Bei Söldneraufträgen werden Gruppen bis zu sechs Klingen zusammengestellt. |
Das Kampfsystem wirkt im Vergleich zum Vorgänger sehr aufgeräumt. |
Kompex ist bei diesem Spiel nicht nur die Handlung, sondern auch gleich... das ganze Spiel. Angefangen vom Kampfsystem über das Missionsmanagement, dem Wirtschaftssystem und der Söldnersimulation. Gleichzeitig offenbart die ungeheure Komplexität natürlich auch Schwächen. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Ich mach's mal chronologisch.
Das
Kampfsystem ist - bis auf die Tatsache, dass viele Gegner einfach sehr sehr robust sind -
ungeheuer gehaltvoll und richtig gelungen. In den ersten beiden Kapiteln wundert sich der Spieler zwar noch etwas, weil es sich spielt wie eine stark vereinfachte Version von Xenoblade 1. Es gibt nicht mal besondere Kommandos. Doch sobald Rex ein Meister ist, kommt eigentlich laufend etwas dazu. Angefangen von
Spezialangriffen, die neben dem
Autoangriff richtig getimet werden müssen über
Klingen-Kombos bis hin zum
Versiegeln bei bestimmten Kombis verschiedener Elemente bei den Klingenkombos hin zu den bei gefüllter Gruppenleiste mächtigen
Spezialangriffketten. Und die Verlängerung dieser wenn man die vorher getätigten Versiegelungen durch Klingenkombos mit den richtigen Spezialangriffen bricht. Später im Spiel bekommen Poppi und Pyra weitere Formen die man dann auch einmal aufrufen kann und bei denen alle Angriffe automatisch mächtiger sind. Und kurz vor Schluss wird einem dann noch die Möglichkeit geboten mit zwei bestimmten Klingen bei Rex einen sog. Dreifachangriff zu beschwören, der noch mächtiger ist, als alle Klingenkombos zusammen...
Es macht einfach ungeheueren Spaß, die verschiedenen Klingen - im Laufe des Spiels kommen immer mehr und mehr dazu bis zu 40 Klingen pro Charakter - zu nutzen, verschiedene Kombos auszuprobieren und bei verschiedenen Gegnern so auch Attacken und negative Effekte zu versiegeln. Und diese Versiegelungen dann in unterschiedlichen elementaren Kettenreaktionen zu brechen und
dabei bis zu 2 Millionen Hitpoints Schaden zu machen. Wer am Anfang denkt, das Kampfsystem sei öde und böte kaum strategische Möglichkeiten, der wird sich im fortgeschrittenen Spiel anschauen. Hier kann man so viel experimentieren und es hat dadurch einen guten Grund, dass selbst kleine Gegner über 100000 Hiotpoints haben und eine Zeit lang dauern - man kann hier seine Kombos im normalen Kampf ausprobieren und schärfen. Anders hat man bei einigen Endgegnern nämlich keine Chance. Man wird gezwungen sich in das komplexe Fertigkeitensystem einzuarbeiten. Doch das Kampfsystem ist nur ein kleiner Teil. Wie bereits gesagt, kann man Unmengen an Klingen finden und mit diesen resonieren.
Dann gibt es ebenfalls für jede Klinge noch die
Talentbäume.
Bestimmte Talente werden gebraucht um beispielsweise in Missionen zu buddeln, Schlösser zu knacken, giftigen Nebel zu vertreiben und und und... Es gibt eine unvorstellbar hohe Zahl an Talenten. Dafür benötigt man ebenfalls eine
ganze Armada an Klingen. Danach müssen die Talente aber im
Talentbaum erst freigeschaltet werden. Dazu ist man gezwungen, den Talentbaum aufzurufen und sich die Anforderung des freizuschaltenden Talentes durchzulesen. Manchmal muss man, um das spezifische Talent freizuschalten, nur eine Runde kämpfen oder man muss eine bestimmte Quest lösen oder man füttert die Klinge mit ihrem Lieblings-Item (so was wie die gekochten Sachen bei den Tales-Of-Spielen),
wo es neben Grundnahrungsmitteln, Fisch, Fleisch, Gemüse, Desserts oder Getränke auch Bücher, Brettspiele, Stoffe, Musikinstrumente und und und gibt... Oder man schickt die Klinge auf eine Söldner-Mission...
Söldnermissionen lassen bestimmte Klingen für die Dauer von 20 Minuten bis zu 2 Stunden an Aufträgen teilnehmen.
Diese laufen automatisch im Hintergrund ab - während man ganz normal weiterspielt.
Die teilnehmenden Klingen sind dann für diese Dauer zwar aus dem Spiel und es kann nicht mit diesen gekämpft oder ihre Talente verwendet werden, aber sie bringen nach Abschluss der Mission wertvolle Gegenstände, Gold und Erfahrung mit.
Dabei können bestimmte Aufträge nur von bestimmten Klingen mit den entsprechenden Fertigkeiten absolviert werden. Sind dann weitere optionalen Talente freigeschaltet, so verkürzt sich die Dauer der Söldneraufträge teils erheblich. Je mehr Aufträge während des Spiels absolviert werden, desto mehr wird auch die Söldnerbasis aufgestockt, was dazu führt, dass man beispielsweise mehr Klingen führen kann oder sich mehrere Söldneraufträge gleichzeitig absolvieren lassen.
Man kann dann übrigens auch noch
Bergungstauchen mit Rex, um Schüttgut aus dem Wolkenmeer zu ziehen, dass dann für den Bau von Waffen, für den Handel oder für Fähigkeiten bei Klingen oder Rüstungen dient und und und...
