Wild Arms
Natürlich die deutsche Fassung mit der PSone Slim plus Klappbildschirm im Bett, weil ich die ultimative Nostalgie-Erfahrung haben will. Ich bin jetzt 5 Stunden drin und habe gerade die Spinne auf dem Gipfel fertig gemacht – und bin damit weiter, als ich je war! ^^
Zuerst: Hooooly fuck, ist die Übersetzung schlecht. Also, schon objektiv schlecht, mit Tippfehlern und falscher Grammatik und einem Haufen an gar nicht übersetzten Begriffen, während man einige Eigennamen (wie WAFFE) ganz bestimmt nicht hätte übersetzen sollen. Subjektiv kommt sie mir aber auch grottig vor, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob das Spiel im Original nicht ähnlich simpel und oberflächlich geschrieben ist; es war halt eine andere Zeit damals, und die Charaktere sind trotz ihrer Eigenarten Klischees, auch was ihre Sprache angeht. Am meisten fasziniert aber definitiv der Fakt, dass mir früher nichts davon aufgefallen ist .... Jugendliche können schon ziemlich stumpf sein.
Positiv überrascht hat mich die Inszenierung, die einen interessanten Mittelweg zwischen dem sterbenden Minimalismus der damaligen Zeit und einer echten Struktur geht. Dass man nach drei Stunden und vielleicht zehn Hauptstory-Dialogzeilen erstmal die Credits sieht, während ein Begräbnis den Prolog (und damit symbolisch das bisherige Leben der Hauptcharaktere) beendet, ist schon echt guter Stoff, und auch, dass es überhaupt eine organisch in den Spielverlauf eingebundene Charakterisierung gibt – Stichwort Illusionen im Wächtertempel – sticht positiv hervor. Ich bin gespannt, wie sich das Ganze in dieser Hinsicht weiterentwickelt, und das ist ein Gefühl, das ich von einem Spiel dieser Zeit ganz bestimmt nicht erwartet hätte.
Die Musik ist natürlich wunderbar, aber da ich mir damals in Japan den Soundtrack gekauft und jahrelang gehört habe, kommt es immer wieder zu einem seeeeltsamen Effekt: Ein Lied, das gerade zum ersten Mal in diesem Spiel erklingt, verursacht a) ein total komisches Déjà-vu, ohne dass ich die Stelle jemals gespielt hätte, und b) ich habe es bereits ein bisschen über ...
Minimal enttäuschend ist bisher, dass das Spiel mehr JRPG und weniger Western ist als seine Nachfolger. Das hatte ich irgendwie anders in Erinnerung und es verwässert das starke Konzept, das ich mit der Reihe verbinde. Geht aber klar, wenn man es weiß.
Spielerisch ist Wild Arms echt gut, und auch deutlich besser gealtert, als ich gedacht hätte. Die Dungeons sind bisher richtig klasse, mit größtenteils interessanten Rätseln und eigenem Charakter, die Kämpfe fair und nicht zuletzt durch die drei Charaktere mit individuellen Fähigkeiten, die immer mal wieder aufgeteilt werden, gibt es eine Menge Abwechslung im Core Gameplay. Und es macht halt einfach Spaß, meistens. Tatsächlich ist es auch deutlich einfacher als in meiner Erinnerung, aber ich denke mal, dass das einfach an meiner Erfahrung mit dem Genre liegt.
Das größte Problem ist ganz eindeutig, dass es sich beizeiten so uuuunglaublich ziehen kann. Zwar reden wir hier noch nicht von den schlimmsten Auswüchsen, die das Genre in seiner Frühzeit so verbrochen hat, aber die Kampfanimationen lassen sich quälend viel Zeit, das Erkunden der Dörfer und Städte schläfert mich jedes Mal wieder ein und die Stelle, an der man ziellos durch drei Etagen Burg rennen muss, ohne einen Wachmann zu berühren, dürfte die Stelle gewesen sein, an der ich als 15-Jähriger mit dem Spielen aufgehört habe. Diesmal aber nicht! Diesmal habe ich mein iPad neben mir liegen und lese ein bisschen, während die Kämpfe durchlaufen. ^_~
Eine letzte Kleinigkeit: Als ich das Spiel zuerst gespielt habe, war ich ziemlich abgestoßen von der Early-3D-Optik der Kämpfe, gerade im Kontrast zu dem sehr klassischen 2D außerhalb. Das hat sich heute etwas relativiert. Vielleicht liegt es daran, dass Early 3D genauso endgültig in den ewigen Jagdgründen der Videospielgeschichte verschwunden ist, vielleicht ist es eine Erwartungssache, aber letztendlich passen die beiden Stile in meinen Augen deutlich besser zueinander, ist das 3D deutlich liebevoller und zweckdienlicher (gerade was die Darstellung der Monster angeht!) als in meiner Erinnerung. Die Charaktere und ihre Animationen sind zwar immer noch eindeutig EARLY, aber das Gesamtbild ist trotz allem charmant und sogar atmosphärisch.
Kurzum, ein echt tolles Ding, auch nach zwanzig Jahren noch, ich habe Bock drauf, und was ich auf hltb über die Spielzeit lese, stimmt mich optimistisch, dass ich es diesmal tatsächlich durchkriege.