preisen werden sie zwar überhäuft, aber wir reden hier (noch?) von Geheimtipps und Meisterwerken für Enthusiasten, die zwar überaus zugänglich und für die ganze Familie geeignet sein mögen, aber eben keinen milliardenschweren Großkonzern für Werbung, Marketing und weltweite Distribution hinter sich haben. Vielleicht ist das auch gut so. Letztenendes handelt es sich im wahrsten Sinne des Wortes um Kunstwerke (man könnte Song of the Sea an einer beliebigen Stelle pausieren und sich den Screenshot als Gemälde an die Wand nageln), die gar nicht unbedingt hauptsächlich darauf aus sind, kommerziell viel Profit einzufahren.
Denke schon, dass damit etwas Geld verdient wurde, gerade langfristig inklusive Heimvideo-Auswertung etc., aber selbst wenn nicht wäre das Risiko eher gering, denn hier muss man sich die Dimensionen verdeutlichen: Die Filme werden von ganzen Gruppen von Produktionsfirmen getragen. Im Ernst, schauts nach, nicht weniger als zwanzig (!) verschiedene internationale Firmen und Filmfonds waren an Kells und Melodie des Meeres beteiligt (übrigens mit der finanziellen Unterstützung der EU). Gerechtfertigterweise muss man bei Die Melodie des Meeres von einer irisch-belgisch-dänisch-französisch-luxemburgischen Co-Produktion sprechen ^^' Man möchte meinen, es grenzt an ein Wunder, dass die es trotzdem schaffen, sowas auf die Beine zu stellen, aber so lange man die kreativen Talente ihr Ding durchziehen lässt, geht das offensichtlich. Gewinnorientierte Firmen, die zig Millionen beisteuern, wollen und können sich da vielleicht schon eher einmischen. Tatsächlich beträgt das Budget der bisherigen Cartoon Saloon Filme lediglich 8 bis 10 Millionen USD oder weniger, also etwa ein Sechzehntel (!) des durchschnittlichen Disney-Animationsfilms der letzten Dekade (lustigerweise ist das ungefähr das umgekehrte Verhältnis der Anerkennung und Wertschätzung, die ich ersteren im Vergleich zu den aktuellen von letzteren entgegenbringe -_^).
Kurz gesagt, vorher war ich mir nicht sicher, ob die das damalige Experiment abendfüllender Animationsfilme nach dem Geheimnis von Kells würden fortsetzen können. Hatte befürchtet, dass irgendwann die Mittel fehlen. Aber bei genauerem Hinschauen sieht es eigentlich ganz gut aus; da wird - typisch europäisch - aus jeder Ecke was zusammengekratzt und die Academy-Nominierungen haben gewiss auch geholfen, für ein bisschen nötige Publicity zu sorgen Daher der Thread, denn mindestens zwei weitere Projekte sind bereits in Arbeit.
The Breadwinner (2017) hat vor ein paar Wochen die Haupt-Animationsarbeit begonnen und soll nächstes Jahr erscheinen. Es handelt sich um die Verfilmung eines Jugendromans der kanadischen Autorin Deborah Ellis, welcher auf deutsch unter dem Titel "Die Sonne im Gesicht" veröffentlicht wurde. Die Geschichte handelt von einem afghanischen Mädchen, das sich in dem kriegsgeschundenen Land während der Herrschaft der Taliban als Junge verkleidet, um mit ihrer Familie über die Runden zu kommen. Also ein etwas anspruchsvolleres, schwierigeres Thema als bisher - vielleicht wirds dann ja mal eher was mit dem Oscar ^^ Ich freu mich sehr darauf und bin gespannt, wie das umgesetzt wurde, zumal es etwas so völlig anderes ist. Regie führt Nora Twomey, Angelina Jolie ist ausführende Produzentin. Hier ein paar erste Bilder und Konzeptkunst (anklicken für größere Ansicht):
Später, vermutlich 2018, meldet sich dann der begnadete Geschichtenerzähler Tomm Moore, der sich bereits für die erwähnten Secret of Kells und Song of the Sea verantwortlich zeigte, mit einem weiteren mythologischen Abenteuer zurück: Wolfwalkers (Arbeitstitel?) heißt das Projekt und diesmal geht es um Lykanthropie, jepp, Werwölfe. Der Film setzt angeblich an Oliver Cromwells Entscheidung im 17. Jahrhundert an, Irland durch das Hinmetzeln der Wölfe auf der Insel zu "zähmen". Protagonist scheint eine junge Lady namens Robyn zu sein. Die Synopsis liest sich gerade wie folgt:
Sounds super awesome to me Kann es kaum abwarten. Insbesondere das Setting in der Frühen Neuzeit kümmert mich, da das studientechnisch-privat gewissermaßen mein Spezialgebiet ist. Dazu ebenfalls ein paar (frühe!) Illustrationen:Zitat
Kennt ihr The Secret of Kells und Song of the Sea (oder sogar was von den Serien und Kurzfilmen) inzwischen? Wenn ja, was haltet ihr davon? Ich kann die gar nicht energisch genug empfehlen. Trifft The Breadwinner und/oder Wolfwalkers potentiell euren Geschmack? Was denkt ihr über Cartoon Saloon? Ich glaube, die haben noch eine wundervolle Zukunft vor sich. Und was haltet ihr von traditioneller 2D-Animation generell, wünscht ihr euch davon nicht auch mal wieder etwas mehr zurück (was nicht aus der letzten Bastion Japan kommt)? Normalerweise bin ich persönlich nicht gerade ein großer Fan europäischer Filme, weshalb ich es für umso bewundernswerter halte (und auf seltsame Weise sogar ein ganz kleinwenig stolz bin, falls das irgendeinen Sinn ergibt), dass ein so begabtes Studio im Entertainment Bereich aus diesem Kontinent hervorgegangen ist! Filmische Animation scheint hier überhaupt noch etwas lebendiger und handwerklicher zu sein als anderswo. Gerade aus Frankreich kommt auch alle Jubeljahre mal wieder was Tolles, aber das sind eben stets Einzelwerke. Ist was ganz anderes, wenn es ein dauerhaft aktives Unternehmen gibt, bei dem man sich regelmäßig auf neue, traumhafte Erzählungen freuen und auf eine hohe Qualität verlassen kann ^__^