Dazu kommt ein gewaltiger Packen an
Nebenaufgaben - wie man sie schon aus den Vorgängern kennt. Die meisten Nebenaufgaben erzählen kleine Geschichten. Die Qualität ist dabei ok. Manchmal kommen hahnebüchene Sachen bei rum - im großen und ganzen reicht auch hier die Questqualität nicht ganz an The Witcher 3, Kingdom Come: Deliverance oder Skyrim heran. Aber - Hand auf's Herz - hier haben sich die Entwickler dennoch einiges einfallen lassen, um
die Aufgaben abwechslungsreich und
zum Teil recht spaßig zu gestalten. So muss man nicht nur stur Gegner besiegen, Leute retten oder Gegenstände besorgen, sondern oft wird das in eine größere Handlung eingebunden, man muss Leute befragen, bestimmte Sölnderaufträge an Land ziehen und häufig muss man auch hier die Spezialtalente der Klingen nutzen um beispielsweise etwas zu untersuchen.
Auch sehr positiv ist hervorzuheben, dass man nicht nur durch Grinden levelt, sondern durch Sölnderaufträge und Nebenmissionen. Bei der
Übernachtung im Gasthaus,
kann man sich die erworbenen Bonus-EP gutschreiben lassen und kann sich die Stufe frei auswählen. Man kann dort sogar zurückleveln, was aber in Anbetracht des etwas hohen Schwierigkeitsgrades keine so gute Idee ist.
Übrigens: Wenn man auch normale Gegner mit fetten Spezialangriffen besiegt, hagelt es vielfache Erfahrungspunkte. Wer nur auf den Autoangriff, selbst bei schwachen Gegnern vertraut, der bekommt nicht viel Erfahrung und muss mehr kämpfen. Wer hingegen ständig ausprobiert und starke Spezialangriffe auch bei konventionellen Gegner vollführt, der wird mit einem Vielfachen an Erfahrung belohnt. An sich eine gute Sache.
Was stört dann jetzt eigentlich an dem Gameplay: Nun ja - so komplex und variantenreich es ist, umso mehr muss man sich einarbeiten. Und das dauert erst einmal eine ganze Weile.
Dabei wirkt es nicht zu 100% ausgereift. Bei vielen Dingen lassen einen die Entwickler auch alleine und
man muss selbstständig recherchieren oder durch Ausprobieren auf die Lösung kommen. Das ist nicht nur bei den grundlegenden Spielsystemen so, sondern auch ständig in verschiedenen Missionen. Wenn man die Entstehungsgeschichte des Spiels kennt, kann man den Entwicklern dafür auch nicht böse sein. Wer kann schon mit 40 Leuten ein derartiges Spiel in nur zwei Jahren zaubern? Man merkt an vielen Stellen, dass viele Ideen nicht zu Ende gedacht sind. Rex ist eben nicht Link, der mal jeden Berg erklettern kann. Aber
viele Verstecke sind unmöglich platziert, so als wollten es die Entwickler, dass man diese nur durch Zufall finden soll. Der Kompass hilft einem nicht weiter - er besteht nur aus einer Meter- und Richtungsangabe und zeigt nicht den tatsächlich zu laufenden Weg an, sondern stur die Luftlinie. Zu allem Überfluss kommt bei mehr Zielen hinzu, dass man auch
mehrere Kompasse angezeigt bekommt, die teilweise übereinander liegen, sodass man die Entfernungen nicht mehr lesen kann. Und das wurde bisher auch nicht gepatcht.
Die
Balance des Schwierigkeitsgrades ist das nächste Manko. Die Entwickler haben allerdings durch einen Patch mit einem einfachen Schwierigkeitsgrad für Ausgleich gesorgt.
Jetzt kann man im Spiel jederzeit die Schwierigkeit ändern. Dabei ist der normale Schwierigkeitsgrad der Ursprüngliche. Ich finde das sehr gut, dass ich jederzeit wechseln kann. Denn auf leicht halten die meisten Gegner fast nichts mehr aus. Das sorgt dann dafür, dass ich weniger Erfahrung bekomme, weil ich nicht mehr dazu komme, die Angriffskette zu vollenden.
Daher bietet es sich an, nur vor Kämpfen, die man partout nicht schaffen will, den Schwierigkeitsgrad auf leicht und danach wieder auf normal zu stellen.
Alles in allem ist das
Gameplay fantastisch, hat aber nicht übersehbare Schwächen. Ich denke mal, dass das mit der knappen Entwicklungszeit einhergeht und das Spiel an vielen Stellen noch poliert hätte werden können. Dennoch ist es jetzt nicht irgendwie unspielbar.
Es nervt nur, manchmal einfach minutenlang durch die Gegend zu laufen, bis man den von den Entwicklern sehr gut versteckten Geheimgang durch Zufall findet oder durch einen beherzten Sprung an die richtige Stelle weiterzukommen, zumal es ja Fallschaden gibt.
Es nervt auch stundenlang ineinander verschachtelte Sidequests zu lösen um bestimmte teilweise storyrelevante Fähigkeiten von Klingen freizuschalten. Gleichsam wird man jedoch durch eine unheimliche Motivation am Spiel gehalten. Es macht einfach viel Spaß und durch die Komplexität ist die Immersion geradezu fantastisch.
Ein Lösungsbuch hätte Xenoblade 2 hingegen auch nicht geschadet. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass dieses Spiel ein Lösungsbuch am Dringendsten gebrauchen könnte. Nicht Mario, auch nicht Zelda... nein Xenoblade 2. Weil bei manchen Dingen muss man einfach wissen, wie die Entwickler das gemeint haben. 